# taz.de -- Kritik an der Lufthansarettung: Chance durch Corona? Verpasst!
       
       > Die staatliche Rettung der Lufthansa stößt auf viel Kritik. Klimaschutz,
       > Konsumentenrechte und die Sicherung der Beschäftigten seien nicht
       > garantiert.
       
 (IMG) Bild: Eine Lufthansa-Maschine im Landeanflug auf Tegel Mitte März
       
       Klima- und Verbraucherschützer üben harsche Kritik an der staatlichen
       Lufthansa-Rettung ohne Auflagen. „Es ist mehr als bedauerlich, dass die
       Bundesregierung keinen Mut zeigt, notwendige Veränderungen bei der
       Lufthansa anzustoßen“, sagte Jens Hilgenberg, Leiter [1][Verkehrspolitik
       des Naturschutzverbands BUND], der taz.
       
       Finanzielle Unterstützung des Staats hätte nur gegen Klimaschutz gewährt
       werden dürfen, etwa die Verlagerung von Kurzstreckenflüge auf alternative
       Verkehrsmittel und Maßnahmen zur generellen Vermeidung von Flügen. „Zudem
       wird eine gute Chance fahrlässig vergeben, die Lufthansa zum
       Vorzeigeunternehmen bei der Verwendung nachhaltig hergestellter
       strombasierter Kraftstoffe im Flugverkehr zu machen“, sagte er.
       
       Die Bundesregierung hat am Montagabend bekannt geben, dass sie trotz der
       Rettungssumme von 9 Milliarden Euro keinen Einfluss auf das Geschäft des
       Konzerns nehmen will. Auch Auflagen für den Erhalt von Arbeitsplätzen oder
       zur Schonung des Klimas wie die Reduzierung von Inlandsflügen hat sie nicht
       gemacht.
       
       Stattdessen soll die Lufthansa durch eine Erneuerung der Flugzeugflotte
       Emissionen reduzieren und Kooperationen für Flugkraftstoffe auf Basis
       erneuerbarer Energien ausweiten. Doch das ist nicht an klare Vorgaben
       geknüpft, es sind unverbindliche Absichtserklärungen.
       
       ## „Kurzfristige Konzerninteressen“
       
       „Die Airline-Lobby hat sich in den Verhandlungen mal wieder durchgesetzt
       und klare Schritte zum Klimaschutz verhindert“, sagte Klara Strauß von der
       [2][Initiative „Am Boden bleiben“]. „Die Bundesregierung zeigt damit, dass
       ihr kurzfristige Konzerninteressen wichtiger sind als langfristige
       Krisenprävention.“
       
       Die Initiative und rund 350 Organisationen sowie 300 WissenschaftlerInnen
       und zahlreiche Einzelpersonen fordern, mit Steuergeldern gestützte
       [3][Rettungspakete an den Schutz von Beschäftigten und Klima zu koppeln].
       
       Verbraucherschützer halten die bedingungslose Rettung der Airline ebenfalls
       für falsch. Neben fehlenden Klimaschutzvorgaben kritisiert der Chef des
       [4][Verbraucherzentrale Bundesverbands], Klaus Müller, dass die
       Bundesregierung nicht auf die Rückerstattung der bezahlten Tickets für
       ausgefallene Flüge besteht.
       
       „Das Mindeste ist, dass sich die Lufthansa an Recht und Gesetz hält und die
       schon lange fälligen Ansprüche der Verbraucher nach der
       Fluggastrechteverordnung erstattet, wenn sie Staatshilfen bekommt“, sagte
       er. Ein großes Flugrechteportal hat die Lufthansa verklagt und 20.000 Fälle
       von nicht erstatteten Tickets dokumentiert.
       
       ## Schutz der Arbeitnehmer:innen
       
       Die Dienstleistungsgewerkschaft [5][Verdi begrüßt die Rettung, kritisiert
       aber den fehlenden Beschäftigungsschutz.] „Das reicht uns bei Weitem
       nicht“, sagte Mira Neumaier, Verdi-Bundesfachgruppenleiterin Luftverkehr.
       Die Behauptungen aus den Reihen der Bundesregierung, die Lufthansa-Hilfe
       erfolge zum Schutz der Beschäftigten, seien ohne konkrete Auflagen nicht
       mehr als „Lippenbekenntnisse“.
       
       Andererseits seien allerdings auch keine Maßnahmen vereinbart worden, die
       zwangsläufig zu einem Stellenabbau führen würden, betonte Neumaier. In der
       Schweiz und in Belgien zum Beispiel helfen Regierungen Airlines nur unter
       der Bedingung, dass sie Rationalisierungsmaßnahmen einleiten.
       
       Auch Linkspartei und Grünen lehnen den Verzicht auf Vorgaben ab. „Das
       Verhandlungsergebnis ist ein schlechter Witz“, sagte der [6][Vorsitzende
       der Linkspartei Bernd Riexinger]. „Das Lufthansa-Management hat das
       Poker-Spiel gewonnen.“ Die Bundesregierung habe mit dem Verzicht auf
       Gestaltungsmöglichkeiten eine Chance vertan. „Den Preis dafür bezahlen die
       Beschäftigten und die Steuerzahler.“
       
       Der Einsatz öffentlicher Gelder müsse Innovationen auslösen und den
       Klimaschutz voranbringen, sagte der [7][Fraktionsvorsitzende der Grünen
       Anton Hofreiter]. Beides sei nicht zu erkennen. „Leider beweist die
       Bundesregierung damit wieder einmal, dass Klimaschutz zwar in Sonntagsreden
       zählt, nicht aber, wenn es wirklich darauf ankommt“, sagte er. Der Anteil
       von 20 Prozent ohne eigene Sperrminorität des Bundes sei dem Einsatz
       öffentlicher Gelder gegenüber nicht angemessen.
       
       26 May 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.bund.net/mobilitaet/
 (DIR) [2] https://www.ambodenbleiben.de/2020/05/aufruf-zur-mahnwache-gegen-die-fraport-hauptversammlung-am-26-mai/
 (DIR) [3] https://www.ambodenbleiben.de/2020/04/aktion-gegen-rettungspaket-von-lufthansa/
 (DIR) [4] https://www.vzbv.de/
 (DIR) [5] https://verkehr.verdi.de/themen/nachrichten/++co++c5c92c86-9f50-11ea-94a8-001a4a160100
 (DIR) [6] https://www.die-linke.de/nc/start/presse/detail/riexinger-zum-ergebnis-der-lufthansa-verhandlung/
 (DIR) [7] https://www.gruene-bundestag.de/presse/pressestatements/anton-hofreiter-zum-lufthansa-rettungspaket
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anja Krüger
       
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