# taz.de -- Demo trotz Corona: Sichtbar sein mit Behinderungen
       
       > Behindertenvertreter*innen demonstrierten am Dienstag für mehr politische
       > Teilhabe. Behindertenparlament schaltet Webseite frei
       
 (IMG) Bild: Vor dem Kanzler*innenamt: „Menschen mit Behinderung sichtbar machen“
       
       BERLIN taz | „Menschen mit Behinderung sichtbar machen“ steht auf dem
       Schild, das [1][Christian Specht] in den durchwachsenen Berliner Himmel
       streckt. Am 5. Mai, dem Europäischen Protesttag zur Gleichstellung von
       [2][Menschen mit Behinderung], ist Specht, Vorstandsmitglied der Berliner
       Lebenshilfe und taz-Kolumnist, zusammen mit fünf weiteren
       Selbstvertreter*innen vor das Kanzler*innenamt gekommen, um zu
       demonstrieren.
       
       Die alljährliche Hauptstadt-Demo zum Protesttag wurde in diesem Jahr
       pandemiebedingt abgesagt. Gerade in der Pandemie wollen Specht und seine
       Mitstreiter*innen ihre Anliegen in die Öffentlichkeit bringen –
       stellvertretend, mit Abstand und Mundschutz. „Es darf nicht sein, dass
       Menschen mit Behinderung in der Gesellschaft gerade nicht mehr vorkommen“,
       erklärt Specht der taz gegenüber. „Viele trauen sich nicht mehr nach
       draußen, haben Angst. Wir brauchen gesonderte Regelungen für diese
       Menschen“, so der Aktivist vor dem Sitz der Regierungschefin. „Mehr leichte
       Sprache“, „Mehr Lohn in der Werkstatt für behinderte Menschen“ sind weitere
       Forderungen auf den Schildern der Selbstvertreter*innen.
       
       Bereits zuvor, am Dienstagmorgen, war Christian Specht unterwegs. Vor dem
       Abgeordnetenhaus lancierte er feierlich die Webseite des Berliner
       Behindertenparlaments ([3][www.behindertenparlament.berlin]), eines
       Gremiums parlamentarischer Selbstvertretung nach Bremer Vorbild.
       
       Lange hat Christian Specht in den letzten Jahren für diese Idee geworben,
       sich die Unterstützung von Verbänden und Politiker*innen gesichert. „Es ist
       verdammt wichtig, diesen Zwischenschritt hin zu mehr Menschen mit
       Behinderung in den Parlamenten zu machen“, sagte Stefanie Fuchs, die
       behindertenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus am
       Dienstagmorgen. Die Grünen-Abgeordnete Fatoş Topaç wies bei der Aktion
       darauf hin, wie wichtig es sei, dass behinderte Menschen selbst ihre
       Anliegen in die Hand nehmen könnten. „Das gilt besonders für Menschen mit
       Einwanderungsgeschichte“, so Topaç.
       
       ## Politik inklusiver gestalten
       
       Gerlinde Bendzuk, die an der Vorbereitung des Behindertenparlamentes
       beteiligte Vorsitzende der Landesvereinigung Selbsthilfe Berlin wiederum
       betonte der taz gegenüber die besondere Dringlichkeit politischer
       Beteiligung in der Coronakrise. „Sowohl wenn es um barrierefreie
       Informationen in Gebärden- und Leichter Sprache geht, als auch um die
       Triage-Frage oder den Erhalt der Bewegungsfreiheit behinderter Menschen,
       muss die Berliner Politik inklusiv werden“, so Bendzuck.
       
       Ob diese Anliegen schon bald selbst vom noch zu bildenden
       [4][Behindertenparlament] vorangetrieben werden können, ist fraglich.
       „Eigentlich sollte im Juni die erste Sitzung im Abgeordnetenhaus
       stattfinden“, erklärt Christian Specht der taz. Dies sei jedoch im Moment
       aufgrund der bestehenden Ansteckungsgefahr nicht möglich. Ob die
       konstituierende Sitzung in einem kleineren Rahmen stattfinden oder
       verschoben wird, zeige das nächste Vorbereitungstreffen, so Specht.
       
       5 May 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Einsam-in-der-Coronakrise/!5669149&s=specht/
 (DIR) [2] /Corona-und-Behinderungen/!5679803&s=behinderung/
 (DIR) [3] https://www.behindertenparlament.berlin/
 (DIR) [4] /Behindertenparlament-in-Berlin/!5650177/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Stefan Hunglinger
       
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