# taz.de -- Folge der Coronavirus-Pandemie: Chinas Wirtschaft stürzt brutal ab
       
       > China legt dramatische Konjunkturdaten vor. Für Europa bieten die Zahlen
       > einen Vorgeschmack auf die eigene Zukunft.
       
 (IMG) Bild: China nach Corona: Anfahren der Volkswirtschaft mit Handbremse
       
       PEKING taz | Der Einbruch schien [1][bereits seit Wochen unvermeidlich],
       die Frage war nur mehr das Ausmaß der Katastrophe. Seit Montag weiß die
       Weltöffentlichkeit nun schwarz auf weiß, wie dramatisch es um die
       zweitgrößte Volkswirtschaft steht: Laut Chinas Statistikamt in Peking ist
       die Industrieproduktion für die ersten zwei Monate des laufenden Jahres um
       13,5 Prozent eingebrochen, Anlageinvestitionen schrumpften gar um ein
       Viertel.
       
       Für China ist dies ein Schlag von historischer Dimension. Das letzte Mal,
       als die Wirtschaft landesweit geschrumpft ist, war Mao Tsetung noch an der
       Macht: 1976, gegen Ende der Kulturrevolution. Insofern beweisen die
       ernüchternden Zahlen auch die Bereitschaft einer von Wirtschaftsaufschwung
       besessenen Kommunistischen Partei, ihre Prioritäten für den Kampf gegen das
       Virus zu opfern.
       
       Für Europa bieten die Konjunkturdaten der Volksrepublik einen ernüchternden
       Blick in die eigene Zukunft. Schließlich steht Deutschland und seinen
       Nachbarländern ein ähnliches Szenario bevor. Vor fast zwei Monaten hat die
       Regierung weite Teile der Wirtschaft im Kampf gegen das Virus zum
       Stillstand gebracht, nur essenzielle Industrien wie die
       Lebensmittelproduktion und der medizinische Sektor liefen auf Normalniveau
       weiter.
       
       ## Nur langsam fährt die Wirtschaft wieder an
       
       [2][Seit über zwei Wochen jedoch sind die Neuinfektionen des weltweit
       bevölkerungsreichsten Landes geradezu verschwindend gering], am Montag
       bestätigte die Nationale Gesundheitskommission in Peking nur mehr 16 neue
       Fälle. Seit einigen Tagen nimmt das öffentliche Leben daher wieder Fahrt
       auf: Knapp die Hälfte aller Restaurants in der chinesischen Hauptstadt
       haben wieder geöffnet, wenn auch unter starken Auflagen. Immer mehr
       Anwohner wagen sich auf die Straßen, gehen ihrer Arbeit im Homeoffice nach
       und konsumieren wieder.
       
       Und doch läuft das Anfahren der Volkswirtschaft mit Handbremse: Noch immer
       stehen beispielsweise etliche Chinesen unter Hausarrest, hängen
       Fabrikarbeiter aufgrund von Reisebeschränkungen in Provinzen fernab ihres
       Arbeitsplatzes fest und können Einzelteile für Unternehmen nicht
       zeitgerecht angeliefert werden. Vor allem für Mittelständler ist die Krise
       existenzbedrohend: Der weite Teil von ihnen hat laut aktuellen Erhebungen
       nur finanzielle Rücklagen von ein bis drei Monaten.
       
       ## Angst vor Re-Import des Virus
       
       Doch Grund für die weiterhin strengen Maßnahmen gegen das Virus ist vor
       allem die Angst vor importierten Ansteckungsfällen aus dem Ausland. Nur ein
       Infektionsstrang kann schließlich ausreichen, dass sich das Blatt in den
       dicht besiedelten Städten Chinas wieder zum Tragischen wendet. Deshalb
       bleibt die Lage weiterhin angespannt: Präsident Xi Jinping muss weiter
       einen Drahtseilakt zwischen Sicherheits- und Wirtschaftsinteressen finden.
       
       Angesichts der drastischen Lage scheint ein Rückgang der
       Industrieproduktion von 13,5 Prozent sogar noch glimpflich. Doch dieser
       Eindruck könnte täuschen, meint Jörg Wuttke, Präsident der Europäischen
       Handelskammer in Peking: „Die ersten drei Wochen im Januar vor den
       Gegenmaßnahmen waren eben noch sehr, sehr gut. Deswegen spiegeln die Zahlen
       den Absturz auch noch gar nicht so wider, wie wir ihn empfunden haben.“ Das
       Schlimmste könne also noch zeitversetzt kommen.
       
       ## Wachstumsziel nur schwer zu erreichen
       
       Die besorgniserregenden Daten aus Pekings Statistikamt haben den
       Wirtschaftslobbyisten nicht überrascht, schließlich dauere es eine ganze
       Weile, bis eine Wirtschaft von der Dimension Chinas wieder anfährt. „Was
       mich allerdings schon überrascht, ist, dass immer noch einige Analysten
       davon ausgehen, dass China ein Jahreswachstum von 6 Prozent erreichen kann.
       5 Prozent wären meiner Einschätzung das bestdenkbare Resultat“, sagt
       Wuttke, der bereits seit den 90er Jahren in China lebt.
       
       Tatsächlich sind die offiziellen Wirtschaftszahlen der chinesischen
       Regierung immer mit ein wenig Vorsicht zu genießen. Am akkuratesten
       spiegeln die tatsächliche Produktivität und Wirtschaftsleistung empirische
       Daten wie etwa Autoverkäufe oder der Energieverbrauch wider. Doch auch
       diese Indikatoren zeichnen ein tristes Bild: Immobilienverkäufe sind im
       Januar und Februar rund um ein Drittel zurückgegangen, Umsätze aus dem
       Einzelhandel um über 20 Prozent.
       
       Experte Wuttke glaubt, dass auch in Europa das Wirtschaftswachstum vorerst
       von der Viruskrise vernichtet wird. „China wird sehr getroffen und Europa
       sicher auch. China wird allerdings als erstes wieder aus der Krise
       herauskommen.“
       
       17 Mar 2020
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) Fabian Kretschmer
       
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