# taz.de -- Die Linkspartei sucht neue Vorsitzende: Wer folgt Kipping und Riexinger?
       
       > Eine weibliche Doppelspitze – oder doch lieber ein gemischtes Doppel? In
       > der Linken bringen sich mögliche Kandidat:innen für den Vorsitz in
       > Stellung.
       
 (IMG) Bild: Auch bei der Linken möglich: zwei Frauen als Chefinnen – Janine Wissler und Susanne Hennig-Wellsow
       
       BERLIN taz | Es war einer der letzten gemeinsamen Auftritte der beiden
       Linkspartei-Vorsitzenden [1][Bernd Riexinger] und [2][Katja Kipping]. Beide
       hatten am Wochenende ihren Rückzug bekannt gegeben. Am Montag traten sie in
       der Parteizentrale noch einmal zu zweit vor die Kameras. Zur spannendsten
       Frage, wer ihnen nachfolgt, mochten sie sich nicht äußern. Nur so viel
       wünschte sich Riexinger: Die Nachfolger bräuchten eine hohe Fähigkeit zum
       Integrieren.
       
       Abseits der Scheinwerfer wird längst fleißig sondiert und taktiert. Die
       neue Doppelspitze – dass es ein Duo wird steht zumindest fest –, die auf
       dem geplanten Parteitag Ende Oktober gewählt wird, muss nicht nur die
       Partei einen, sie wird auch das Erscheinungsbild nach außen prägen und den
       Ton zur Bundestagswahl setzen. Wie stellt sich die Linke auf: Als moderat
       radikale Mitregierungspartei [3][oder als radikale Kritikerin der
       Regierenden?]
       
       Es ist kein Geheimnis, dass sich Kipping, die in den letzten Monaten immer
       energischer die historische Möglichkeit eines Mitte-links-Bündnisses
       betonte, eine Nachlassverwalter:in wünscht, die das rot-rot-grüne Projekt
       zum Erfolg führt.
       
       Eine solche Kandidatin wäre die Thüringer Linken-Chefin Susanne
       Hennig-Wellsow. Die linke Pragmatikerin hat [4][ein solches Dreierbündnis
       in Erfurt bereits zweimal eingefädelt] und [5][managt es zurzeit sogar mit
       Duldung der CDU]. Ein weiteres Plus: Als einzige der potenziellen
       Kandidat:innen haben sie und ihr Landesverband Regierungserfahrung.
       
       ## Viele Gespräche – wenig Konkretes
       
       Wie alle anderen Bewerber:innen in spe hält sich Hennig-Wellsow aber noch
       bedeckt. Sie gibt lediglich preis, sie führe Gespräche. Im Übrigen habe sie
       in Thüringen genug zu tun – diese Woche stehen wieder Haushaltsberatungen
       an. Tja, der Regierungsstress.
       
       Zwischendurch macht Hennig-Wellsow aber auch mal Abstecher zu ihren
       Kolleg:innen. Die Runde der ostdeutschen Landesvorsitzenden traf sich am
       vergangenen Montag und wird auch Ende dieser Woche noch einmal
       zusammenkommen. Der Eindruck aus Teilnehmerkreisen: „Sie will es.“
       
       Als aussichtsreiche Co-Vorsitzende wird [6][Janine Wissler aus Hessen]
       genannt. Die beiden Frauen könnten die erste weibliche Doppelspitze in der
       Geschichte der Linkspartei bilden und dabei alle Anforderungen der schwer
       auf Proporz bedachten Partei erfüllen: Ost und West, linker Flügel und
       Reformer. Wissler und Hennig-Wellsow verbindet nicht nur ihre derzeitige
       Stellung als Fraktionsvorsitzende in einem Landtag. Sie haben auch an einem
       Strang gezogen, als die Linke sich parteiintern in der Migrationsdebatte
       aufrieb.
       
       Sie setzen jedoch ganz unterschiedliche Akzente: So betonte Hennig-Wellsow
       [7][auf der Strategiekonferenz im März], die Linke müsse Verantwortung
       übernehmen. Wissler hingegen erntete auf der gleichen Veranstaltung
       Beifallsstürme als sie rief: „Es rettet uns kein höheres Wesen und auch
       kein linker Minister.“
       
       ## Der Realo und die Trotzkistin
       
       Auch Wissler gibt bislang keinen Mucks von sich, soll aber viele Gespräche
       führen. Unter anderem mit Jan Korte. Der Parlamentarische Geschäftsführer
       der Bundestagsfraktion hatte bislang kein Interesse an dem
       nervenaufreibenden Posten des Parteichefs, obwohl er in den Augen vieler
       das Zeug dazu hätte. Er ist redegewandt mit Hau-drauf-Qualitäten und denkt
       strategisch. Der Realo Korte und die Trotzkistin Wissler hatten Anfang 2019
       auch schon mal ein gemeinsames Strategiepapier verfasst. Titel: „Die Kämpfe
       verbinden.“
       
       Auf Nachfrage der taz äußert sich Korte nicht. Genauso wenig wie Matthias
       Höhn. Der Ostbeauftragte der Bundestagsfraktion wird ebenfalls als
       potenzieller Parteivorsitzender genannt, wenn auch unter Vorbehalt. Sollte
       Höhn nämlich Parteichef werden, könnte Korte im schlimmsten Fall sein
       Bundestagsmandat verlieren. Denn beide kommen aus dem Landesverband
       Sachsen-Anhalt und ob von dort wieder sechs Leute über die Liste in den
       Bundestag einziehen, ist fraglich.
       
       Ein möglicher Anwärter auf einen Spitzenposten ist auch Ali Al Dailami. Der
       Mitarbeiter der Fraktionsvorsitzenden Amira Mohamed Ali genießt nicht nur
       deren Rückhalt, sondern auch das Vertrauen des Kreises um Sahra
       Wagenknecht. Als weiterer Kandidat aus dem linken Lager fällt auch immer
       wieder der Name von [8][Fabio De Masi. Der Finanzexperte der Fraktion]
       treibt derzeit die Bundesregierung im Fall Wirecard vor sich her und ist
       regelmäßig in den Medien. Ob er sich auch das Amt des Parteivorsitzenden
       zutraut? „Ich habe ein gesundes Selbstvertrauen. Aber Lust wäre etwas
       übertrieben“, antwortet De Masi.
       
       Die Fraktion der Linken trifft sich in dieser Woche zur Klausur, eine gute
       Gelegenheit für Gespräche aller Art. Sie rechne damit, dass es bald ganz
       offizielle Kandidaturen gebe, sagte Kipping am Montag. Sie wird es ja
       wissen.
       
       31 Aug 2020
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anna Lehmann
       
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