# taz.de -- corona in hamburg: „Existenzen werden vernichtet“
       
       Interview Nele Aulbert
       
       taz: Herr Resag, sterben Flohmärkte aus? 
       
       Roland Resag: Nein. Auch wenn man momentan tonnenweise Ware dort sieht, wo
       sie meiner Meinung nach nicht hingehört. Die Container und Wertstoffhöfe
       quellen über. Flohmärkte sind ein Ort des Recycelns und des sinnvollen
       Umgangs mit Ressourcen.
       
       Dafür gibt es ja auch Online-Plattformen. Glauben Sie, die Leute kommen
       irgendwann wieder auf den Flohmarkt? 
       
       Ja, auf jeden Fall. Flohmärkte sind Orte der Begegnung, der Kommunikation
       und des Austausches. Auf der Flohschanze zum Beispiel ist in den letzten 20
       Jahren eine richtige kleine Familie entstanden. Wir haben ganze
       Generationen an Studenten ausgestattet. Man kann die Lebensqualität von
       einem guten Gespräch mit der Person hinter den Verkaufsobjekten nicht
       digital ersetzen. Das hat auch mit Gewohnheiten zu tun.
       
       Manche ihrer Aussteller*innen kommen seit 20 Jahren. Was bedeutet die
       Pandemie für das Geschäft? 
       
       Es ist dramatisch. Unser Unternehmen hat bisher weder etwas von den
       Novemberhilfen noch von den Januarhilfen gesehen. Theoretisch hätten wir
       aber einen Anspruch, wir haben also noch Hoffnungen, die Hilfen zu
       bekommen.
       
       Und was ist mit den Aussteller*innen, die sich auf dem Flohmarkt was
       dazuverdienen? 
       
       Manche meiner Klienten gehen jetzt zur Tafel. Ich finde es grob
       verantwortungslos, wie die Politik mit den kleinen Verbrauchern umgeht. Die
       Händler haben alle ihre Ersparnisse aufgebraucht. Sie haben meist keine
       Ansprüche auf Hilfen vom Staat oder sie bekommen keinerlei Unterstützung
       auf dem bürokratischen Weg. Da kann sich niemand einen Rechtsanwalt
       leisten. Es werden schlichtweg Existenzen zerstört.
       
       Nun wurde der Lockdown verlängert, aber Lockerungen sind in Sicht. Wie gut
       sind Sie vorbereitet? 
       
       Wir könnten morgen loslegen. Wir haben ein Sozialkonzept und ein
       Hygienekonzept. Die Aussteller warten nur auf das Startsignal. Und bei uns
       kommen auch weiterhin Voranmeldungen an. Unser Büro wird nach wie vor gut
       besucht. Nur unseren Klowagen mussten wir aufgeben. Die monatliche Miete
       von 400 Euro konnten wir nicht mehr stemmen. Wir haben einen gekauft, für
       6.500 Euro! Das Geld hätte ich jetzt natürlich gerne, weil ich nicht weiß,
       wie ich meine Löhne und Gehälter im März zahlen soll. Man hat uns gesagt,
       wir können im Januar loslegen. Jetzt haben wir März, und während der
       Isemarkt wöchentlich zweimal stattfindet, ist der Hamburger Fischmarkt seit
       über einem Jahr geschlossen. Da hängen Hunderte von Existenzen dran. Das
       verstehe ich einfach nicht.
       
       11 Mar 2021
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Nele Aulbert
       
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