# taz.de -- Forderung zu Saisonarbeitern und Corona: Mehr Schutz für Erntehelfer
       
       > Kritiker verlangen, dass die Höfe ihre Aushilfen besser als bisher
       > geplant vor Corona-Infektionen schützen. Mehrbettzimmer seien zu
       > gefährlich.
       
 (IMG) Bild: Erntehelfer im bayerischen Sainbach
       
       BERLIN taz | Nach der teilweisen Aufhebung des Einreiseverbots für
       Erntehelfer fordern Gewerkschafter und linke Bauern, die ArbeiterInnen
       besser [1][vor dem Coronavirus] zu schützen. „Die Gefahr ist in
       Mehrbettzimmern viel zu groß“, sagte Harald Schaum, Vizevorsitzender der
       Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) am Freitag der taz.
       
       Die von den Bundesministerien für Ernährung und Inneres vereinbarte
       Zimmerbelegung mit halber Kapazität in den Unterkünften der Saisonkräfte
       könne immer noch zu hoch sein, ergänzte Georg Janßen, Bundesgeschäftsführer
       der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL). Diese Regel würde
       zum Beispiel 4 Spargelstecher in einem Raum erlauben, in dem bisher 8
       schliefen. Bei Bürotätigkeiten dagegen empfehlen die Behörden, dass derzeit
       [2][nur ein Beschäftigter] in einem Zimmer sitzt.
       
       Die Ministerien hatten sich am Donnerstag darauf geeinigt, im April und im
       Mai jeweils bis zu 40.000 Saisonarbeitern die Einreise zu erlauben, obwohl
       seit 25. März wegen der Pandemie grundsätzlich ein Einreiseverbot für
       Agraraushilfen etwa aus Rumänien gilt. Neben der geringeren Zimmerbelegung
       verlangen die Behörden nun unter anderem, dass die Menschen mit dem
       Flugzeug an- und abreisen. In den ersten 14 Tagen nach ihrer Ankunft müssen
       sie getrennt von den sonstigen Beschäftigten leben und arbeiten und dürfen
       das Betriebsgelände nicht verlassen. Auch danach müssen sie in getrennten
       Gruppen von höchstens 20 Personen arbeiten und übernachten.
       
       IG BAU und AbL halten diese Regeln nicht nur für zu lasch. Sie bezweifeln
       auch, dass sie beachtet werden. „Es ist fraglich, ob die Trennung in
       Gruppen organisatorisch zu leisten ist“, sagte Gewerkschafter Schaum. „Ich
       weiß ja, wie das ist, wenn man auf dem Land arbeitet“, erläuterte
       Bauernvertreter Janßen. „Alle mal schnell auf den Anhänger oder in den Bus
       und dann fährt man zum nächsten Feld. Ob da jetzt die 1,5 Meter
       Mindestabstand eingehalten werden, wage ich zu bezweifeln.“
       
       ## Die Branche warnte vor kleinerem Gemüseangebot
       
       Der Deutsche Bauernverband, in dem die meisten Höfe organisiert sind,
       begrüßte die Einigung und beteuerte, die Betriebe würden die Vorgaben
       „strikt einhalten“. Laut Agrarministerium werden die nun erwarteten 80.000
       ArbeiterInnen den restlichen Bedarf decken können: Rund 20.000
       Arbeitskräfte waren demnach bis zum Einreisestopp eingereist. Bis Ende Mai
       würden etwa 100.000 Saisonarbeiter benötigt. Zudem rechnet man damit, dass
       für April und Mai jeweils rund 10.000 Arbeitslose, Studierende,
       Asylbewerber oder andere Kräfte aus dem Inland rekrutiert werden können.
       
       Mit dem Kompromiss reagierte die Regierung auf erheblichen [3][Druck der
       EU-Kommission und der Branche], der viel Geld verloren gehen würde, wenn
       sie ihre Felder nicht bestellen oder abernten lassen könnte. Die
       Unternehmen hatten gewarnt, das Angebot an Obst und Gemüse werde
       schrumpfen, wenn das Einreiseverbot bestehen bleibt. Spargel, Erdbeeren und
       Salate beispielsweise werden größtenteils von den jährlich rund 260.000
       Saisonarbeitskräften vor allem aus Rumänien angebaut, die mit 9,35 Euro
       brutto pro Stunde meist den Branchenmindestlohn erhalten.
       
       Die Produktion von Grundnahrungsmitteln wie Getreide und Kartoffeln
       hingegen ist kaum betroffen, weil diese Früchte vor allem maschinell
       geerntet werden. Das Innenministerium hatte das Einreiseverbot für
       Saisonarbeitskräfte etwa aus Rumänien und Bulgarien mit der großen Zahl
       Personen begründet, die kommen würden, obwohl wegen der Coronapandemie
       soziale Kontakte reduziert werden sollen.
       
       3 Apr 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Schwerpunkt-Coronavirus/!t5660746/
 (DIR) [2] https://www.baua.de/DE/Themen/Arbeitsgestaltung-im-Betrieb/Biostoffe/FAQ/FAQ-2_node.html
 (DIR) [3] /Infektionsrisiko-in-Unterkuenften/!5673738/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jost Maurin
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Erntehelfer
 (DIR) Schwerpunkt Coronavirus
 (DIR) Landwirtschaft
 (DIR) Spargel
 (DIR) Schwerpunkt Coronavirus
 (DIR) Schwerpunkt Coronavirus
 (DIR) Schwerpunkt Coronavirus
 (DIR) Schwerpunkt Coronavirus
 (DIR) Erntehelfer
 (DIR) Griechenland
 (DIR) Schwerpunkt Coronavirus
 (DIR) Schwerpunkt Coronavirus
 (DIR) Schwerpunkt Coronavirus
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Ausbeutung von Feldarbeiter*innen: Wettbewerbsvorteil durch Fairness
       
       Die deutsche Landwirtschaft hat ein Ausbeutungsproblem. Gute
       Arbeitsbedingungen würden die Produkte nur centweise verteuern.
       
 (DIR) Vorwürfe gegen Gemüsehof in Bayern: 250-mal Corona, 6 Euro Stundenlohn
       
       Gewerkschafter beschuldigen einen Gurkenbetrieb, rumänischen Erntehelfern
       nicht den Mindestlohn gezahlt zu haben. Ausweise habe er einbehalten.
       
 (DIR) Foodwatch warnt vor Mangelernährung: Mehr Hartz IV wegen Corona
       
       Die SPD müsse für höhere Hartz-IV-Sätze kämpfen, um Mangelernährung zu
       verhindern, sagt Foodwatch. Viele Tafeln seien geschlossen, Preise
       gestiegen.
       
 (DIR) Beleg für Angabe zu Erntehelfertod fehlt: Falsche Infos von Klöckner?
       
       Die Ministerin behauptet, ein infizierter Erntehelfer aus Rumänien sei
       nicht an Covid-19, sondern an einem Infarkt gestorben. Das Gesundheitsamt
       widerspricht.
       
 (DIR) Coronainfizierter Erntehelfer tot: Schutzlos bei der Ernte
       
       Ein erkrankter Rumäne wird tot auf einem Spargelhof bei Freiburg gefunden.
       Der Seuchenschutz macht Aushilfen noch abhängiger von ihrem Arbeitgeber.
       
 (DIR) Erste Flüge für Erntehelfer aus Rumänien: Regeln gegen Corona verletzt
       
       Gedränge beim Einchecken in Rumänien, enge Flugzeuge und Busse. Grüne
       fordern, dass Agrarministerin Klöckner die „Spargelstecher-Luftbrücke“
       stoppt.
       
 (DIR) Hilfsaktion für geflüchtete Kinder: Einfach erbärmlich
       
       Erntehelfer werden eingeflogen. Aber bis heute hat Berlin kein einziges
       Kind aus griechischen Camps geholt.
       
 (DIR) Infektionsrisiko in Unterkünften: Zweifel an Schutz für Erntehelfer
       
       Die wichtigste Agrargewerkschaft ist dagegen, den Einreisestopp für
       Saisonarbeiter aufzuheben. Der Schutz vor Infektionen in Unterkünften sei
       schwierig.
       
 (DIR) Arbeitsbedingungen von Saisonarbeitern: Mehr Geld für Erntehelfer!
       
       Um den Spargel zu retten, müssten Agrarbetriebe Aushilfen mehr zahlen. Dann
       finden sie auch hierzulande welche.
       
 (DIR) Wegen Corona-Pandemie: Einreisestopp für Erntehelfer
       
       Damit sich weniger Menschen infizieren, dürfen 300.000 Saisonarbeiter in
       der Landwirtschaft nicht mehr einreisen. Spargel dürfte teurer werden.