# taz.de -- Kolumne B-Note: Mehr Ungehorsam auf dem Rasen! > Englands Trainer tobte: „Diese 90 Minuten waren eine Schande.“ Dabei > sollte man die Kamerunerinnen doch gerade für ihre rebellische Haltung > lieben. (IMG) Bild: Die Kamerunerinnen sind mit der Schiedsrichterinnenleistung gegen England gar nicht zufrieden Lob und Tadel erfreuen sich insbesondere bei der Kindererziehung großer Beliebtheit. Gelobt und getadelt wird aber auch gern, wenn es um den afrikanischen Fußball geht. Die Fortschritte, die die Fußballerinnen in Südafrika, Nigeria und Kamerun gemacht haben, wurden bei dieser Weltmeisterschaft in Frankreich vor allem von den europäischen Gegnerinnen mehrfach gelobt. Und zugleich wurde missbilligt, dass mancher Erfolg in diesem Turnier mit einer sehr körperlichen Spielweise erreicht wurde. Am Sonntagabend hatte der englische Trainer Phil Neville dann das dringende Bedürfnis, mal ein Machtwort zu sprechen, weil Kameruns Frauen sich zweimal kurzzeitig weigerten, weiterzuspielen. Sie fühlten sich jeweils von den Entscheidungen der Videoschiedsrichter benachteiligt. Neville tobte: „Diese 90 Minuten waren eine Schande. Ich schäme mich.“ Die Kamerunerinnen hätten sich wie Kleinkinder aufgeführt. Und er klagte, sie würden kein gutes Vorbild für all die jungen Fußballerinnen abgeben. Wenig später aber relativierte Neville, ganz Pädagoge, seinen Rüffel. Es sei ein Einzelfall gewesen. „Sonst habe ich eine lachende Truppe gesehen, die singt und tanzt, die Spaß macht. Genau das lieben wir doch am afrikanischen Fußball.“ Nun wissen die afrikanischen Teams, wie sie sich zu verhalten haben, was geht und was nicht geht. Dabei sollte man die Kamerunerinnen doch gerade für ihre rebellische Haltung lieben. Der Videobeweis hat sich bei dieser WM mitsamt den absurden Regeln beim Handspiel im Strafraum oder der einzuhaltenden Linientreue der Torhüterinnen beim Elfmeter der Lächerlichkeit preisgegeben. Auch wenn die Entscheidungen im konkreten Fall der Partie von Kamerun gegen England richtig gewesen sein mögen, haben die Videoschiedsrichter als letzte Instanz längst jegliche Autorität verspielt. „Regeln sind Regeln“, hat Oberlehrer Neville den Kamerunerinnen erklärt. Ein Problem ist aber unter anderem, dass die Videobeweis-Regeln bei dieser WM maßgeblich von Europäern bestimmt werden. Von den 15 Plätzen besetzen sie 11, aus Afrika ist niemand an den Bildschirmen, dabei wird der Videobeweis derzeit auch beim Afrika-Cup angewandt. Auch solche Umstände mögen dazu führen, dass Kameruns Spielerin Raissa Feudjio nach der Partie sagte: „Afrika ist hier nicht willkommen.“ Natürlich ist bei den europäischen Teams der Unmut über die Videoschiedsrichter ebenfalls groß. Aber wenn die Fifa es will, würden sie wahrscheinlich künftig auch mit erhobenen Armen zum Freistoß antreten. Protestieren bitte erst nach dem Spiel! Das erinnert an die Forderung deutscher Politiker an die Fridays-for-Future-Demonstranten, doch bitte erst nach Schulende zu protestieren. Der Protest muss möglichst dann stattfinden, wenn er wirksam ist. Die Zerstückelung und Verballhornung des Fußballs in Frankreich erfordert zivilen Ungehorsam. Jeden Mist muss man schließlich nicht mitmachen. Europas Fußballerinnen sollten sich ein Beispiel an den Kamerunerinnen nehmen. 25 Jun 2019 ## AUTOREN (DIR) Johannes Kopp ## TAGS (DIR) Frauen-WM 2019 (DIR) Kamerun (DIR) England (DIR) Videobeweis (DIR) DFB Team Frauen (DIR) Videobeweis (DIR) Frauen-WM 2019 (DIR) Frauen-WM 2019 (DIR) Frauen-WM 2019 (DIR) Frauen-WM 2019 ## ARTIKEL ZUM THEMA (DIR) WM-Kolumne B-Note: Mehr Mumm und Meinung, bitte! Wie der DFB aus kritischen Individuen eine Ansammlung von Mauerblümchen macht. Dabei kann man auch mit kritischen Geistern erfolgreich sein. (DIR) Debatte um VAR und neue Regeln: Schrödingers Videobeweis Wie genau muss der VAR noch werden? Die Frauen-WM zeigt, dass Toleranzzonen gut wären. Fifa-Oberschiri Collina versteht das Problem nicht. (DIR) WM-Achtelfinale Schweden gegen Kanada: Die Flanken waren sinnlos Die Schwedinnen konnten sich gegen Kanada auf ihr Bollwerk samt Torhüterin verlassen. Und dann gab es gute Konter – einer davon entscheidend. (DIR) Kolumne B-Note: Absurdes Theater im Videoraum Auch bei der Frauen-WM blamiert sich der Videobeweis. Jetzt sogar bei Elfmetern. Gegen Argentinien mussten die Schottinnen deswegen leiden. (DIR) Kolumne Frauen-WM: VARsch mich nicht! Bei der Frauen-WM blamiert sich der Videobeweis. Eine ewige Zumutung. Die vermeintliche Gerechtigkeit zerstört jegliche Emotionen. (DIR) Kolumne Frauen-WM: Videobeweis, du nervst! Unsinnige Pfiffe, ewiges Gewarte: Nach der Männer-WM und der Bundesliga wird der Videobeweis auch beim Tunier der Frauen zur Zumutung.