# taz.de -- Karstadt macht Shoppen schwer: Bummeln mit Kaufhausdetektiven
       
       > Karstadt am Hermannplatz schreibt schwarze Zahlen, hieß es noch kürzlich.
       > Doch großen Wert scheint man darauf nicht zu legen.
       
 (IMG) Bild: Wo sonst soll man mal eben Nähgarn oder einen Reißverschluss kaufen, wenn nicht im Kaufhaus?
       
       Es fing alles damit an, dass ich es irgendwann nicht mehr schaffte, meine
       ab und an aufflackerndern Kleiderkaufgelüste bei Karstadt am Hermannplatz
       zu befriedigen. Das ist so ein gutes Jahr her, die Abriss- und Neubaupläne
       für das traditionsreiche Warenhaus am Hermannplatz waren gerade öffentlich
       bekannt und vom Kreuzberger Baustadtrat abgelehnt worden.
       
       „Was ist das neuerdings alles so schrecklich klein geblümt kitschig hier?“,
       hatte ich die Verkäuferinnen in der Modeabteilung gefragt, die sich
       daraufhin wissende Blicke zuwarfen und mich geradezu drängten, doch bitte
       einen Beschwerdezettel auszufüllen: Auch sie wussten spürbar nicht mehr,
       wie sie das unter die Leute bringen sollten, was da plötzlich an den
       Kleiderstangen hing und aussah, als sei es aus dem Lager des kleinen
       Damenmodegeschäfts auf der anderen Seite des Hermannplatzes aufgekauft
       worden.
       
       Karstadt am Hermannplatz sei einer der wenigen Standorte der
       Warenhauskette, der noch schwarze Zahlen schreibe, hatte ich kurz zuvor
       gelesen. Dem war ganz offenbar der Kampf angesagt worden.
       
       Denn so ging es weiter. Kaufhäuser laufen nicht mehr? Aber wo soll man
       sonst mal eben einen Korkenzieher, eine Zitronenpresse, einen
       Reißverschluss kaufen? „Bei Woolworth!“, lautete der Rat eines
       Karstadt-Verkäufers, als ich mich darüber mokierte, dass es Zitronenpressen
       in seinem Haus zwar gab, aber nur von Designern ab 17 Euro aufwärts, aus
       gebürstetem Edelstahl.
       
       Woolworth, 200 Meter weiter: Hier kostet die Zitronenpresse aus buntem
       Plastik 1,70 Euro und hält wohl höchstens zwei Jahre – immerhin bekomme ich
       also 10 Stück davon, bis ich bei dem Preis des Karstadt-Luxusprodukts
       angelangt bin – sooo durchgentrifiziert sind wir hier am Hermannplatz ja
       nun doch noch nicht, Karstadt!
       
       Und das waren dann, wie ich wenig später feststellen musste, auch die
       letzten Begegnungen mit Verkäufer*innen auf der Karstadt-Fläche gewesen.
       Sie waren spätestens nach den Lockerungen des Corona-Shutdowns im Frühjahr
       nahezu komplett verschwunden und durch Kaufhausdetektive ersetzt worden.
       
       In der Kurzwarenabteilung gab ich nach einer guten halben Stunde die Suche
       nach einer Verkäuferin, die mir Stoff von der Rolle hätte schneiden müssen,
       auf. Auf meinem Weg zur Kasse, mit einer Spule Nähgarn in der Hand, folgten
       mir dann wachsamen Blicks gleich zwei Kaufhausdetektive.
       
       Ich jedenfalls glaube seither fest an die These [1][meines Kollegen Jonas
       Wahmkow, der kürzlich schrieb], dass der Karstadt-Eigner an Warenhäusern
       (und deren Beschäftigten, muss man wohl ergänzen) nicht interessiert sei.
       Nur an den Immobilien, in denen sich diese befinden.
       
       6 Aug 2020
       
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