# taz.de -- Büroflächen in der Pandemie: Office trotzt dem Trend zum Home
       
       > Der Berliner Büroflächensektor kommt einigermaßen gut durch die Pandemie.
       > Für den Berliner Wohnungsmarkt ist das eine schlechte Nachricht.
       
 (IMG) Bild: Ziemlich leer gerade, viele Büros. Aber das wird nicht so bleiben
       
       Den Namen hat Stefan Franzke nicht gesagt. Doch der Fall, von dem der
       Geschäftsführer des Berliner Wirtschaftsförderers Berlin Partner Anfang
       Februar berichtete, ist auch so interessant genug: Im vergangenen Jahr habe
       ein schwedischer Finanzdienstleister mit 300 Arbeitsplätzen nach Berlin
       kommen wollen, so Franzke. „Wir haben denen auch ein schönes Büro gesucht,
       aber am Ende kamen sie nur mit 30, weil sie gemerkt haben, dass die Leute
       auch zu Hause in aller Welt für das Unternehmen arbeiten können.“
       
       30 statt 300: Das wäre hochgerechnet auf die Nachfrage nach Büroflächen in
       Berlin ein Einbruch auf ein Zehntel. Ganz so dramatisch ist es dann aber
       nicht, stellte Franzke bei der Präsentation der Jahresbilanz von Berlin
       Partner klar: „Die Flächennachfrage pro Beschäftigtem ist nicht mehr Faktor
       1, sondern Faktor 0,6 bis 0,8.“
       
       Wie sehr Corona und der von der Pandemie ausgelöste Homeoffice-Boom den
       Berliner Büroflächenmarkt verändern, vermag derzeit noch niemand genau zu
       prognostizieren. Zu unterschiedlich ist allein schon die Zahl derer, die im
       ersten und zweiten Lockdown des vergangenen Jahres zu Hause gearbeitet
       haben.
       
       Waren es von März bis Mai 2020 noch fast ein Drittel der Beschäftigten in
       Deutschland, blieben ab November nur 14 Prozent zum Arbeiten in den
       heimischen Wohnzimmern oder Küchen. Nach zahlreichen Appellen und der
       Verabschiedung einer Corona-Arbeitsschutzverordnung durch die
       Bundesregierung ist die Zahl inzwischen wieder deutlich über 20 Prozent
       gestiegen. Mitte Februar 2021 arbeitete fast jeder Vierte in Deutschland
       von zu Hause aus.
       
       Was macht Corona mit den deutschen Innenstädten und wie sieht es in Berlin
       künftig rund um die Friedrichstraße oder in der City West aus? Die
       Prognosen der Immobilienwirtschaft bei der Beantwortung dieser Fragen
       fallen sehr unterschiedlich aus. So berichtet die Berliner Sparkasse in
       ihrem Marktbericht „Europäische Büromärkte im Lockdown – Drei Metropolen
       mit neuen Herausforderungen“, dass in den ersten drei Quartalen 2020 rund
       495.000 Quadratmeter Bürofläche vermietet wurden. Das entspreche einem
       Rückgang von 50 Prozent im Vergleich zu den ersten drei Quartalen 2019. Was
       erst mal nach einem dramatischen Einbruch klingt, der die Prognose von
       Berlin Partner noch zu übertreffen scheint.
       
       Tatsächlich aber, so heißt es in der Sparkassen-Studie, sei dieser Rückgang
       in der „vorübergehenden Zurückhaltung bei Mietverträgen im Frühjahr dieses
       Jahres begründet“, also im Frühjahr 2020. Von einer Krise könne deshalb
       keine Rede sein. „Der Umsatz liegt zwar deutlich hinter den Rekordwerten
       der vergangenen Jahre, im Vergleich mit dem 10-Jahres-Mittel ist er dennoch
       solide“, sagte Marcus Buder, Bereichsleiter gewerbliche
       Immobilienfinanzierung der Berliner Sparkasse, bei der Vorstellung der
       Studie der Berliner Morgenpost. In Bezug auf dieses historische Mittel
       liege der Rückgang nur bei rund 4 Prozent.
       
       ## Spitzenmieten von 39 Euro
       
       Dazu scheint auch die Tatsache zu passen, dass auf dem Berliner Büromarkt
       die Spitzenmieten weiterhin bei 39 Euro pro Quadratmeter liegen. Auch bei
       der Leerstandsrate ist keine signifikante Zunahme zu verzeichnen. Sie liegt
       laut Sparkasse in Berlin bei 1,5 Prozent. Weitaus höher ist sie dagegen in
       Paris (7,2 Prozent) und London (8,7 Prozent). „Im internationalen Vergleich
       kann Berlin seine Stellung als attraktiver Bürostandort teilweise sogar
       ausbauen – nicht zuletzt dank der Eröffnung des BER als neuem
       Hauptstadtflughafen“, so Marcus Buder.
       
       Kommt Berlin also nicht nur bei der Wirtschaft, sondern auch bei der
       Vermietung von Büros gut durch die Krise? Auch im Vergleich zu anderen
       deutschen Städten zeige sich Berlin robust, heißt es bei der Sparkasse. Das
       liege vor allem daran, dass die Berliner Büros andere Mieter als die
       meisten deutschen Großstädte haben, meint Buder. „Schon allein der hohe
       Anteil der öffentlichen Hand macht den Gewerbemietmarkt der Hauptstadt
       krisenfester, denn bei Behörden fallen auch in wirtschaftlich schwierigen
       Zeiten nicht kurzfristig viele Stellen und damit Büroflächen weg“, sagt
       Buder.
       
       Auch die Immobilienexperten von Jones Lang LaSalle (JLL) sehen Berlin im
       Vorteil gegenüber anderen Standorten. Nach Berechnungen von JLL kam Berlin
       mit einem Minus bei der Bürovermietung im Vorjahresvergleich mit 25 Prozent
       glimpflich davon. Mehr als doppelt so hoch war der Rückgang in Stuttgart
       2020 mit 56 Prozent, gefolgt von Düsseldorf (minus 45 Prozent) und
       Frankfurt (minus 42 Prozent).
       
       Eine Entspannung auf dem Büroflächenmarkt oder gar Leerstand würde diese
       Zahlen aber auch in anderen Städten nicht bedeuten, heißt es bei JLL. Denn
       auf die Delle folge alsbald wieder die Erholung. Und das hat vor allem mit
       der prognostizierten Rückkehr vieler Beschäftigten in die Büros zu tun.
       
       In einer bereits nach dem ersten Lockdown im Juni veröffentlichten Studie
       hat JLL drei Szenarien entwickelt. Als Wahrscheinlichstes wurde das mit der
       Überschrift „Back to business“ bewertet. Ihm zufolge gewänne
       „Remote-Arbeit“ – also außerhalb des Büros – zwar an Bedeutung, was dazu
       führte, dass langfristig 15 Prozent weniger Menschen in den Büros arbeiten.
       Das würde aber durch einen leichten Ausbau der Allgemeinflächen
       ausgeglichen. Die benötigte Bürofläche reduziere sich um nicht mehr als 10
       Prozent.
       
       ## 50.000 neue Wohnungen?
       
       Was gut für die Vermieter von Büroflächen ist, ist für den Wohnungsmarkt
       eine schlechte Nachricht. So hat ein Bündnis aus der Caritas
       Behindertenhilfe und Psychiatrie, dem Deutschen Mieterbund und der
       Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG Bau) errechnet, dass schon aus
       einem Prozent der 350 Millionen Quadratmeter Bürofläche in Deutschland
       durch Umwandlung 50.000 neue Wohnungen entstehen könnten.
       
       Aber das ist rein hypothetisch, wie auch eine [1][Befragung des Instituts
       der Deutschen Wirtschaft] (IW) ergab. Ihr zufolge haben zwei Drittel der
       1.200 befragten Unternehmen nicht vor, nach der Pandemie mehr Homeoffice zu
       ermöglichen. Für den Büromarkt, der Gegenstand der IW-Untersuchung war,
       bedeutet das, dass nur 6,4 Prozent der befragten Unternehmen in den
       kommenden zwölf Monaten ihre Bürofläche reduzieren wollen.
       
       Noch am ehesten wollen demnach große Unternehmen mit mehr als 250
       Beschäftigten sowie Kanzleien, Beratungen und Wirtschaftsprüfer Flächen
       verringern. Doch auch hier sind es laut IW weniger als 10 Prozent der
       befragten Firmen.
       
       Anstatt Flächen loszuwerden, wollen knapp 17 Prozent der befragten Firmen
       ihre Flächen umbauen – etwa Gruppenbüros auflösen oder mehr Platz für
       Kommunikation schaffen. Vor allem größere Unternehmen haben demnach schon
       konkrete Pläne für den Umbau.
       
       Und der Berliner Senat? „Wir gehen davon aus, dass der Trend zum Homeoffice
       auch nach der Pandemie anhalten wird“, sagt Matthias Borowski, Sprecher von
       Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne). „Die Coronakrise hat die
       Entwicklung zum mobilen Arbeiten noch mal verstärkt.“ Mit einem Einbruch
       des Büroflächenmarkts rechnet aber auch Borowskis Verwaltung nicht. „Mehr
       mobiles Arbeiten wird den Druck auf die Büroflächen in der Hauptstadt
       gleichwohl nicht entscheidend mindern.“
       
       23 Feb 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.iwd.de/artikel/unternehmen-bauen-bueroflaechen-eher-um-als-ab-500367/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Uwe Rada
       
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