# taz.de -- Belastung durch Schadstoffe: Grundwasser weiterhin überdüngt
       
       > Über ein Viertel der deutschen Messstellen überschreiten den EU-Grenzwert
       > für Nitrat. Ob die Düngeverordnung daran etwas ändert, ist umstritten.
       
 (IMG) Bild: Am Ende landen die Nitratstoffe im Meer, wie hier an der Mündung der Ems in die Nordsee
       
       BERLIN taz | Die intensive Landwirtschaft in Deutschland führt vielerorts
       noch immer zu überhöhten Stickstoffwerten im Grundwasser. Auch Nord- und
       Ostsee sind weiterhin überdüngt. Das geht aus dem Nitratbericht für die EU
       hervor, den die Bundesregierung am Donnerstag veröffentlicht hat.
       
       Der Bericht bezieht sich auf die Jahre von 2016 bis 2018. In diesem
       Zeitraum wurde der Grenzwert von 50 Milligramm Nitrat pro Liter an 26,7
       Prozent aller deutschen Messstellen in landwirtschaftlich genutzten
       Gebieten überschritten. Die Wasserqualität hat sich damit nur minimal
       verbessert: Im letzten Bericht lag dieser Wert etwas höher bei 28,2
       Prozent.
       
       „Das ist nach wie vor keine zufriedenstellende Situation“, resümierte
       Jochen Flasbarth, Staatssekretär im Bundesumweltministerium. Was nicht im
       Bericht steht, aber aus den Messdaten des Umweltbundesamts hervorgeht:
       Teilweise wird der Grenzwert massiv überschritten. An 9,5 Prozent der
       Messstellen waren die Werte mehr als doppelt so hoch wie zulässig.
       
       Auch in den deutschen Meeren gibt es Probleme: Die Stickstoffwerte für
       einen guten Gewässerzustand wurden an etwa 74 Prozent der Messstellen in
       Nord- und Ostsee überschritten. In den Flüssen und Seen werden die
       Stickstoffgrenzwerte zwar eingehalten; allerdings ist dort die
       Phosphorkonzentration meist zu hoch.
       
       Düngeverordnung gegen Vertragsverletzungsverfahren 
       
       Wegen der überhöhten Stickstoffwerte hat die EU bereits ein
       Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet. Als Reaktion
       darauf verabschiedete die Bundesregierung im Frühjahr dieses Jahres eine
       neue [1][Düngeverordnung]. Sie legt fest, dass Landwirte in besonders
       belasteten Gebieten die Düngermenge [2][ab 2021 um 20 Prozent reduzieren
       müssen]. Zudem werden die Sperrfristen im Herbst und Winter verlängert.
       
       Sowohl im Landwirtschaftsministerium als auch im Umweltministerium erwartet
       man, dass die Grenzwerte durch die neue Verordnung in Zukunft eingehalten
       werden – wenn auch noch nicht komplett in der nächsten Berichtsperiode.
       „Ich gehe davon aus, dass die jetzt getroffenen Regelungen eine
       ausreichende Basis sein werden“, erklärte Flasbarth.
       
       Diesen Optimismus teilen jedoch nicht alle. „Mit den bisher beschlossenen
       Maßnahmen wird Deutschland seine Nitratmisere nicht in den Griff bekommen“,
       urteilt etwa Rolf Sommer vom Umweltverband WWF. Um das zu erreichen,
       müssten die Tierbestände in den besonders betroffenen Regionen „deutlich
       abstocken“, so Sommer.
       
       Auch der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) bezweifelt,
       dass die neue Düngeverordnung das Problem löst. Denn das
       Landwirtschaftsministerium versuche, das Regelwerk bei der Umsetzung wieder
       abzuschwächen, indem in der jetzt vorgelegten Verwaltungsvorschrift mit
       Modellrechnungen anstelle von realen Belastungen gearbeitet werde. „Damit
       droht ein künstliches ‚Wegrechnen‘ der tatsächlichen
       Grenzwertüberschreitung“, warnte BDEW-Geschäftsführer Martin Weyand.
       
       9 Jul 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Bauernprotest-in-der-Coronakrise/!5674372
 (DIR) [2] /Neue-Regeln-zum-Schutz-des-Wassers/!5671147
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Malte Kreutzfeldt
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Düngemittel
 (DIR) Grundwasser
 (DIR) Düngemittel
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) WWF
 (DIR) Wasserprivatisierung
 (DIR) Schweine
 (DIR) Düngemittel
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Umweltschäden durch Düngeverordnung: Teure Überdüngung
       
       Weil Bauern zu viel düngen, entstünden jährlich drei Milliarden Euro
       Umweltkosten, so Wasserversorger. Auch das neue Recht sei nicht EU-konform.
       
 (DIR) Studie zu Süßwasserfischen: Eine Million Barrieren
       
       Nur jeder fünfte Strom fließt ungehindert in einen Ozean. Das hat
       dramatische Folgen für die darin lebenden Süßwasserfische.
       
 (DIR) Hydrologe über Dürreperiode 2020: „Bei uns wird Wasser knapp“
       
       Der Staat sollte eine Prioritätenliste festlegen, welche Nutzer in welcher
       Reihenfolge Wasser verwenden dürfen. Das fordert Hydrologe Dietrich
       Borchardt.
       
 (DIR) Bundesratsbeschluss zu Schweinekäfigen: Öfter die Sau rauslassen
       
       Der Bundesrat beschließt, dass Mutterschweine nur noch wenige Tage und
       nicht mehrere Wochen in Kastenstände gesperrt dürfen. Aber erst in zehn
       Jahren.
       
 (DIR) Gesundheitschädliches Nitrat im Wasser: Linke Bauern gegen Düngeverordnung
       
       Die für die Umweltbewegung wichtige Arbeitsgemeinschaft bäuerliche
       Landwirtschaft sagt: Der Ministeriumsentwurf schade auch Höfen, die nicht
       überdüngen.