# taz.de -- Virtuelles Berliner Musikfestival: Ohne Experimente geht gar nichts
       
       > Zeitgenössisches mit dem Beethoven-Schub: Das „Labor Beethoven
       > 2020“-Festival der Akademie der Künste ist nun online zu erleben.
       
 (IMG) Bild: Das Ensemble Adapter beim Experimentieren im „Labor Beethoven 2020“
       
       Einer der großen Verlierer in diesem Coronajahr ist Ludwig van Beethoven.
       Dem selbst kann das ja egal sein, schließlich ist der Komponist bereits
       seit Langem tot. Seine Musik ist es nicht. Sowieso gehört Beethoven zu den
       meistgespielten Komponisten weltweit, in diesem Jahr aber, mit dem 17.
       Dezember – Beethovens Tauftag – als Zielpunkt, sollte es noch viel mehr
       sein. Eigentlich unentwegt hätte man irgendwo etwas von dem Mann hören
       müssen, um ihn so in diesem [1][Beethoven-Jahr zu seinem 250. Geburtstag]
       auch entsprechend zu würdigen.
       
       Aber ist nun eben nicht. Also, Beethoven hören geht natürlich weiterhin
       gut, daheim bei sich, und dann muss noch nicht einmal die Maske vors
       Gesicht. Beethoven konzertant mit Publikum drumherum allerdings ist
       momentan noch so unvorstellbar wie ein nächtlicher Clubbesuch. Das
       Konzerthaus am Gendarmenmarkt und die Philharmonie haben die Türen
       weiterhin zu, da geht gerade trotz mancher Lockerung hier und da eben
       nichts.
       
       In die Zukunft gelinst, mag man vielleicht noch auf das Musikfest hoffen,
       das Orchesterfestival der Berliner Festspiele, bei dem in diesem Jahr
       Beethoven ein gewichtiges Thema wäre, wenn der Konzertreigen so stattfindet
       wie geplant. Am 29. August soll das Musikfest starten. Vorsichtshalber aber
       werden dafür derzeit keine Tickets angeboten, heißt es auf der
       [2][Festspiele-Homepage].
       
       So ein Beethoven-Jahr ist natürlich auch die Gelegenheit, sich an Beethoven
       abzuarbeiten oder schlicht mit seinem Namen etwas mehr an Aufmerksamkeit zu
       erhaschen, weil man sich wie etwa bei der zeitgenössischen Musik ganz ohne
       große Namen schwerer tut. Aber Pustekuchen: Corona. Das „Labor Beethoven
       2020“ war so ursprünglich für Mitte März als „zeitgenössische Lesart des
       Beethoven-Jubiläums“ geplant, mit einem umfänglichen Programm: Konzerte,
       Installationen, Musiktheater, Performances und eine Ausstellung. Im
       Mittelpunkt des Festivals sollten „das Experimentieren“ stehen und die
       Frage, wie junge Komponist*innen komponieren, wenn sie an Beethoven denken
       und ihn reflektieren.
       
       Wobei das konjunktivische „sollte“ gar nicht stimmt, weil das Festival mit
       allem Drum und Dran tatsächlich stattgefunden hat, im März in den
       Räumlichkeiten der Akademie der Künste (AdK) am Hanseatenweg, ohne
       irgendwelche Streichungen im Programm. Alles passierte wie geplant. Nur
       das, wegen dem man so ein Festival eigentlich macht, durfte wegen dem
       dazwischengrätschenden Lockdown Mitte März nicht mitmachen: das Publikum.
       
       Dass man aber das „Labor Beethoven 2020“ damals nicht abgeblasen hat und
       das Festival geradezu trotzig halt ohne Zuschauer durchzog, liegt daran,
       dass man die ganze und immerhin vierjährige Arbeit, die bis dahin in das
       Projekt investiert wurde, nicht einfach so lautlos verpuffen lassen wollte.
       
       „Das Festival ‚Labor Beethoven 2020‘, das den Abschluss eines vierjährigen
       Nachwuchsprojektes für Komponist*innen aus Basel, Tel Aviv und
       Thessaloniki bedeuten sollte, mitten im Geschehen für das Publikum zu
       schließen, tat uns allen in der Seele weh, besonders wegen der jungen
       Beteiligten, die mit so viel Ehrgeiz, Kreativität und Erwartungen auf
       diesen Moment zugearbeitet hatten“, teilt Festivalleiterin Julia Gerlach
       von der AdK mit, und dass man das Ding deswegen schlicht durchzog und die
       sowieso als Dokumentation geplanten Aufzeichnungen des Geschehens nun eben,
       noch einmal aufgearbeitet, als virtuelles Festival auf den Weg bringt, dass
       es nun online sein Publikum finden kann.
       
       Dass bei dem Labor Komponist*innen eben aus Thessaloniki, Tel Aviv und
       Basel gefeatured werden, ist natürlich Konzept. Caspar Johannes Walter,
       künstlerischer Leiter des Projektes und Kompositionsprofessor in Basel,
       legte Wert darauf, dass an diesem Nachwuchsprojekt Hochschulen beteiligt
       wurden, die eher am Rand Europas stehen. Außerdem sollten bei dem
       Austauschprojekt junge Komponist*innen zusammenkommen, die nicht sowieso
       bereits vernetzt sind.
       
       Deren Klangexperimente sind nun neben weiteren Beiträgen und ein klein
       wenig originalem Beethoven ab Samstag zu hören bei einem virtuellen Besuch
       der Adk, die aber auch ganz analog mittlerweile wieder aufgesucht werden
       kann. Im Haus am Pariser Platz lockt dafür die Heartfield-Ausstellung.
       
       6 Jun 2020
       
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