# taz.de -- Auch an Entgiftung wird gearbeitet
       
       > Berlin wird langsam zum Hauptort für Streetwear und Nachhaltigkeit. Auf
       > der gerade gestarteten Fashion Weekin Berlin werden Messen und
       > Konferenzen über Technologien und Logistik wichtiger als spektakuläre
       > Shows
       
 (IMG) Bild: Models warten backstage, vielleicht noch nicht ganz auf die Straße und Kopfsteinpflaster eingestellt
       
       Von Marina Razumovskaya
       
       Die gestern begonnene Fashion Week Berlin geht, wie nur Mode es kann, mit
       den Zeichen der Zeit. Man zieht vom einen Ort zum andern. Was früher die
       große Showbühne am Brandenburger Tor war, verzieht sich jetzt in die
       nachhaltige Nutzung alter Industriegelände wie dem Kraftwerk in der
       Köpenicker Straße oder dem aufgelassenen Flughafen Tempelhof.
       
       Das passt perfekt zur ästhetischen Orientierung: Berlin wird langsam zum
       Hauptort für Streetwear und Nachhaltigkeit. Das ist es, was die
       modebewussten Einkäufer aus ganz Europa, auch aus den nahegelegenen
       osteuropäischen Ländern, nach Berlin zieht.
       
       Als Highlight gibt es zum dritten Mal die Neonyt „Editorial Show“: „Back to
       nature – High Street Fashion meets Outdoor“, heute Dienstag um 18 Uhr im
       Kraftwerk. Sie wird dirigiert von der Stylistin Claudia Hofmann, und die
       dort gezeigten Multi-Label-Looks stehen, so die Veranstalter, unter dem
       Motto: „Ein Maximum an universaler Performance – ein Minimum an negativem
       Impact, so sieht die Zukunft aus!“
       
       Die Messe Neonyt selbst mit über 200 nachhaltigen Fashion Brands – ich habe
       203 gezählt – findet im Flughafen Tempelhof statt, jenem Ort, den vor
       Jahren Bread & Butter zum ersten Mal für die Mode entdeckte. Denn
       spektakuläre Shows sind inzwischen nur ein kleiner Teil der
       Fashion-Week-Miete. Immer wichtiger werden die Messen und Konferenzen, die
       teilweise auch für die Öffentlichkeit zugänglich sind (etwa der ganze
       untere Bereich der Location im Kraftwerk). Zehn Messen werden in dieser
       Woche stattfinden, allein in Tempelhof drei, neben Neonyt die
       Streetware-Messe Panorama und Panorama Selvedge Run.
       
       Die Konferenz „Neonyt Fashion Sustain“ steht unter dem in diesen Zeiten
       durchaus nicht aus der Luft gegriffenen Thema: „in the air“. Dort werden
       sich industrielle Akteure über technologische Innovationen, nachhaltige
       Techniken und Marktstrategien austauschen. Es soll, so sagen die
       Organisatoren, eine „Bühne für das Zusammenspiel aus Kollaboration und
       Wettbewerb“ werden.
       
       Dort sollen dann auch so futuristisch-wissenschaftliche Dinge diskutiert
       werden wie: „Future Infrastructures for Circularity“, also Verkehrswege für
       die Kreislaufwirtschaft; oder: „How to Detox an Industry – looking back and
       looking forward“, also Methoden, wie man die Kleidungsindustrie entgiftet.
       
       In der Luckenwalder Straße findet wieder wie seit Jahren die bekannte
       Premium Messe statt. Sie geht eher aufs Gesamte der Mode. Neonyt hat sich
       in Spannung zu ihr entwickelt. Die begleitende Konferenz „Fashiontech
       Berlin“ am Dienstag und Mittwoch am Ort der Messe in der Luckenwalder
       Straße bietet ein breites Programm, in dem vor allem Marktfragen verhandelt
       werden.
       
       Doch auch die bekannten Namen werden auf dieser Fashion Week nicht zu kurz
       kommen. Wolfgang Joop etwa, eine Ikone der deutschen Mode, wird sein neues
       Projekt „Looks“ am Mittwochabend um 21.30 Uhr im Kraftwerk vorstellen.
       „Früher habe ich große Kollektionen für eine kleine Klientel gemacht. Heute
       machen wir eine kleine Kollektion für eine große Klientel. Ich will meine
       Entwürfe wirklich auf der Straße sehen“, erklärte Joop.
       
       Aber auch ihm gilt Nachhaltigkeit als ein Maßstab. Der Designer möchte
       wiederverwertete Materialien verwenden, von Cashmere bis Polyester, und
       eben aus solchen Patchworks auch eine sehr flexible Preisgestaltung
       zaubern: „Ein Schal für 19,95 Euro könnte ebenso realisiert werden wie eine
       Variante für 59,95 Euro“, so Joop. Juhu!
       
       14 Jan 2020
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Marina Razumovskaya
       
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