# taz.de -- Carsharing-Angebot Switch: Privatwagen sollen Platz machen
       
       > Die Hamburger Hochbahn will ihr Carsharing-Angebot ausbauen. Eine Umfrage
       > zeigt, dass viele Nutzer*innen bereit wären, das eigene Auto
       > abzuschaffen.
       
 (IMG) Bild: Zugeparkt: Wohnstraße in Hamburg
       
       HAMBURG taz | In vielen Hamburger Wohnvierteln spielt sich allabendlich
       eine Art motorisierte Reise nach Jerusalem ab – die Parkplatzsuche. Die
       privaten Autos werden mehr, die Parkplätze weniger, auch weil das politisch
       gewollt ist. Abhilfe könnte Carsharing schaffen. Doch vielen potenziellen
       Nutzer*innen ist die Aussicht zu ungewiss, irgendwo in der Nachbarschaft
       vielleicht ein Auto zu finden. Deshalb bietet die Hochbahn mittlerweile an
       74 Punkten in Hamburg feste Parkplätze für Sharing-Autos an, sogenannte
       Switch-Punkte.
       
       Nutzer*innen können über die Switch-App die Autos verschiedener
       Sharing-Anbieter buchen und diese an den reservierten Plätzen abholen und
       abstellen. Bisher sind allerdings nur zwei Anbieter im Boot – Share Now und
       Cambio. 17 der Punkte befinden sich unmittelbar an U- oder
       S-Bahn-Haltestellen. Die 57 weiteren liegen in Wohnquartieren und – bis auf
       eine Ausnahme in Harburg – bisher nur im Innenstadtgebiet.
       
       Die TU Hamburg hat nun eine Umfrage zu ihrer Akzeptanz gemacht. Das
       Ergebnis: Je näher solche Punkte liegen, desto eher nutzen die
       Hamburger*innen dieses Angebot – und überlegen sogar, das eigene Auto
       abzuschaffen. 3.000 Menschen, 200 davon bereits regelmäßige
       Switch-Nutzer*innen, wurden gefragt, ob sie ein Auto besitzen oder darüber
       nachdenken, ihr Auto abzuschaffen. 57 Prozent derer, die öfters Switch
       nutzen, besaßen kein Auto, 19 Prozent hatten ihr Auto in den vergangenen
       zwei Jahren abgeschafft. Bei den Nicht-Nutzer*innen liegt der Anteil der
       Autolosen bei 45 Prozent.
       
       Genauso viele von ihnen können sich vorstellen, künftig auf das Auto zu
       verzichten. Bei den Switch-Nutzer*innen sind es sogar 67 Prozent. Besonders
       gern nutzen die Befragten das Angebot, wenn es innerhalb von 200 Metern zu
       erreichen ist. Bei 400 Metern Entfernung nimmt das Interesse bereits ab.
       
       Ziel der Hochbahn sei es, die Punkte weiter auszubauen, sagt die
       Pressesprecherin Constanze Dinse. Für dieses Jahr sind noch sechs weitere
       Punkte geplant, im nächsten bisher drei – alle im Innenstadtgebiet. Man
       richte sich dabei vor allem nach den Carsharern. Das Angebot werde also
       dort ausgebaut, wo es besonders gefragt sei, sagt Dinse. Es habe keinen
       Sinn, Punkte anzubieten, wo die Carsharer noch nicht vertreten seien. Dass
       alle Bürger*innen eines Tages einen Punkt in 200 Metern Nähe haben, sei
       dabei nicht das Ziel: „Wir wollen einfach, dass sich alle Angebote vor Ort
       gut ergänzen.“
       
       Obwohl für die Switch-Parkplätze welche für private Nutzer*innen wegfallen,
       gebe es kaum Probleme mit Anwohner*innen, sagt Dinse. „Wir diskutieren
       immer mit der Bezirksversammlung, wo die reservierten Stellplätze hin
       sollen.“ Dabei würden auch Anwohner*innen befragt. Nur an wenigen der 74
       Standorte habe es größere Diskussionen gegeben. Auch die Umfrage zeigt,
       dass nur 28 Prozent der Autobesitzer*innen gegen die Umwidmung von
       Stellplätzen sind.
       
       Der Verkehrsclub Deutschland e. V. (VCD) hält das Konzept mit den
       reservierten Parkplätzen grundsätzlich für richtig. Sprecher Michael
       Müller-Görnert hält es aber für wichtiger, solche Angebote in Randbezirken
       zu schaffen, wo die Anbindung schlechter ist: „In der Innenstadt braucht
       man gar kein Auto, da reichen meistens das Fahrrad und der öffentliche
       Nahverkehr.“ Den Switch-Ansatz begrüßt er trotzdem, er müsse bloß weiter
       ausgebaut werden. Es sollten nicht nur zwei Anbieter in der App sein,
       sondern alle. Auch die Zahlungsweise sollte nicht auf Paypal beschränkt
       sein.
       
       Heike Sudmann von der Linken-Fraktion ist von den Switch-Punkten in der
       Innenstadt gar nicht überzeugt. „Von den dortigen Bahnhöfen lassen sich
       problemlos mit dem Bus oder mit dem Stadtrad Ziele in der inneren Stadt
       erreichen.“ Die Mobilitätswende müsse andersherum verlaufen: Vom Auto
       sollten die Bürger*innen auf Fuß, Bus, Rad und Bahn umsteigen.
       
       Dinse erklärt, eine U-Bahn sei im Alltag sicher praktisch: „Aber für einen
       Ikea-Besuch möchte man dann vielleicht doch das Sharing-Auto nehmen.“
       
       11 Sep 2020
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Regina Seibel
       
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