# taz.de -- Brennelemente aus Lingen: Exportverbot noch nicht in Sicht
       
       > Trotz Zusage im Koalitionsvertrag blockiert die Union ein Gesetz, das die
       > Versorgung ausländischer Alt-AKWs mit deutschen Brennstäben verbietet.
       
 (IMG) Bild: Wird auch mit Brennstoff aus Deutschland beliefert: der Pannenreaktor im belgischen Doel
       
       BERLIN taz | Es ist nicht gerade viel, was sich Union und SPD für diese
       Legislaturperiode in der Atompolitik vorgenommen haben. Nur gut eine von
       175 Seiten haben sie diesem Thema im Koalitionsvertrag gewidmet. Eine der
       wenigen konkreten Ankündigungen, die sich darin findet, lautet: „Wir wollen
       verhindern, dass Kernbrennstoffe aus deutscher Produktion in Anlagen im
       Ausland, deren Sicherheit aus deutscher Sicht zweifelhaft ist, zum Einsatz
       kommen.“ Doch nachdem die Legislaturperiode zur Hälfte um ist, ist noch
       immer unklar, ob dieses Versprechen wirklich umgesetzt wird.
       
       Die Anlage, auf die sich der Koalitionsvertrag bezieht, ist die
       Brennelementefabrik im westfälischen Lingen. Von dort aus werden auch AKWs
       beliefert, die nahe der deutschen Grenze stehen und an deren Sicherheit es
       Zweifel gibt – etwa die [1][Reaktoren im belgischen Doel] oder im
       französischen Cattenom. Nicht nur SPD, Grüne, Linke und zahlreiche
       Anti-Atom-Initiativen [2][stören sich an diesen Exporten]; auch
       Nordrhein-Westfalens CDU-Ministerpräsident Armin Laschet hatte die
       Bundesregierung in der Vergangenheit wiederholt aufgefordert, „keine
       weitere Genehmigung der Lieferung von Brennelementen“ ins benachbarte
       Belgien zu erteilen.
       
       Doch auf Bundesebene blockiert die Union die Umsetzung dieser Forderung
       bisher. Den ersten Vorschlag aus dem Umweltministerium, die
       Brennelementefabrik in Lingen und die Uranfabrik im nahen Gronau gegen
       Entschädigung komplett zu schließen, war bereits am Veto des
       Wirtschaftsministeriums gescheitert. Als alternative Lösung hat das Haus
       von Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) im Dezember daraufhin einen
       Gesetzentwurf vorgelegt, der nur die Exporte beschränken soll.
       
       Verboten würden sie dadurch an alle Reaktoren, die weniger als 150
       Kilometer von der deutschen Grenze entfernt sind und vor 1989 den Betrieb
       aufgenommen haben. Neben Doel und Cattenom träfe das unter anderem auf die
       AKWs in Tihange (Belgien), Fessenheim (Frankreich), Temelín (Tschechien)
       und Beznau (Schweiz) zu.
       
       Doch auch dieser Gesetzentwurf hat es wegen Widerstand aus dem von Peter
       Altmaier (CDU) geführten Wirtschaftsministerium bisher nicht ins
       Bundeskabinett geschafft. Das Ministerium wollte sich auf Anfrage nicht zu
       den Gründen äußern. „Wir sind zu dem Entwurf weiter in Abstimmung mit dem
       Umweltministerium und den anderen relevanten Ressorts“, teilte eine
       Sprecherin lediglich mit.
       
       Nachdem auf Arbeitsebene keine Einigung erreicht werden konnte, wollen nach
       taz-Informationen sich an diesem Donnerstag die Staatssekretäre der
       beteiligten Ministerien damit beschäftigen. Jochen Flasbarth,
       Staatssekretär im Umweltministerium, drängt auf eine Einigung. „Der
       Koalitionsvertrag gibt der Bundesregierung einen klaren Auftrag“, sagte er
       der taz. „Ein an objektive Kriterien geknüpftes Exportverbot ist nach Lage
       der Dinge der politisch und rechtlich einzig gangbare Weg, mit dem dieser
       Auftrag zeitnah umgesetzt werden kann.“
       
       Doch nicht nur aus der Union gibt es Widerstand gegen die
       Exportbeschränkungen. Auch beim Eigentümer der Brennelementefabrik Lingen,
       dem französischen Staatskonzern Framatom, dürfte dieser Plan nicht gut
       ankommen. Schon als im Sommer 2018 das zuständige Bundesamt wegen
       unvollständiger Unterlagen die Transportgenehmigung für einige Exporte
       nicht sofort erteilte, schickte das Unternehmen sofort Anwälte in die Spur,
       die Druck auf die Politik ausübten und mit hohen Schadenersatzklagen
       drohten.
       
       25 Feb 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Marode-belgische-Atomkraftwerke/!5516208
 (DIR) [2] /Forderung-von-Exportstopp-nach-Belgien/!5529901
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Malte Kreutzfeldt
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Jochen Flasbarth
 (DIR) Schwerpunkt Atomkraft
 (DIR) Doel
 (DIR) Lingen
 (DIR) AKW Fessenheim
 (DIR) Peter Altmaier
 (DIR) Schwerpunkt Atomkraft
 (DIR) Schwerpunkt Atomkraft
 (DIR) Anti-AKW-Proteste
 (DIR) Schwerpunkt Atomkraft
 (DIR) AKW Fessenheim
 (DIR) Doel
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) Belgien
 (DIR) Uranmine
 (DIR) Urenco
 (DIR) Anti-AKW-Proteste
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Empörung über Brennelement-Transport: Atomexport trotz Widerspruch
       
       Ohne vollziehbare Genehmigung wurden Brennelemente von Lingen in ein
       Schweizer AKW exportiert. Dem Betreiber drohen strafrechtliche
       Konsequenzen.
       
 (DIR) Gericht erlaubt deutsche Exporte: AKW in Belgien kann weiterlaufen
       
       Das belgische Uralt-AKW Doel darf weiter mit deutschen Brennelementen
       beliefert werden. Eine Klage hat keine aufschiebende Wirkung.
       
 (DIR) Keine Brennelemente für Akw in Belgien: Gericht stoppt Export nach Doel
       
       Etappensieg für AKW-Gegner*innen: Die Brennelement-Fabrik in Lingen darf
       das umstrittene belgische AKW vorläufig nicht beliefern, entschied ein
       Gericht.
       
 (DIR) Atomkraftwerk Doel: Behörde sieht kein Risiko
       
       Das Bundesamt für Ausfuhrkontrolle lehnt Widerspruch gegen den
       Brennelement-Export nach Doel ab. Jetzt prüfen die AktivistInnen eine
       Klage.
       
 (DIR) Stilllegung von Atomkraftwerk Fessenheim: Letzter Sieg am Oberrhein
       
       Das französische AKW Fessenheim geht endgültig vom Netz. Damit endet eine
       43-jährige Geschichte bizarrer Pannen und Proteste.
       
 (DIR) Brennelemente für belgisches AKW: Widerspruch gegen Doel-Belieferung
       
       Politisch kommt der angekündigte Exportstopp für deutsche Brennstäbe nicht
       voran. Jetzt versuchen es AktivistInnen auf juristischem Weg.
       
 (DIR) Staatsfonds zur Atommüll-Entsorgung: Atom-Fonds wird klimaneutral
       
       Das Portfolio des Staatsfonds zur Atommüll-Entsorgung soll bis 2050
       dekarbonisiert werden. Der Umweltverband WWF begrüßt den Schritt.
       
 (DIR) Urteil zu belgischen Atomkraftwerken: Seit fünf Jahren illegal
       
       Der Betrieb der maroden Atomkraftwerke Doel 1 und 2 ist seit 2015
       gesetzwidrig. Daraus folgt... nichts. Denn Belgien hat immer noch keine
       Regierung.
       
 (DIR) Umfrage für „Uranatlas“: Atomausstieg geht nicht weit genug
       
       Über 70 Prozent der Deutschen wollen, dass auch die Urananreicherung und
       Brennelementeherstellung gestoppt werden. Das zeigt eine neue Umfrage.
       
 (DIR) Urananreicherung in Gronau: Atomausstieg mit einer Ausnahme
       
       Kritiker fürchten, Uran von Urenco aus Gronau werde künftig militärisch
       genutzt. Eine dubiose Stellungnahme spricht dagegen.
       
 (DIR) Protest gegen Nuklearexporte: Atomfabrik in Lingen blockiert
       
       Von Lingen aus werden Brennelemente nach Europa geliefert. Daran stören
       sich die Demonstranten. Die Polizei erteilte Platzverweise.