# taz.de -- Fotomanipulation bei Kanadas Grünen: Zu viel gebechert
       
       > Kurz vor den Parlamentswahlen haben die Grünen in Kanada ein Problem: Ein
       > Mitarbeiter hat zu viel mit Photoshop gespielt.
       
 (IMG) Bild: Zweimal Elizabeth May (identisch) und zweimal der Becher (nicht identisch)
       
       BERLIN taz | Die kanadische Green Party hat bei der Bevölkerung enorm
       gewonnen – das könnte sich nun wegen eines Kaffeebechers ändern. Laut
       aktuellen Umfragen würde jede zehnte Kanadier*in bei den Wahlen im Oktober
       die Grünen wählen, vor vier Jahren bekam die Partei nur 3,4 Prozent.
       [1][Verheerende Waldbrände in Kanada] und Greta Thunbergs Fridays for
       Future haben den Klimaschutzgedanken nach vorne gebracht. Doch am Mittwoch
       deckte [2][die Zeitung National Post] eine Fotomanipulation auf.
       
       Auf dem Bild hält Elizabeth May ganz umweltbewusst einen wiederverwendbaren
       Plastikbecher in der Hand. Seit 2006 ist sie Parteivorsitzende, 2011 wurde
       sie die erste Grüne überhaupt im kanadischen Parlament, aktuell ist sie
       eine von zwei Parteivertreter*innen, die dort Politik machen dürfen. Das
       Problem: Im Originalfoto, das 2018 auf einem Markt aufgenommen wurde, hält
       sie eigentlich einen Pappbecher.
       
       Ein Mitarbeiter habe das Bild gephotoshopt, erklärte eine Sprecherin der
       Partei der National Post. Die hatte die Manipulation, die auch am
       Donnerstag noch auf der Website der Grünen zu sehen war, bemerkt, weil das
       Original schon früher veröffentlicht worden war.
       
       Der Tausch des Pappbechers gegen einen Plastikbecher mit Metallstrohhalm
       sei nur geschehen, um einen Becher mit Parteilogo zeigen zu können, das
       Bild dadurch zu „branden“, erklärte May selbst. Sie sei „total schockiert“
       gewesen, als sie von der Manipulation erfahren habe, so [3][die Ceta-] und
       Pipeline-Gegnerin. Der Pappbecher sei biologisch abbaubar und May vermeide
       Einwegplastik „zu 100 Prozent“. Sie trinke nicht einmal aus
       Plastikwasserflaschen. „Ich habe immer meinen eigenen wiederverwendbaren
       Kaffeebecher dabei. Ich lasse jeden Tag auf Worte Taten folgen.“
       
       Dennoch könnte die Affäre für die Grünen zu einem Glaubwürdigkeitsproblem
       führen: Im Internet sprechen viele Menschen von „Heuchelei“. Manche
       Twitter-User*innen erklären, sie würden bei den Wahlen am 21. Oktober nun
       doch nicht die Grünen wählen. Andere Kommentare sind reiner Hate Speech. Ob
       Greta Thunberg die Grünen dazu gebracht hätte, fragt ein Nutzer. Viele
       wiederholen Gerüchte über eine angebliche Alkoholkrankeit Mays. Sichtbar
       wird eine generelle Abneigung gegen die Grünen als auch ein momentaner
       Vertrauensverlust.
       
       ## Das kleinste Problem
       
       Dass ausgerechnet die Becher-Manipulation der große Aufreger werden könnte,
       der für einen Einbruch an Wähler*innenstimmen sorgt, scheint nicht
       wahrscheinlich. Einerseits weil Fotomanipulationen – besonders in der
       Politik – zwar problematisch sind, aber meist nur wenig oder sehr kurz
       Aufmerksamkeit bekommen.
       
       Die Schweißflecken unter Angela Merkels Armen, die der Bayerische Rundfunk
       2003 aus einem Bild entfernt hat? Fast schon vergessen. Die heftigen
       [4][Manipulationen, mit denen versucht wurde,
       Fridays-for-Future-Demonstrant*innen zu diskreditieren], indem jemand die
       Schriftzüge auf ihren Plakaten veränderte? Haben kaum für Aufsehen gesorgt.
       
       Zum anderen haben sowohl die kanadische Gesellschaft als auch die
       kanadischen Grünen gerade andere Probleme. Mitte September tauchte ein 20
       Jahre altes Foto in der Öffentlichkeit auf, das Premier [5][Justin Trudeau
       (Liberale Partei Kanadas) bei der rassistischen Praxis des Blackfacings]
       zeigt. Nur wenige Tage später [6][musste ein Parlamentskandidat der Green
       Party zurücktreten]: In einem Facebook-Post aus dem Jahr 2007 schlägt er
       vor, Teile von Schweinekadarvern an Muslime zu schicken. Ein Plastikbecher
       ist da das kleinere Problem.
       
       26 Sep 2019
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Klimakrise-in-Kanada/!5614509
 (DIR) [2] https://nationalpost.com/news/politics/election-2019/green-party-used-photoshop-to-add-reusable-cup-and-metal-straw-to-photo-of-elizabeth-may
 (DIR) [3] /CETA/!t5012004
 (DIR) [4] https://www.waz-online.de/Nachrichten/Medien-TV/AfD-verbreitet-manipuliertes-Foto-von-Klimademo
 (DIR) [5] /Justin-Trudeaus-Blackfacing/!5627564
 (DIR) [6] https://www.cbc.ca/news/politics/green-party-schomann-muslim-1.5281186
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Johannes Drosdowski
       
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