# taz.de -- Freizeitparks in Corona-Krise: Die Leichtigkeit ist dahin
       
       > Freizeitparks wollen ihre Kunden aus dem Alltag entführen – in der
       > Coronakrise ein schwieriges Unterfangen, wie ein Besuch im Phantasialand
       > zeigt.
       
 (IMG) Bild: Erst Achterbahn, dann Hände desinfizieren: Phantasialand
       
       BRÜHL taz | Eigentlich wirkt alles wie immer. Die Märchenmusik. Der Duft
       frischer Pommes. Das Kreischen der Achterbahn-Fahrgäste, die in ihre Sitze
       gepresst werden – in diesem Fall mit flatternder Schutzmaske. Ein Tag im
       Freizeitpark, das ist immer auch eine [1][Flucht vor der Realität], ein
       Ausflug in eine Welt aus Adrenalin, Zuckerwatte und heiser gekreischten
       Stimmbändern. Doch ist solche Sorglosigkeit auch während einer Pandemie
       möglich?
       
       Ortsbesuch in Brühl bei Köln. Wie die meisten deutschen Freizeitparks hat
       das „Phantasialand“ inzwischen wieder geöffnet. „Fröhlich und sicher“ sei
       das Erlebnis, versichern die Betreiber in einer Pressemitteilung, die zur
       Wiedereröffnung am 29. Mai veröffentlicht wurde. Die Begriffe [2][„Corona“]
       oder „Covid-19“ tauchen in dem Dokument nicht auf; stattdessen ist von
       „gezielten Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit“ die Rede: begrenzte
       Besucherzahl, Mindestabstände, Maskenpflicht in bestimmten Bereichen.
       
       Es ist Montagvormittag, 10.40 Uhr. Obwohl der Park seit 40 Minuten geöffnet
       hat, hält sich der Andrang in Grenzen. Die meisten Autos scheinen aus der
       näheren Umgebung zu kommen, einige wenige Nummernschilder aus Belgien und
       den Niederlanden sind ebenfalls zu sehen. Die meisten Besucherinnen und
       Besucher brauchen ein paar Minuten, bis sie alles zusammengepackt haben:
       Rucksack, Trinkflasche, Sonnencreme – und natürlich eine Maske. Oder besser
       gleich zwei. Wenn der Mund-Nase-Schutz nass wird, verliert er seine
       Wirkung. Wer dann keinen Ersatz dabei hat, muss im Park einen neuen kaufen.
       
       Warteschlangen an den Verkaufshäuschen gibt es nicht, weil Eintrittskarten
       derzeit nur online verkauft werden. Ticket scannen, Hände desinfizieren,
       los geht’s! Was sofort auffällt: Der Park ist leerer als sonst. Im
       chinesischen Themenbereich wischt ein Mitarbeiter den Staub von den
       Lampions, auf dem Herren-WC erzählt die Putzfrau, sie könne endlich mal
       gründlich die Fliesen abwaschen – ist ja kaum jemand da.
       
       ## Leichtes Unbehagen bleibt
       
       Je näher man den Attraktionen kommt, desto voller wird es. Die meisten
       tragen ihre Maske in der Hand oder ziehen sie unters Kinn, was laut
       Hygiene-Konzept auch okay ist. Verpflichtend ist die Maske nur in den
       Warteschlangen, während der Fahrt sowie in einigen anderen Bereichen, etwa
       Ein- und Ausgängen, Toiletten und geschlossenen Räumen. Leichtes Unbehagen
       bleibt trotzdem. Hoffentlich ist der Typ, der auf der Fußgängerbrücke so
       herzlich lacht, kein Superspreader!
       
       Die erste Bewährungsprobe kommt bei „Taron“. So heißt eine der beliebtesten
       Achterbahnen im Phantasialand. Nur 35 Minuten beträgt die Wartezeit, wie
       eine Anzeigetafel verrät. „Beim letzten Mal standen wir hier anderthalb
       Stunden“, erzählt eine Besucherin, die mit ihren Freunden unterwegs ist.
       
       „Liebe Gäste, Sie sind mit Abstand unsere besten Gäste“, schallt es aus dem
       Lautsprecher. Gemeint ist der Mindestabstand von 1,5 Metern, den die
       Wartenden einhalten sollen. Ein frommer Wunsch, denn trotz der Durchsagen
       und zahlreicher Bodenmarkierungen stehen manche dicht gedrängt. Gehören sie
       zu einer Gruppe? Oder haben sie den Sicherheitsabstand einfach vergessen?
       Für Außenstehende lässt sich das kaum nachvollziehen.
       
       Dafür wird die Maskenpflicht sehr ernst genommen. Nur ganz vereinzelt
       nehmen einige ihre Maske ab: zum Trinken, zum Telefonieren, oder um kurz an
       der E-Zigarette zu ziehen. So diszipliniert es zugeht, so offensichtlich
       wird an dieser Stelle, dass sich etwas verändert hat. Die Leichtigkeit
       früherer Besuche ist dahin. Dementsprechend verhalten zeigt sich die
       Stimmung in der Warteschlange. Leise Gespräche, ein paar Selfies, hier und
       da ein Lacher. Euphorie sieht anders aus.
       
       ## Verluste von 100 Millionen Euro
       
       Eine halbe Stunde vergeht, dann steigt die Spannung. Die Bügel der
       Achterbahn schließen sich, die Beine baumeln und – los! „Taron“ startet wie
       eine Rakete, rast um die Kurven, windet sich wie eine übergeschnappte
       Schlange. „Meine Maske!“, ruft eine junge Frau und greift sich panisch ins
       Gesicht. Doch das Teil hält, erstaunlicherweise.
       
       Ehe man sich versieht, ist der Spaß auch schon wieder vorbei. Vollbremsung,
       Herzrasen, Schnappatmung unter dem engen Mund-Nase-Schutz. Der erste
       Gedanke: Schnell die Hände desinfizieren! Man weiß ja nie, wer die Griffe
       zuvor angefasst hat. Zum Glück stehen überall auf dem Gelände entsprechende
       Spender bereit.
       
       Das Phantasialand ist nicht der einzige Freizeitpark, der sich am Spagat
       zwischen Sicherheit und Normalität versucht. Deutschlands größter
       Freizeitpark, der „Europa-Park“ in Baden-Württemberg, spricht von Verlusten
       im Wert von 100 Millionen Euro, die durch die Corona-Krise angefallen
       seien. Trotzdem lässt der Park aus Gründen des Gesundheitsschutzes momentan
       nur maximal 15.000 Besucher in den Park (behördlich erlaubt wären doppelt
       so viele). Zum Vergleich: An guten Tagen kommen normalerweise bis zu 60.000
       zahlende Kunden.
       
       Die Einbußen durch fehlende Besucher dürften mit dazu beitragen, dass viele
       Freizeitparks trotz der aktuellen Einschränkungen ihre Eintrittspreise kaum
       oder gar nicht reduzieren. Im Europa-Park kostet eine reguläre
       Erwachsenenkarte 55 Euro, im Phantasialand je nach Wochentag zwischen 38,50
       Euro und 52,50 Euro. Plus Parken.
       
       Zum Abschluss ein Abstecher in die Gastronomie. Hinter einer Glasscheibe
       klatscht ein Mitarbeiter vegetarische Bratnudeln in eine Schachtel. Der
       Preis ist happig, der Geschmack pappig. Nachwürzen kann man leider nicht,
       vielleicht auch dies eine Corona-Maßnahme.
       
       Das Fazit nach einem Tag im Phantasialand? Natürlich ist es anders als
       früher. Allein schon die omnipräsenten Abstandsmarkierungen und
       Desinfektionsspender. Wer all das ausblenden kann und die gebotenen
       Hygiene-Regeln in Kauf nimmt, kann aber trotzdem Spaß haben. Die
       Fahrgeschäfte sind dieselben, die vertraute Märchenmusik beruhigt und die
       Wildwasserbahn bringt eine willkommene Erfrischung – vorausgesetzt, man hat
       eine Ersatz-Maske dabei.
       
       20 Jul 2020
       
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