# taz.de -- Kabarettist Herbert Feuerstein ist tot: Deutschland verliert an Witz
       
       > Der Kabarettist Herbert Feuerstein ist im Alter von 83 Jahren gestorben.
       > An der Seite von Harald Schmidt schrieb er deutsche Comedy-Geschichte.
       
 (IMG) Bild: „Humor ist dann Humor, wenn irgendjemand darüber lacht“, so Feuerstein im „Galore“-Interview 2007
       
       KÖLN taz/dpa/afp | „Auch Behinderte haben ein Recht darauf, verarscht zu
       werden.“ Mit diesem Satz wird Herbert Feuerstein bis heute immer mal wieder
       von Aktivist*innen zitiert, die sich eine Abkehr von einer verkrampften
       Behandlung aufgrund ihrer Behinderung wünschen.
       
       Am Dienstag, 6. Oktober, ist der Kabarettist, Musiker und Journalist
       Herbert Feuerstein im Alter von 83 Jahren in Erftstadt in
       Nordrhein-Westfalen gestorben. Bevor er in der Sendung „Schmidteinander“ an
       der Seite von Harald Schmidt berühmt wurde, arbeitete er zunächst als
       Journalist.
       
       Geboren wurde Herbert Feuerstein am 15. Juni 1937 im österreichischen Zell
       am See. Nach dem Abitur begann er ein Musikstudium am Salzburger Mozarteum,
       das er jedoch nie abschloss.
       
       Nachdem er aus dem Salzburger Mozarteum geflogen war, weil er die
       Komposition des damaligen Präsidenten der Festspiele verriss, ging er in
       die USA. Er arbeitete dort neun Jahre lang für die deutschsprachige New
       Yorker Staats-Zeitung.
       
       1969 kehrte Feuerstein zurück nach Deutschland und war ab 1972 20 Jahre
       lang der Chefredakteur der [1][deutschen Ausgabe des Satiremagazins „MAD“.
       Er prägte die zentralen Figur Alfred E. Neumann]. „Ich bin ein
       ‚vaterlandsloser Geselle‘, der sich schon seit jungen Jahren nicht dem Land
       zugehörig fühlt, in dem er zufällig geboren wurde, sondern der ganzen
       Welt“, sagte Feuerstein einmal in einem Interview mit der Welt.
       
       ## Mitbegründer deutscher Late-Night-Show
       
       Größere Bekanntheit erlangte Feuerstein dann in den achtziger Jahren durch
       seine TV-Auftritte. Ab 1990 war er in der Ratesendung „Psst“ zu sehen. An
       der Seite von Harald Schmidt bekam er erstmals Kultstatus durch die
       Co-Moderation und als Chefautor von der Sendung „Schmidteinander“, die zum
       ersten Mal am 16. Dezember 1990 im Dritten Programm des WDRs lief.
       Feuerstein gilt dadurch als Mitbegründer der deutschen Late-Night-Show. In
       der Sendung ließ er sich viel von Harald Schmidt verarschen und wurde dabei
       schnell zum Publikumsliebling.
       
       1997 schrieb Herbert Feuerstein Fernsehgeschichte, als er beim WDR zwölf
       Stunden am Stück die Live-Sendung „Feuersteins Nacht“ moderierte. Im
       Vorfeld der Sendung sagte Feuerstein in der „Harald Schmidt Show“ im
       September 1997: „Ob du jetzt zwölf Stunden einzeln machst, verteilt über
       mehrere Wochen oder zwölf hintereinander, ist ja egal. Ich hab mir
       ausgerechnet: Ich bin jetzt 60 Jahre alt und habe 43.800 Mal
       12-Stunden-Perioden hinter mich gebracht. Da kommt es doch auf eine mehr
       auch nicht an.“ 1998 gab es eine weitere zwölfstündige Auflage von
       „Feuersteins Nacht“.
       
       Harald Schmidt sagte zum Tod Feuersteins gegenüber dem WDR: „Feuerstein war
       ein Genie – das hat er mir selbst gesagt, und ich habe es ihm bestätigt.“
       Er hätte ihm während der gemeinsamen Takshow-Zeit befohlen „zuerst zu
       sterben – jetzt ist es anders gekommen.“
       
       Feuerstein hatte neben seinen eigenen Programmen auch Auftritte in
       zahlreichen TV-Filmen- und Kinoproduktionen, darunter 2001 in „Der Schuh
       des Manitu“ von Michael „Bully“ Herbig und in „Vollidiot“ von Tobi Baumann.
       
       ## „zukünftige legende herbert feuerstein“
       
       Der WDR-Intendant Tom Buhrow würdigte Feuersteins klugen Humor und seine
       herrliche Albernheit, mit der er für viele unterhaltsame Fernseh- und
       Hörfunkstunden gesorgt habe, und sagte: „Wir bedanken uns bei Herbert
       Feuerstein nicht nur für ‚Schmidteinander‘, eine Kult-Show, die
       Fernsehgeschichte geschrieben hat und vieles geändert hat. So oft hat er
       uns [2][zum Lachen gebracht]. Heute sind wir traurig“, so Buhrow.
       
       „Mails hat er immer unterschrieben mit: ‚zukünftige legende herbert
       feuerstein‘. Recht hatte er!“, erinnert auch der Moderator und Comedian
       Klaas Heufer-Umlauf auf seinem Instagram-Account an den Komiker.
       
       Von 2003 bis 2011 war Feuerstein häufig als Teil des Rateteams bei der
       Sat.1-Serie „Genial Daneben“ zu sehen und überzeugte auch da mit seinem
       trockenen Humor. In TV-Produktionen wirkte er zuletzt 2013 mit. Während
       seiner langen Karriere erhielt der Komiker etliche renommierte
       Auszeichnungen, darunter den Bambi, den Grimme-Preis sowie den Deutschen
       Comedypreis.
       
       2014 erschien unter dem Titel „Die neun Leben des Herrn F.“ seine
       Autobiografie, die seine Lebensstationen natürlich abermals humorvoll
       aufführt: „In Salzburg versucht Herbert Feuerstein aufzuwachsen, wird aber
       nur 1,65“, heißt etwa das erste Kapitel des Buches. Gags über seine Größe
       waren ständiger Begleiter des Komikers. Heute wird Abschied von einem
       Kleinen Großen genommen, heißt es daher auch in vielen Erinnerungen.
       
       Herbert Feuerstein lebte zuletzt mit seiner Frau, der Redakteurin Grit
       Bergmann, in Erftstadt in der Nähe von Köln und hatte sich in den
       vergangenen Jahren aus der Öffentlichkeit weitesgehend zurückgezogen.
       
       ## Herbert Feuerstein verfasste seinen eigenen Nachruf
       
       Auf Nachrufe auf seine Person hat sich Feuerstein zu Lebzeiten nicht
       verlassen. Vor über fünf Jahren, am 15. Januar 2015, produzierte er daher
       mit Michael Lohse und dem WDR einen [3][knapp zweistündigen Nachruf] auf
       sich selbst. Dieser, so seine Bedingung, solle erst nach seinem Tod
       veröffentlicht werden. Und so hört man Feuerstein am Tag nach seinem
       Todestag noch mal lachen und lässt sich von ihm ein letztes Mal unterhalten
       – mit Erinnerungen an ein bewegtes Leben und viel Musik. Vorgetragen werden
       die Geschichten aus seinem Leben von verschiedenen WDR-Sprechern – aus
       Rücksichtsnahme, wie Feuerstein eingangs sagt, schließlich wolle er den
       Zuhörern nicht zumuten, zwei Stunden nur eine einzige Stimme zu ertragen.
       „Zu gerne hätte ich das Sendedatum gewusst“, murmelt Feuerstein am Schluss.
       „Na ja, vielleicht auch lieber nicht.“
       
       7 Oct 2020
       
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