# taz.de -- Geberkonferenz für Jemen: Erst bomben, dann helfen
       
       > Eine UN-Konferenz sammelt Hilfsgelder für den Jemen. Ausgerechnet die
       > Saudis, die das Nachbarland zerbombt haben, haben dazu eingeladen.
       
 (IMG) Bild: Jemens Hauptstadt Sanaa steht unter Kontrolle der Huthi-Aufständischen
       
       BERLIN taz | Es geschah an einem Dienstagmorgen. Gerade erst hatte das
       Krankenhaus in der nordjemenitischen Stadt Kitaf seine Türen geöffnet und
       die ersten PatientInnen trafen ein, als eine gewaltige Explosion die
       morgendliche Routine zerriss. Das jüngste Opfer war gerade erst acht Jahre
       alt. Weitere Kinder, Gesundheitspersonal und ein Sicherheitsmitarbeiter
       waren unter den getöteten Zivilisten. Das Krankenhaus, Anlaufstelle für
       rund 5.000 Menschen in der Region, wie die Hilfsorganisation Safe the
       Children am Folgetag [1][mitteilte], wurde schwer beschädigt.
       
       Der Luftangriff von Kitaf im März vergangenen Jahres, der eigentlich einer
       Tankstelle in unmittelbarer Nähe galt, ist nur einer von Tausenden
       Angriffen im Jemen. Regelmäßig werden dabei ZivilistInnen verletzt und
       getötet und Krankenhäuser oder Schulen zerstört.
       
       „Jemen ist die weltweit größte humanitäre Krise“, [2][teilten die UN
       anlässlich einer internationalen Geberkonferenz am Dienstag mit], die in
       diesem Jahr aufgrund der [3][Coronapandemie] online stattfinden musste. „24
       Millionen Menschen benötigen Hilfe und Schutz und die Situation
       verschlechtert sich von Stunde zu Stunde.“
       
       Die Pandemie verschärfe die Lage im Jemen noch weiter. „Alle Anzeichen
       deuten darauf hin, dass sich Covid-19 schnell und weit im ganzen Land
       verbreitet.“ Das in großen Teilen zerstörte Gesundheitssystem des Landes
       würde ein größerer Corona-Ausbruch restlich überfordern.
       
       ## Millionen-Zusage aus Saudi-Arabien
       
       Für Lebensmittel, Medikamente und andere Hilfsgüter baten die UN am
       Dienstag um Zusagen in Höhe von rund 2,4 Milliarden US-Dollar von den
       internationalen Geldgebern. 180 Millionen davon würden speziell für den
       Kampf gegen das Coronavirus gebraucht. Bislang wurden im Jemen nach Angaben
       der Johns-Hopkins-Universität lediglich 354 Corona-Infizierte gemeldet, von
       denen allerdings 84 gestorben sind, was eine hohe Dunkelziffer vermuten
       lässt.
       
       Deutschland sagte weitere 70 Millionen Euro zu. Insgesamt unterstütze die
       Bundesregierung in diesem Jahr Programme im Jemen mit 145 Millionen Euro,
       teilte ein Sprecher des Entwicklungsministeriums mit.
       
       Eine Zusage für 525 Millionen US-Dollar an Hilfsgeldern kam ausgerechnet
       von Saudi-Arabien. Das schwerreiche Nachbarland ist nicht nur aktive
       Kriegspartei im Jemen, sondern gleichzeitig auch einer der größten
       Geldgeber. Erstmals seit Beginn des Jemenkriegs ist Saudi-Arabien in diesem
       Jahr zudem offizieller Co-Ausrichter der UN-Geberkonferenz, was im Jemen
       wie auch international auf Kritik stieß.
       
       Die Konferenz sei „ein alberner Versuch“, die eigenen Verbrechen zu
       beschönigen, [4][teilte] ein Sprecher der jemenitischen Huthi-Rebellen mit,
       gegen die Saudi-Arabien im Rahmen einer Militärkoalition mehrerer Staaten
       kämpft.
       
       Die politische Analystin Maysaa Shuja al-Deen [5][sagte] dem
       Nachrichtensender Al Jazeera, Saudi-Arabien würde mit der Konferenz
       versuchen, das eigene Bild aufzupolieren. Das Land habe „schon immer
       versucht, das Narrativ des Kriegs zu ändern und sich selbst als
       Unterstützer der legitimen Regierung statt als Teil des Konfliktes zu
       präsentieren“.
       
       ## Angriffe auf Ackerland und Häfen
       
       Die saudisch geführte Militärkoalition führt seit 2015 Krieg gegen die vom
       Iran unterstützte Huthi-Miliz, die weite Teile des Landes von der
       international anerkannten Regierung von Abed Rabbo Mansur Hadi erobert hat.
       Ein ExpertInnenpanel des UN-Menschenrechtsrats hat der Koalition in einem
       im September veröffentlichten [6][Bericht] schwere Vorwürfe gemacht.
       
       „Luftangriffe der Koalition haben insbesondere Ackerland, Wasseranlagen,
       wesentliche Hafeninfrastruktur und medizinische Einrichtungen zerstört oder
       beschädigt“, heißt es in dem Bericht. Auch sei Hilfspersonal sowie die
       Verteilung humanitärer Hilfsgüter behindert worden. Ähnliche Vorwürfe erhob
       das Panel auch gegen andere Kriegsparteien im Jemen.
       
       In der Kritik steht unter anderem die Auswahl der Ziele von Luftangriffen
       der Militärkoalition. Es bestünden „ernsthafte Zweifel“ an der
       Verhältnismäßigkeit, den getroffenen Vorsichtsmaßnahmen und daran, „ob der
       Prozess der Zielauswahl den Grundprinzipien des humanitären Völkerrechts“
       entspreche.
       
       Auch den Angriff in Kitaf, bei dem insgesamt acht Zivilisten getötet
       wurden, untersuchten die UN-ExpertInnen. Die Rakete wurde demnach von der
       von Saudi-Arabien geführten Koalition abgefeuert.
       
       Dass die Saudis nun gemeinsam mit den UN die Hilfskonferenz ausrichten
       durften, [7][verteidigte] UN-Nothilfekoordinator Mark Lowcock im Vorfeld.
       Das Königreich sei ein wichtiger Geldgeber und die UN würden die
       Kriegsparteien weiterhin für „Aktionen, die sie nicht tun sollten“,
       anprangern.
       
       2 Jun 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.savethechildren.org.uk/news/media-centre/press-releases/yemen-hospital-bombing--number-of-children-killed-rises-to-five
 (DIR) [2] https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/01.06.2020%20PRESS%20RELEASE%20embargoed%20-%20Yemen%20HLPE.pdf
 (DIR) [3] /Schwerpunkt-Coronavirus/!t5660746/
 (DIR) [4] https://www.aljazeera.com/news/2020/06/saudi-arabia-seek-raise-241bn-war-torn-yemen-200602070248741.html
 (DIR) [5] https://www.aljazeera.com/news/2020/06/saudi-arabia-seek-raise-241bn-war-torn-yemen-200602070248741.html
 (DIR) [6] https://www.ohchr.org/Documents/HRBodies/HRCouncil/GEE-Yemen/A_HRC_42_17.pdf
 (DIR) [7] https://af.reuters.com/article/worldNews/idAFKBN2390GU
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jannis Hagmann
       
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