# taz.de -- Wenn Pärchen nerven: Ich und meine Spinatpizza
       
       > Parship ist nicht unbedingt für gute Werbung bekannt. Warum ärgert es
       > trotzdem, wenn Singles niedergemacht werden?
       
 (IMG) Bild: Schmeckt eine Mahlzeit denn wirklich besser zu zweit?
       
       Neulich auf dem Weg ins Büro saß ich gedankenverloren in der Tram und hörte
       so eine Spotify Classic Work Focus Playlist, um mich schon mal auf den
       Arbeitstag einzustimmen und mich gleichzeitig extrem erwachsen zu fühlen;
       und weil ich mir ehrlicherweise langsam eingestehen muss, dass es einen
       weniger traumatischen Start in den Tag bedeutet als die Hardcore Beast
       Mode Playlist, die ich wochenlang zuvor jeden Tag gepumpt hatte.
       
       Ich habe mich schon selbst durchschaut: Da ich keinen Sport mache,
       kompensiere ich das mit krass aggressiven Workout-Playlists, die meinen
       Puls und Bluthochdruck so sehr in Wallung bringen, wie das sonst nur eine
       Stunde Cardio [1][oder Hiit zustande bringt]. Ihr merkt, ich hab absolut
       keine Ahnung, wovon ich spreche. Ich hatte mich also gegen Beastmode-Puls
       und für Classic-Chill entschieden und schaute aus dem Fenster und kam mir
       vor wie eine Heldin in einer [2][Rom-Com]. So weit also ein ganz normaler
       Dienstagmorgen. Plötzlich wurde ich von einer Parship-Werbung aus meinen
       „Emily-in-Paris-nur-in-besser-Tagträumen“ herausgerissen:
       
       „Single ist Tütensuppe.
       
       Liebe ist Candle-Light-Dinner.“
       
       Auf rotem Grund prangte dieses „gut und günstig“-Haiku vor: groß, weiß und
       anklagend. Gut, Parship ist jetzt nicht für extrem gute Werbung bekannt.
       Die 11-Minuten-Kampagne eben derselben Firma hat uns – wenn wir ehrlich
       sind – bis auf cringe Boomer Memes auf FB („Hab nun Parship Profile für all
       meine Socken erstellt, die als Single aus der Waschmaschine kamen. Bin
       gespannt.“) nicht viel gegeben.
       
       ## Pärchen gehen in die Pilze
       
       Warum muss man uns Singles, unsere Tütensuppen, Fertigpizzen und Tinder
       Dates so aufs Korn nehmen? Klar, es ist spannend(er), Menschen in zwei
       Lager zu spalten. Auf der einen Seite: die glücklich vergebenen, die
       Candle-Light-Dinner machen und in Brandenburg Pilze sammeln. Und auf der
       anderen Seite: Wir, die mit unseren Pflanzen und Staubsaugerrobotern
       sprechen und Fertiggerichte zu uns nehmen und sonst weitestgehend alle in
       Ruhe lassen. Ich weiß schon, wer mir sympathischer ist.
       
       Oh nein, jetzt mache ich das auch. Spalten. Aber Spalten macht auch Spaß,
       und irgendwie hat doch auch diese Werbung angefangen. Warum braucht es denn
       diese Gegenüberstellung, um das andere schmackhaft zu machen? Wer Bock auf
       Candle-Light-Dinner hat, hat auch so Bock auf Candle-Light-Dinner. Dafür
       braucht es diesen Tütensuppen-Kontrast nicht, um sich besser zu fühlen.
       Oder doch?
       
       Ich musste mir eingestehen, dass ich das auch oft mache. Mich mit anderen
       vergleichen und mir ständig den Stress einer Beziehung als Gegenprogramm
       zum entspannten und selbstbestimmten Single-Dasein vor Augen zu führen.
       Aber fühle ich mich besser? Schmeckt meine Spinat-Tiefkühlpizza wirklich
       besser, weil ich sie nachts um vier Uhr esse, wohl wissend, dass ich morgen
       früh ausschlafen kann und mit niemandem spazieren gehen muss? Die Antwort
       ist Ja.
       
       20 Oct 2020
       
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 (DIR) [2] https://de.wikipedia.org/wiki/Romantische_Kom%C3%B6die
       
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