# taz.de -- Tod des coronainfizierten Erntehelfers: Keine unterlassene Hilfeleistung
       
       > Die Ermittler sehen keine Straftat im Fall des in Baden-Württemberg
       > gestorbenen Erntehelfers. Der Rumäne war mit dem Coronavirus infiziert.
       
 (IMG) Bild: Die Arbeitsbedingungen von ausländischen ErntehelferInnen sind umstritten
       
       BERLIN taz | Die Staatsanwaltschaft Freiburg hat die Ermittlungen wegen des
       Todes eines mit dem [1][Coronavirus infizierten Erntehelfers] aus Rumänien
       eingestellt. „Die Feststellungen der Polizei vor Ort ergaben keinerlei
       Anhaltspunkte für ein strafbares Verhalten, auch nicht für den Tatvorwurf
       der unterlassenen Hilfeleistung“, teilte Martina Wilke, Sprecherin der
       Behörde, der taz mit.
       
       Demnach wies der Erntehelfer ab etwa drei Tage vor seinem Tod auf einem
       Spargelhof im baden-württembergischen Bad Krozingen Erkältungssymptome auf
       und arbeitete deshalb auch nicht. „Am Tag seines Versterbens wollte der
       Erntehelfer selbst seine Arbeit wieder aufnehmen, ein Einsatz wurde jedoch
       von der Vorarbeiterin aufgrund der andauernden Erkältungssymptome
       untersagt. Als sich die Symptome plötzlich verschlechterten, wurde sofort
       von der Betriebsleitung ein Arzt hinzugerufen“, schrieb Wilke. Darüber
       hinaus seien nach den bisherigen Erkenntnissen der Polizei bei dem
       Spargelbetrieb alle coronabedingten Schutzmaßnahmen eingehalten worden. Der
       Erntehelfer habe gemeinsam mit seiner Ehefrau ein Zimmer auf dem Hof
       bewohnt.
       
       Der 57-Jährige hatte bei der Spargelernte geholfen und starb am 11. April.
       Der Fall ist politisch brisant, weil die Arbeitsbedingungen von
       ausländischen ErntehelferInnen umstritten sind. Zudem hat das
       Bundesinnenministerium am 25. März den normalerweise jährlich 300.000
       Saisonkräften etwa aus Rumänien die Einreise wegen der Coronapandemie
       verboten. Auf Drängen von Agrarministerin Julia Klöckner und der Branche
       stimmte das Innenministerium dann doch der Einreise von insgesamt 80.000
       Saisonarbeitern im April und Mai unter speziellen Hygieneauflagen zu. Der
       später verstorbene Rumäne war bereits vorher eingereist. Die Grünen
       forderten, zu klären, ob alles getan wurde, um diesen Todesfall zu
       verhindern.
       
       Ministerin Klöckner behauptete [2][ohne Angaben von Quellen], dass der
       Erntehelfer nicht an Covid-19 gestorben sei. Auch auf mehrmalige Nachfrage
       der taz blieb die CDU-Politikerin Belege schuldig. Das zuständige
       Gesundheitsamt des Landkreises Breisgau-Hochschwarzwald dagegen teilte mit,
       „dass Covid-19 vermutlich dazu beigetragen haben könnte, dass der Mann
       verstorben ist“.
       
       ## Linke fordern besseren Schutz und Lohnzuschlag
       
       Trotz der Corona-Schutz-Regelungen für Erntehelfer kommt es in Deutschland
       zu Verstößen gegen allgemein geltende Regeln des Gesundheitsschutzes. Nach
       Recherchen des ARD-Magazins “Panorama“ (NDR) werden Erntehelfer in großen
       Betrieben, etwa in Rheinland-Pfalz, weiterhin in Gruppen von mehr als 40
       Personen in jeweils einem Anhänger vom Hof zu den Feldern transportiert.
       Dabei trügen die Erntehelfer oft keine Masken. Arbeitsgruppen hätten eine
       Größe von bis zu 45 Personen. Sie seien außerdem weiterhin in
       Mehrbettzimmern mit voller Auslastung untergebracht. Nach den in großen
       Teilen Deutschlands geltenden allgemeinen Ausgangsbeschränkungen wegen der
       Corona-Krise dürfen Gruppen eigentlich Familiengröße nicht überschreiten.
       
       Die Bundestagsfraktion der Linken forderte sofortige Schutzmaßnahmen und
       einen Lohnzuschlag für Erntehelfer. Es müsse „eine steuerfreie
       Erschwerniszulage in Höhe von 25 Prozent des Bruttolohns geben“, heißt es
       in einem gerade beschlossenen Positionspapier der zuständigen
       Fachpolitiker, das der taz vorliegt. Gleichzeitig solle sichergestellt
       werden, dass die Erzeugerpreise die Kosten decken.
       
       „Auf überlange Arbeitszeiten von zehn Stunden und mehr muss verzichtet
       werden. Das Verbot von Sammelunterkünften und Sammeltransporten muss
       durchgesetzt, Einzelunterbringung zum Standard werden, ebenso das
       Bereitstellen ausreichender Schutz-, insbesondere
       Infektionsschutzmaterialien und angemessener Hygieneeinrichtungen, die
       nicht von den Beschäftigten zu finanzieren sind“. Gewerkschaften und deren
       Beratungsstellen müssten Zutritt zu den Betrieben erhalten, um Beschäftigte
       beraten und über ihre Rechte informieren zu können, verlangen die
       Parlamentarier.
       
       24 Apr 2020
       
       ## LINKS
       
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