# taz.de -- Pandemie mit Schnee: Wie Brot und Spiele
       
       > Das Winteridyll mindert den Frust über den längeren Lockdown – die Frage
       > ist: Wie lange hält diese Ablenkung vor?
       
 (IMG) Bild: Spaziergänger an der vereisten Spree am Haus der Kulturen der Welt in Berlin
       
       Manchmal muss man auch mal Glück haben als Regierungschef. Wie wäre es
       gewesen, wenn Michael Müller sich bei vor wenig mehr als einer Woche noch
       in Berlin vorherrschedem Nieselwetter hätte hinstellen und erklären müssen,
       warum der vor Weihnachten verhängte und schon zweimal ausgedehnte Lockdown
       weitergeht? Erklären müssen, warum der Tunnel, an dessen Ende Licht sein
       soll, noch mal ein ganzes Stück länger wird. Denn schon bei der ersten
       Verlängerung Anfang Januar hatte Müller Verständnis für blank liegende
       Nerven gezeigt und zu einer nochmaligen Anstrengung aufgerufen.
       
       Doch draußen ist es nicht länger gräulich, sondern weiß verschneit. Und
       pünktlich zur Coronaministerpräsidentenkonferenz mit der Bundeskanzlerin am
       Mittwoch setzte sich auch noch die Sonne an einen plötzlich blauen Himmel
       und machte aus dem erst grauen, dann weißen Berlin ein Winterwunderland.
       
       Das ist ein Ambiente, das den Frust über den nochmals verlängerten Lockdown
       durchaus mindern kann. Wer mit seinem Einzelhandelsgeschäft vor dem Konkurs
       steht, dem wird das kaum helfen. Aber der Heimarbeiter, der jetzt seine
       durchaus mal nervigen Kinder raus in den Schnee schicken und sich auch
       selbst ein paar Sonnenstrahlen aufs Gesicht scheinen lassen kann, dürfte
       das dankbar annehmen. Umso mehr, weil die Winterferien in der Vorwoche ja
       ausgefallen sind.
       
       Im antiken Rom hatte es Methode, die Massen der Großstadt, den Plebs mit
       freier Bewirtung und Unterhaltung in kriselnden Zeiten zu beruhigen. Panem
       et circenses, Brot und Spiel, hieß das. Schnee, Kälte und blauer Himmel
       üben dieselbe dämpfende Wirkung aus. Bloß mit dem Unterschied, dass auch
       ein moderner Regierungschef schönes Wetter nicht einfach bestellen kann –
       man muss eben auch mal Glück haben.
       
       Die Frage ist: Wie lange hält diese Ablenkung vor? Für den 20. Februar
       zeigt die Wettervorschau schon wieder Tristesse an, und mit der Zeit wird
       auch bei Kälte das schönste Weiß grau. Es war erst einmal der letzte Joker
       für die allgemeine Stimmung: Wenn die Zahlen auch Anfang März nicht im
       angestrebten Bereich sind, dürfte ein noch längerer Lockdown aller
       virologischen Expertise zum Trotz nur schwer zu vermitteln sein.
       
       13 Feb 2021
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Stefan Alberti
       
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