# taz.de -- Mit dem Rad in den Alpen: Keine Angst vor den Bergen
       
       > Der Tauernradweg führt durch die faszinierende Alpenwelt des Salzburger
       > Lands. Die Tour von Krimml nach Passau geht fast nur bergab.
       
 (IMG) Bild: Eine Stufe der Krimmler Ache, von hier gehts nur bergab
       
       Ein Schauspiel, das beeindruckt: Aus 385 Meter Höhe stürzt sich die
       Krimmler Ache über mehrere Stufen hinab in das Salzachtal. „Bis zu 40.000
       Liter Wasser pro Sekunde führt der Gletscherbach mit“, weiß Petra Lemberger
       – vor allem im Juni und Juli, wenn das Schmelzwasser aus dem rund 18
       Kilometer entfernten Kees anschwillt. Im Fallen taucht der tosende Bach
       Wald und Wiesen in feinen Nebel, aus dem bei schönem Wetter Regenbögen
       aufsteigen.
       
       Unten am Küsingerplatz stehen Touristen und atmen die von Tröpfchen
       durchzogene Luft ein. „Das hat gesundheitliche Wirkung“, versichert die
       Geschäftsführerin des Tourismusverbands Krimml: Durch die Wucht des
       Aufpralls entstünden winzige Tröpfchen, die besonders tief in die Atemwege
       eindringen und dort ihre heilende Wirkung entfalten. „Allergie und
       Asthmasymptome verschwinden, die Atemwege werden gereinigt und allergische
       Entzündungen nachhaltig gelindert“, doziert die Tourismusfachfrau.
       
       Der [1][Krimmler Wasserfall im Nationalpark Hohen Tauern] ist einer der
       größten Mitteleuropas, die mittlere Stufe mit 145 Metern gar die
       fünfthöchste weltweit. Seit 1900 führt ein Weg mit zahlreichen
       Aussichtspunkten, den sogenannten Kanzeln, dicht an das gewaltige
       Naturschauspiel heran. Rund 400.000 Besucher pro Jahr machen es zu einer
       der beliebtesten Sehenswürdigkeiten in Österreich.
       
       Die viel besuchte Attraktion ist aber auch Einstieg in den Tauernradweg:
       eine 320 Kilometer lange, gut ausgeschilderte Strecke, die entlang der
       Salzach über Zell am See, Salzburg und Burghausen bis nach Passau führt,
       vorbei an unzähligen Natur- und Kulturschönheiten. Mehr als 50
       radfreundliche Betriebe bieten hier Tagesübernachtungen ohne Aufpreis,
       überdachte Radabstellplätze oder Trockenräume für die Kleidung. Der Radweg
       ist ideal für Einsteiger oder Familien, verläuft er doch zu 95 Prozent über
       Wirtschaftswege und Nebenstraßen, und bis auf zwei, drei Ausnahmen radelt
       man meistens bergab.
       
       Nach dem spektakulären Start geht es eher beschaulich weiter. Bis Kaprun
       schlängelt sich die Strecke entlang der Salzach, die hier noch ein Bach mit
       klarem Wasser ist. Am Horizont stemmen sich Dreitausender in den Himmel:
       der Großvenediger, der Großglockner, das Kitzsteinhorn – mal schneebedeckt,
       mal karg und felsig.
       
       ## Edelsteine schürfen
       
       Bei Kilometer 16, kurz hinter Schönbach, führt ein Schotterweg vom
       Tauernradweg hinab ins Habachtal. Dort in einem abgelegenen Winkel steht
       Markus Göllner mit der Pfanne im eiskalten Leckbach. Der 67-Jährige ist auf
       der Suche nach Smaragden, die es in nennenswerten Mengen in Europa nur hier
       gibt: „Schon die Kelten haben hier nach den grünen Edelsteinen geschürft,
       aber auch Pyrite, Turmalin und Aquamarin aus dem Bergwerk geholt“, weiß der
       pensionierte Geschichtslehrer.
       
       Das Bergwerk, dessen Eingang unterhalb des Graukogels in 2.200 Metern Höhe
       liegt, ist für die Öffentlichkeit gesperrt, aber seit im Jahre 2002 eine
       gigantische Mure Tausende von Tonnen smaragdführendes Gestein ins Tal
       beförderte, finden Hobbyschürfer – die Ausrüstung verleiht der Gasthof
       Alpenrose stundenweise an Touristen – hier funkelnde Edelsteinsplitter im
       Bach und Fels. Gänzlich ungefährlich sei das Ganze nicht, warnt Göllner,
       immer wieder gebe es Steinschläge oder rutsche Gestein den Abhang hinunter.
       Und „reich wird man von der Plackerei natürlich auch nicht“. Aber einen
       Mordsspaß mache es schon.
       
       Zurück auf dem Tauernradweg verläuft die Straße nach Zell am See. „Vor
       Corona ein beliebtes Ziel von Touristen aus dem Nahen Osten“, wie Michael
       Wildauer weiß. Vor allem im Sommer flanierten viele Araber entlang der
       Seepromenade mit dem Grand Hotel aus der Belle Epoque oder bummelten durch
       die historische Altstadt, wo Designerläden auf die kauffreudige Kundschaft
       warten, so der 55-Jährige, der während der Sommersaison in einem Hotel
       arbeitet.
       
       Am See teilt sich der Tauernradweg. Entweder man fährt die Salzach weiter
       Richtung Salzburg: Auf dieser Strecke warten unter anderem die mit 42
       Kilometer Länge [2][größte erschlossene Eishöhle der Welt] bei Werfen und
       die erzbischöfliche Wehrburg Hohenwerfen. Schöner vielleicht: die Route
       durch das von schneebedeckten Berggipfeln umschlossene Saalachtal in die
       Mozartstadt. Sie führt vorbei an drei von Wasser geschaffenen
       Naturschauspielen der Extraklasse – Lamprechtshöhle, Seisenbergklamm und
       Vorderkaserklamm.
       
       Die spektakulärste dieser drei Naturgewalten ist wohl die Vorderkaserklamm.
       „Auf einer Strecke von 400 Metern hat sich der Ödenbach in Tausenden von
       Jahren 80 Meter tief in den Kalkstein gefressen“, erzählt Manfred Ebser.
       Und auch heute noch wachse die Klamm jedes Jahr um sechs Millimeter, so der
       Gastwirt der Jausenstation am Eingang zur Schlucht.
       
       Die nächste Etappe bis Salzburg führt zunächst parallel zum Saalachufer ins
       kleine deutsche Eck, von wo man über einen beschatten Waldweg entlang am
       Saalachstausee schließlich den Kurort Bad Reichenhall erreicht. Von dort
       rollen die Räder durch die Saalachauen bis zur renaturierten Mündung der
       Saalach im Norden der Stadt Salzburg.
       
       Die Mozartstadt mit ihren rund 1.000 historisch schützenswerten Objekten,
       den unzähligen Kirchen, Schlössern, Museen und Palästen lohnt einen
       mehrtägigen Aufenthalt. Hier verlässt der Tauernradweg auch die Bergwelt
       der Alpen. Wer will, fährt zurück zum Ausgangspunkt Krimml und wählt dabei
       die jeweils andere Strecke entlang der Salzach oder der Saalach. Doch
       Vorsicht: Zurück geht es bergauf! Wem das zu mühsam ist, kann die 125
       Kilometer nach Passau radeln, durch ausgedehnte Auenwälder am Inn entlang
       und bis auf eine Steigung bei Burghausen stets bergab.
       
       12 Jul 2020
       
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