# taz.de -- Wirtschaftspolitik in der US-Wahl: Scherbenhaufen oder Minideal?
       
       > Der unklare US-Wahlausgang verunsichert die deutsche Wirtschaft. Aber
       > auch mit Biden als Präsident dürfte sich in der Handelspolitik wenig
       > ändern.
       
 (IMG) Bild: Die Frankfurter Börse am Mittwoch: Die deutsche Wirtschaft ist verunsichert
       
       HAMBURG taz | Der [1][erwartete Erdrutschsieg der Demokraten] bei den
       US-Präsidentschaftswahlen ist nicht eingetreten. Einen Neuanfang in der
       Wirtschaftspolitik wird es in den Vereinigten Staaten also eventuell nicht
       geben. „Was große Teile der US-Wirtschaft und Anleger kurzfristig freuen
       dürfte“, erklärte eine Sprecherin von DWS, dem Vermögensverwalter der
       Deutschen Bank, am Mittwoch in Frankfurt. Doch: Auch bei einem Sieg Joe
       Bidens war keine grundlegende Kurswende erwartet worden.
       
       Gleich nach Beginn der Amtszeit von Präsident Donald Trump hatten sich
       seine Republikaner an eine groß angelegte Steuerreform gemacht. Da
       besonders Reiche gerne zur Wahl gehen, dürfte dies einen [2][Teil des
       aktuellen Erfolgs von Trump] erklären. In der Kombination mit höheren
       Staatsausgaben und Deregulierung bescherte er der Wirtschaft Wachstum: Das
       Bruttoinlandsprodukt wuchs im dritten Quartal um 7,4 Prozent. Unterm Strich
       dürfte die US-Wirtschaft damit in diesem Jahr deutlich besser abschneiden
       als Europas Vorzeigevolkswirtschaft Deutschland – trotz Corona.
       
       Doch für viele Unternehmen im Rest der Welt sowie für rund die Hälfte der
       Amerikaner hinterlässt Trump eher einen Scherbenhaufen. Die Abkehr vom
       Freihandel und Trumps Klimapolitik stoßen auch unter Managern auf der
       anderen Seite des Atlantik auf Kritik.
       
       „Für US-Handelspartner wie Deutschland ist dies eine schwierige Situation,
       die von großer Unsicherheit geprägt ist“, so Christoph Schmidt, Präsident
       des RWI–Instituts für Wirtschaftsforschung. Entsprechend würden sich die
       Wirtschaftsakteure beim derzeit ungewissen Ausgang der Wahl „wohl sehr
       zurückhalten“ und abwarten.
       
       ## Auch Bidens Programm mit „protektionistischen Zügen“
       
       Kontrahent Biden steht bestenfalls für einen Minideal. So erwarten die
       Chefvolkswirte der Sparkassen-Finanzgruppe keinen Kurswechsel in der
       US-amerikanischen Handelspolitik. Auch Bidens Wahlprogramm zeige
       „protektionistische Züge“. Immerhin dürfte seine Außenhandelspolitik
       „berechenbarer sein“.
       
       Die Demokraten werfen Trump zwar vor, mit seinen Handelskonflikten
       Verbündete vor den Kopf zu stoßen, in der Problemanalyse – dem „unfairen“
       Geschäftsgebaren vor allem der Chinesen – ist man sich allerdings
       weitgehend mit Trump einig.
       
       Dessen konfrontativer Kurs hat außerdem zu einem starken Dollar
       beigetragen. Darauf wiederum baut die ganze US-Volkswirtschaft auf, die im
       Ausland hoch verschuldet ist. Allerdings dürfte Biden versuchen, Verbündete
       wie die EU und Japan künftig besser in eine Eindämmung Chinas einzubinden.
       
       ## Mehr staatliche Investitionen
       
       An anderer Stelle könnten die wirtschaftspolitischen Positionen der beiden
       Kandidaten unterschiedlicher kaum sein. Trump dürfte seinen 2017
       eingeleiteten Kurs treu bleiben. Biden setzt dagegen stark auf staatliche
       Investitionen sowie einen Ausbau des rudimentären Sozialstaats.
       
       Außerdem plant der Demokrat, der von den meisten Gewerkschaften unterstützt
       wird, Reiche und Unternehmen höher zu besteuern. Der
       Körperschaftsteuersatz, der unter Trump von 35 auf 21 Prozent gesenkt
       wurde, soll wieder angehoben werden – allerdings lediglich auf 28 Prozent.
       Am Ende könnten beide Politikansätze zu einer deutlich höheren staatlichen
       Verschuldung in den USA und damit zu Gefahren für die weltweite
       Finanzmarktstabilität führen.
       
       4 Nov 2020
       
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