# taz.de -- Die Wahrheit: Whisky auf der Sandbank
       
       > Wie es kommt, dass die Grafschaft Clare zahlreiche gute Akkordeonspieler
       > hervorgebracht hat. Und wozu Hosenbojen gut sind.
       
       Eriskay ist eine entlegene Insel mit rund 150 Einwohnern. Auf der winzigen
       Hebrideninsel gibt es einen Laden, ein Gemeindezentrum und die „Politician
       Bar“. Die ist nicht nach einem Lokalpolitiker benannt, sondern nach einem
       Schiff, dessen Untergang jedes Jahr von den Insulanern gefeiert wird.
       
       Vorigen Freitag vor 80 Jahren, am 5. Februar 1941, war die „SS Politician“
       von Liverpool aus auf dem Weg über Jamaika in die USA. An Bord waren
       264.000 Flaschen des besten schottischen Whiskys, der an reiche
       US-Amerikaner verkauft werden sollte, weil die britische Regierung Geld für
       den Krieg benötigte. Kurz nach der Abfahrt kam ein Sturm auf, der das
       Schiff auf die Sandbänke am Rosinish Point vor Eriskay trieb.
       
       Die Besatzung konnte sich mit Rettungsbooten auf die Insel retten, wo sie
       den Bewohnern von ihrer Ladung erzählte. Deren Whiskybestände waren
       aufgrund der Kriegsrationierungen aufgebraucht, und so bildeten sie
       geschwind Bergungskommandos. Die Männer zogen die Kleider ihrer Frauen an,
       damit ihre eigene Kleidung nicht durch das auslaufende Schiffsöl ruiniert
       würde.
       
       Es gelang ihnen, 24.000 Flaschen zu bergen. Die Regierung schickte die
       Polizei. Die Inselbewohner waren aber gewitzt und vergruben ihre Beute –
       oder tranken sie. Deshalb sprengten die Beamten das Wrack, um die restliche
       Ladung zu zerstören. Das gelang nicht vollständig, noch 1987 hat ein
       Taucher acht Flaschen aus dem Wrack geholt. Eine davon wurde für 12.000
       Pfund versteigert. Die damaligen Ereignisse wurden in einem Roman, zwei
       Spielfilmen, einem Musical und einem Album der Anarcho-Punkband Oi Polloi
       gewürdigt.
       
       ## There's Whiskey in a Jar-oh
       
       Weniger bekannt ist, dass der Frachtraum Nummer 5 neben dem Whisky auch
       290.000 jamaikanische Banknoten à zehn Schilling enthielt, was einem
       heutigen Wert von mehr als sieben Millionen Pfund entspricht. Sie waren für
       die britische Kolonie Jamaika bestimmt. Man nahm an, dass sie durch das
       Wasser zerstört worden seien, doch dann tauchten viele dieser Geldscheine
       in England und Schottland, in Irland und Jamaika, in der Schweiz, auf Malta
       und in den USA auf. Die Bank of England erklärte sie geschwind für
       ungültig. Bei mir vor der Haustür, die damals noch nicht meine Haustür war,
       ist 1960 die „Plassy“ gesunken. Sie hatte ebenfalls Whiskey an Bord.
       
       Das Schiff wurde im Zweiten Weltkrieg von der britischen Marine als
       U-Boot-Jäger eingesetzt. Nach dem Krieg wurde es an eine irische Reederei
       verkauft. Jahre später wurde die „Plassy“ bei einem Sturm auf die Insel
       gedrückt. Die Menschen von der Insel Inisheer retteten die Besatzung mit
       [1][Hosenbojen]. Aber da war die Ladung längst im Meer verschwunden.
       
       Im 19. Jahrhundert hingegen wurde die Ladung eines Frachtschiffs, das hier
       vor der Küste gesunken war, an Land gespült. Es handelte sich um
       Akkordeons, weshalb die Grafschaft Clare bis heute berühmt für ihre
       virtuosen Akkordeonspieler ist. Wenigstens waren es keine Blockflöten.
       
       8 Feb 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.geschichte-s-h.de/hosenboje/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Sotscheck
       
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