# taz.de -- Berliner Schloss bekommt Kreuz: Die Mitte von Berlin markiert
       
       > In der originalgetreuen Nachäffung der Vergangenheit kommt man am Kreuz
       > nicht vorbei beim Humboldt Forum.
       
 (IMG) Bild: Das Kreuz steht bereit
       
       Das war durchaus eine entscheidende Woche für die Optik des Schlosses und
       damit doch auch für das Aussehen der ganzen Stadt, in der seit Freitag
       einem weiteren Dach ein Kreuz aufgesteckt ist. Es ist das [1][Kreuz auf der
       Kuppel des Schlosses] und damit natürlich heftig umstritten – was im Zuge
       der Kreuzaufsetzung alles noch einmal hochkam an Debatten, [2][was schon
       breitest diskutiert] wurde vor Jahren, als die Planungen dazu öffentlich
       wurden.
       
       Aufs Fahrlässigste vereinfacht lässt sich sagen: Die Kreuzgegner meinen,
       dass so ein christliches Symbol einfach gar nicht gehe, nicht an diesem
       Ort, nicht in dieser Zeit. Und die Befürworter folgen einer treuherzigen
       „Wenn schon, denn schon“-Argumentation: dass man bei einer originalgetreuen
       Rekonstruktion auf das Kreuz an diesem Ort einfach gar nicht verzichten
       könne, weil das doch geschichtsfälschend wäre. Dabei muss man nur mal um
       das „originalgetreu rekonstruierte“ Schloss herumgehen und hin zur
       Ostfassade, wo einem betonbrutalistisch klar gemacht wird, dass der Rest
       neben dieser modern gehaltenen Wand nur ein Nachäffung von Vergangenheit
       ist.
       
       Aber man ist der Sache und Debatten auch ein wenig müde. Leise will man
       meinen, dass das alles zwar im Herzen von Berlin stattfindet, aber doch nur
       für Touristen, die wieder kommen werden, und einen so nicht wirklich was
       angeht. Halt ein weiteres Kreuz. Derart mürbe gemacht, möchte man sogar
       noch den Allerweltssatz hinterherschieben, dass man Widersprüche eben
       aushalten muss. Weil der Widerspruch auch fest eingebaut ist hier, mit dem
       Schloss als Hülle und dem Humboldt Forum als Inhalt.
       
       Aber da ist an diesem Ort ja noch mehr passiert diese Woche. Am Donnerstag
       gab es den symbolisch ersten Spatenstich zum Freiheits- und Einheitsdenkmal
       auf dem Schlossplatz, vulgo die Wippe. Wie eine riesenhafte Servierschale
       wird die mal vor dem Schloss stehen, dass es einem um das fast schon wieder
       leidtun könnte. Soll so hübsch herausgeputzt werden, und dann stellen sie
       ihm so ein Ding vor die Tür.
       
       Auch um das Einheitsdenkmal ist lang und ausgiebig gestritten worden. Eine
       jahrelange Schaukelpartie um diese begeh- und bewegbare Erinnerung an die
       friedliche Revolution und die Wiedervereinigung. Mal wurde die Planung
       gestoppt, dann fehlte das Geld, dann hieß es wieder hü. Jetzt kommt die
       Wippe, selbst wenn sie eigentlich kaum jemandem wirklich gefällt. Aber es
       ist nun eben so, spätere Generationen können sie dann ja auch wieder
       wegsprengen, wie man es mal mit dem Schloss an dem Platz gemacht hat, wo
       das Schloss nun wieder steht.
       
       Die Wippe, meinte der Architekturkritiker Niklas Maak, führe in Verbindung
       mit dem Schloss zu einer „veritablen Symbolgrütze“. Die muss nun halt
       ausgelöffelt werden. Also von den Touristen. Und die werden schon ihren
       Spaß dran haben.
       
       30 May 2020
       
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