# taz.de -- Die Wahrheit: Mia san Tier
       
       > Der FC Bayern München zeigt sich menschlich und präsentiert einen neuen
       > TV-Sender fürs hauseigene Viehzeug.
       
 (IMG) Bild: Muss Maskottchen Berni (rechts) einem hautkranken Hammerhai weichen?
       
       Der Fußball-Konzern FC Bayern will menschlicher werden. Das geht
       bekanntlich am besten mit Tieren. Für die hauseigenen Social-Media-Kanäle
       hat der Rekordmeister jetzt eine bemerkenswerte Doku-Reihe produziert.
       Titel: „Mia san Tier.“
       
       Die Vereinsbosse gehen mit gutem Beispiel voran. In der ersten Folge
       spricht Clan-Chef Karl-Heinz Rummenigge einfühlsam über sein sexsüchtiges
       Zwergkaninchen Lothar. „Kein Sofakissen war vor ihm sicher“, schmunzelt der
       lebenserfahrene Bayern-Grande. Lothars Ende sei allerdings tragisch
       gewesen. Einmal sei er, Rummenigge, total verkatert von einer
       Bunga-Bunga-Party seines Spezies Silvio Berlusconi nach Hause gekommen und
       dabei sei ihm im Badezimmer das Viagra-Pillendöschen aus der Hand gefallen.
       Lothar habe sich sofort über die blauen Pillen hergemacht. Die
       anschließende Sexorgie mit dem Toilettenvorleger habe das liebenswerte
       Schlappohr dann nicht überlebt. Diagnose: Herzinfarkt.
       
       ## Putziges Zähnefletschen
       
       Auch Ehren-Patriarch Uli Hoeneß steuert eine launige Schnurre aus der
       Frühphase seiner Managertätigkeit beim FC Bayern bei. Damals suchte er
       einen Ersatz für seinen trotteligen Bruder Dieter auf der
       Mittelstürmer-Position. Ein windiger Spielerberater habe ihm dann einen
       argentinischen Vollblut-Stürmer namens Enrico Dobermann aufgeschwatzt. „Den
       habe ich blind gekauft“, gibt Hoeneß freimütig zu. Die vermeintliche
       Top-Verpflichtung entpuppte sich dann aber tatsächlich als reinrassiger
       Dobermann, sehr stattlich mit seinen 45 Kilo und auch durchaus bissig, fürs
       Toreschießen aber leider völlig ungeeignet.
       
       Damit die skandalgeile Münchner Presse keinen Wind von seinem sündteuren
       Fehleinkauf bekäme, habe er ihn einfach als sein neues Haustier ausgegeben.
       Und bei Vertragsverhandlungen mit neuen Spielern sei Enrico, der „so putzig
       die Zähne fletschen konnte“, auch immer sehr nützlich gewesen.
       
       Aber auch diese ungewöhnliche Freundschaft zwischen Profi und Tier fand ein
       entsetzliches Ende. Auf der Jagd nach eine Ratte in seiner Nürnberger
       Wurstfabrik fiel „der treue Enrico“ mitten in der Hauptproduktionszeit für
       den Christkindl-Markt in einen rotierenden Fleischwolf. „Ein unersetzlicher
       Verlust“, haucht Hoeneß mit ersterbender Stimme in die Kamera, „aber wir
       konnten die Maschinen natürlich nicht abstellen. Das Geschäft, die Wurst,
       die Menschen, sie verstehen!“
       
       ## Hinter der Maske
       
       Es sind diese zu Herzen gehenden Geschichten, die zeigen, dass sich hinter
       der Maske der eiskalten Münchner Profitmaximierer mit ihren gnadenlosen
       Zwängen durchaus warmherzige Menschen verbergen. Wie Hasan Salihamidžić.
       Der Sportdirektor füttert seinen kariesgeplagten Pitbull Slobodan geduldig
       mit Babybrei.
       
       Menschen wie Oliver Kahn mit seinem dementen Papagei Jens. Eines Tages war
       der 120-jährige Ara aus dem Küchenfenster entwichen, erzählt Kahn in
       gebrochenem Flüsterton. Jens verirrte sich, und die Freiwillige Feuerwehr
       musste ihn von der Spitze des Maibaums auf dem Marktplatz von Tutzing
       holen. Als die Rettungskräfte ihn wieder am Chalet des Titanen ablieferten,
       konnte sich Jens nicht mehr an ihn, Oliver Kahn, erinnern. Auch das
       vertraute und viel gekrächzte „Der Druck, der Druck, immer dieser Druck“
       kam ihm nicht mehr aus seinem Schnabel. Die Sensation: Zum ersten Mal sieht
       man Oliver Kahn vor der Kamera weinen.
       
       ## Hamster mit Knochenkrebs
       
       Es sind Bilder wie diese, die sich tief einbrennen und keinen Fußball-Fan
       kalt lassen. Der FC Bayern hat mit diesem mutigen Format bereits jetzt
       Maßstäbe gesetzt. Denn der Branchenprimus zeigt der Konkurrenz, dass
       schlimmste private Schicksale ein Unique Selling Point im Fußball-Business
       sein können.
       
       Schon jetzt warten die Zielgruppen in den Zukunftsmärkten ungeduldig auf
       weitere Folgen. Themen gibt es genug. Die Geschichte von Mehmet Scholls
       qualvoll leidender, weil beinamputierter Vogelspinne Renate wird gerade
       gedreht. Robert Lewandowskis an Knochenkrebs erkrankter Hamster Pjotr liegt
       auf der Intensivstation, Hansi Flicks Hängebauchschwein Lolita wartet auf
       eine Spenderniere. Und das Hammerhaibaby Kevin in Joshua Kimmichs
       Swimmingpool hat Schuppenflechte.
       
       Die Botschaft ist eindeutig. Es gibt keine Entfremdung zwischen den
       überbezahlten Fußball-Superstars und dem einfachen Fan – das echte Leben
       neben dem Ball ist hart, Fußball ist und bleibt die tierisch schönste
       Nebensache der Welt.
       
       25 Feb 2020
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Felix Schwadorf
       
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