# taz.de -- Katalanen demonstrieren in Frankreich: Jenseits der Grenze
       
       > Der ehemalige katalanische Regierungschef Puigdemont spricht vor
       > Zehntausenden Anhängern. Er hält am Ziel der Unabhängigkeit von Spanien
       > fest.
       
 (IMG) Bild: Puigdemont-Anhänger bei der Demonstration unter einer katalanischen Fahne in Perpignan
       
       MADRID taz | „Ich bin zu Hause“, erklärte der in Belgien lebende ehemalige
       Regierungschef der spanischen autonomen Region Katalonien, Carles
       Puigdemont, sichtlich gerührt, als er am Freitag in Perpignan eintraf. Dank
       seiner [1][Immunität als Europaabgeordneter] konnte er erstmals seit über
       zwei Jahren wieder nach Katalonien reisen, wenn auch nur in den
       französischen Teil. In Spanien besteht noch immer ein Haftbefehl wegen
       „Aufruhr“ gegen ihn.
       
       Puigdemont hielt auf dem Messegelände der nordkatalanischen Stadt Perpignan
       eine Großkundgebung für die Unabhängigkeit seiner Heimat von Spanien ab.
       „President, President“, rief die Menge, als Puigdemont die Bühne betrat.
       Hunderte von katalanischen Unabhängigkeitsfahnen wehten in der steifen
       Mittelmeerbrise.
       
       „Unabhängigkeit war nie einfach und wir haben es immer gewusst. Die
       Unterdrückung, die Generationen und Generationen von Katalanen durchlebt
       haben, ist uns auf die Haut geschrieben,“ sagte Puigdemont unter Applaus.
       „Wir wissen, dass wir nicht aufhören werden und sie uns nicht aufhalten
       werden. Wir müssen nicht auf bessere Zeiten warten, weil sie hier sind. Das
       Ziel der katalanischen Republik hat eine Mehrheit innerhalb der
       katalanischen Gesellschaft“, fügte Puigdemont hinzu.
       
       Rund 150.000 Menschen waren nach Angaben der Veranstalter – dem in Belgien
       ansässigen „Rat für die Republik“, dem Puigdemont vorsteht – gekommen. Sie
       waren mit PKWs, Bussen und Zügen angereist, um nur 25 Kilometer von der
       spanischen Grenze entfernt ihre unabhängige Republik Katalonien zu fordern.
       Unter den Teilnehmern befanden sich wichtige katalanische Politiker
       unterschiedlicher Parteien, so der [2][jetzige Regierungschef Quim Torra].
       
       ## Freiheit versus Aufruhr
       
       „Freiheit, Freiheit“, riefen die Demonstranten immer wieder und forderten
       damit ein Ende des Exils von Puigdemont sowie von Toni Comin und Clara
       Ponsatí, zwei seiner ehemaligen Minister, die ebenfalls im Ausland leben –
       und die Freilassung von neun wegen „Aufruhr“ [3][bis zu 13 Jahren Haft
       verurteilten Unabhängigkeitspolitikern und -aktivisten].
       
       Das Urteil steht im Zusammenhang mit dem am 1. Oktober 2017 trotz Verbots
       durch die Regierung und Justiz in Madrid abgehaltenen
       [4][Unabhängigkeitsreferendum in Katalonien]. Kurz bevor er [5][das Land
       verlies], hatte Puigdemont die Abspaltung der Region von Spanien
       ausgerufen. Madrid [6][stellte Katalonien unter Zwangsverwaltung], löste
       die Regionalregierung und das Parlament in Barcelona auf.
       
       Puigdemont und seine beiden Minister selbst werden von der spanischen
       Justiz [7][per internationalem Haftbefehl] wegen „Aufruhr“ gesucht. Nach
       dem die europäische Justiz die Immunität als Europaabgeordnete anerkannte,
       wurde der europäische Haftbefehl ersteinmal unwirksam. Die Reise nach
       Südfrankreich wurde so möglich.
       
       Puigdemont war bereits am Vorabend der Kundgebung in Perpignan
       eingetroffen. Er besuchte ein Rugbyspiel des örtlichen Zweitligisten USAP
       und traf sich mit Politikern aus den französischen Katalonien, darunter den
       Kandidaten für das Bürgermeisteramt von Perpignan und engen Vertrauten des
       französischen Präsidenten Emmanuel Macron, Romain Grau.
       
       ## Getrennt für Katalonien
       
       Auf der Kundgebung wurden Grußadressen der Inhaftierten verlesen. Doch das
       Bild der Einheit, dass die Unabhängigkeitsbewegung bot, täuscht. Die beiden
       großen Separistenparteien, Puigdemonts „Gemeinsam für Katalonien“ (JxCat)
       und die Republikanische Linke (ERC) seines inhaftierten, ehemaligen
       Stellvertretenden Regierungschefs Oriol Junqueras, die gemeinsam in
       Barcelona regieren, sind seit Monaten zerstritten.
       
       Sie streiten um die Vorherrschaft im Unabhängigkeitslager und um die
       richtige Strategie – [8][Dialog] oder harte Haltung. Während ERC der neuen
       Regierung in Madrid unter [9][Pedro Sánchez ins Amt verhalf], stimmte
       Puigdemonts Partei gegen den Sozialisten. Der jetzige katalanische
       Regierungschef wird in den kommenden Monaten vorgezogene Neuwahlen
       ausrufen. Dann werden die Urnen entscheiden, wer auf dem richtigen Weg ist.
       
       29 Feb 2020
       
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