# taz.de -- Rohingya-Flüchtlinge aus Myanmar: Angst vor Umsiedlung auf Insel
       
       > Bangladesch hat die ersten Rohingya-Flüchtlinge auf eine flutgefährdete
       > Insel umgesiedelt. Nun geht in den Flüchtlingscamps die Angst um.
       
 (IMG) Bild: Rohingya-Flüchtlinge, die nach Bhashan Char umgesiedelt werden, in einem Bus zum Hafen
       
       BERLIN taz | Jahrelang war die [1][Umsiedlung] der Rohingya-Flüchtlinge
       eine Drohkulisse. Doch jetzt hat Bangladeschs Regierung zum Entsetzen
       vieler Beobachter*innen Ernst gemacht: [2][Letzte Woche] wurden rund 1.600
       Rohingya auf die bislang unbewohnte Insel Bhashan Char im Golf von Bengalen
       umgesiedelt.
       
       Die erst in den letzten Jahrzehnten entstandene Insel wird regelmäßig von
       Wirbelstürmen und Überschwemmungen heimgesucht. Weitere Umsiedlungen sollen
       folgen.
       
       Seitdem geht in den Flüchtlingslagern unter den Völkermord-Überlebenden,
       die schon von jahrzehntelanger Verfolgung in Myanmar traumatisiert sind,
       die Furcht um. „Oh, mein Volk! Wo sind deine Zukunft und Ziele?“, klagt der
       Flüchtling Arfaat auf Twitter.
       
       Auf Bhashan Char leben die Rohingya nicht wie im Camp in Bambushütten,
       sondern in Massenunterkünften aus Beton. Unklar ist nach wie vor, welche
       Unterstützung die Flüchtlinge auf der Insel bekommen, wo Medienberichten
       zufolge 350 Millionen Dollar investiert wurden.
       
       ## Regierung: Flüchtlinge genießen Privilegien
       
       Bangladeschs Premierministerin Sheik Hasina hatte gesagt, die neuen Anlagen
       auf der Insel seien besser als das, was selbst vielen Bangladeschern zur
       Verfügung stehe.
       
       Offiziell argumentiert Bangladesch damit, die Lager mit der Umsiedlung
       entlasten zu wollen. Seit mehr als drei Jahren leben eine Million aus
       Myanmar geflüchtete Rohingya in mehreren dicht besiedelten
       Flüchtlingslagern entlang der Grenze.
       
       Die anfängliche große Gastfreundschaft ist Spannungen gewichen. Mehrere
       [3][Rückführungsaktionen] nach Myanmar sind kläglich gescheitert. Die
       Regierung in Dhaka fühlt sich zunehmend vorgeführt. Aktuell wird ein
       Stacheldrahtzaun um die Lager errichtet.
       
       Die Umsiedelung habe „ein unnötiges Schlaglicht auf Bangladeschs Umgang
       mit den Rohingya geworfen, während die wahren Täter der Verbrechen (Anm. d.
       Red.: Myanmars Militärs) weiter frei herumlaufen“, schreibt C R Abrar vom
       Thinktank Refugee and Migratory Movements Research Unit in Dhaka in der
       Zeitung [4][Daily Star].
       
       Schon im Sommer hatte Bangladesch mehrere Hundert Rohingya auf Bhashan
       Char angesiedelt, nachdem diese einen Fluchtversuch aus den Lagern
       unternommen hatten.
       
       ## Unglaubwürdige Versprechen
       
       Wenig später traten mehrere dieser Flüchtlinge in einen Hungerstreik. Das
       Leben auf Bhashan Char erschien ihnen so ausweglos, dass sie lieber wieder
       zurück in die Camps auf dem Festland wollten. Amnesty International
       berichtete von sexueller Gewalt durch Sicherheitskräfte auf der Insel.
       
       Am Tag der Umsiedlung letzte Woche kursierten in den sozialen Medien Bilder
       von schluchzenden Flüchtlingen, die unter Aufsicht von Bangladeschs
       Elitepolizeieinheit RAB Busse bestiegen. Mahadi Muhammad von der
       französischen NGO Action Contre la Faim twitterte: „Als Mitarbeiter einer
       Hilfsorganisation fühle ich mich geschockt und traurig diese Bilder zu
       sehen. Als Bangladescher denke ich, wir könnten eine Umsiedlung
       freundlicher, geplanter und strukturierter durchführen.“
       
       Doch nicht alle Umgesiedelten mussten gezwungen werden. Flüchtlinge
       berichten der taz, dass Bangladesch denjenigen, die freiwillig gingen,
       versprochen habe, bei einer Rückkehr nach Myanmar priorisiert zu werden.
       „Ein falsches Versprechen“, erklärt ein Mullah im Lager.
       
       „Umsiedlungen kann es nur dann geben, wenn die Entscheidung freiwillig
       erfolgt und auf ausreichend Informationen beruht“, erklärte
       UNO-Flüchtlingskommissar Filippo Grandi auf Twitter.
       
       Die Vereinten Nationen waren nach eigenen Angaben nicht in die
       Umsiedlungspläne und die Auswahl Umzusiedelnder involviert. Ebenso wenig
       die Flüchtlinge selbst. „Uns fragt nie jemand, was wir denken oder wollen“,
       sagt Sawyeddullah frustriert.
       
       7 Dec 2020
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) [4] https://www.thedailystar.net/opinion/news/rohingya-refugees-contentious-case-relocation-bhashan-char-2007033
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Verena Hölzl
       
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