# taz.de -- Ökologischer Umbau der Wirtschaft: Glanz und Elend der Billionenflüsse
       
       > Wie viel Öko-Wumms haben die EU-Gelder? Welche Zentralbank ist die
       > grünste? Warum sind Öl-Aktien schlecht fürs Depot? Neue Studien klären
       > auf.
       
 (IMG) Bild: Die Europäische Zentralbank landet auf Platz 5 im Ranking der nachhaltigen Geldpolitik
       
       BERLIN taz | Das Geld liegt auf der Straße: Aus dem normalen EU-Budget und
       den Hilfsprogrammen nach Corona sollen in den 27 EU-Ländern bis 2027 über
       1,8 Billionen Euro ausgegeben werden. Doch machen sie den Umbau zu einer
       klimaneutralen Wirtschaft möglich?
       
       Das haben sich die europäischen Umweltverbände unter Leitung des
       Klimanetzwerks CAN gefragt, die zusammen 47 Millionen SteurzahlerInnen
       repräsentieren. [1][Bei den „EUCashAwards“ können vom 12. bis 24. April
       alle mitstimmen,] wofür das EU-Geld am besten (und am besten nicht)
       ausgegeben werden sollte.
       
       Ein paar positive Beispiele: Belgien und Polen stecken einen Teil der
       Aufbaugelder in die Sanierung von Sozialwohnungen; die polnische Region
       Wielkopolska arbeitet am Kohleausstieg bis 2030; Spanien plant mit
       EU-Mitteln grüne Städte und Öko-Landwirtschaft.
       
       Aber die EU-Staaten können natürlich auch anders: In Ungarn und Bulgarien
       geht kaum Geld in die dringend nötige Gebäudesanierung, Deutschland
       vergisst den Naturschutz. Oder, ganz schlimm aus Sicht der Umweltgruppen:
       Bulgarien will mit dem Geld Straßen durch Naturgebiete bauen, in Tschechien
       könnten Oligarchen profitieren, in Spanien Qualzucht und in Deutschland
       Diesel-Lkws und Hybridautos.
       
       ## Geldpolitik der Zentralbanken kaum grün
       
       Das Projekt bietet nicht nur einen Einblick, wo das Geld hinfließen soll –
       sondern auch, welche Länder wofür Geld aus Brüssel bekommen: Ganz vorn
       stehen dabei Italien, Spanien, Polen und Frankreich, aufgeschlüsselt nach
       EU-Strukturhilfen, Coronahilfen, Agrarmitteln und Übergangsfonds.
       
       Wie das Kapital zirkuliert, das bestimmen weltweit die Zentralbanken. Die
       geben sich zwar seit einiger Zeit alle grün und nachhaltig – aber in ihrer
       Geldpolitik findet das bislang kaum Niederschlag. Das zumindest ist das
       Ergebnis einer Studie der Organisation [2][„][3][PositiveMoney“, die sich
       die Finanz- und Geldpolitik der G20-Staaten vorgenommen hat].
       
       Fazit: „Während einige Institutionen konkrete Handlungen unternommen haben,
       um Umweltrisiken einzuschätzen und grüne Investments anzustoßen, scheuen
       alle vor Maßnahmen zurück, Finanzflüsse zu umweltschädigenden Aktivitäten
       zu entmutigen oder zu beschränken.“
       
       Die Studie benotet die verschiedenen Zentralbanken und Währungshüter:
       Klassenbester (allerdings trotzdem nur mit einer Schulnote von 3 minus)
       wird die chinesische Zentralbank, gefolgt von Brasilien und Frankreich. Die
       Europäische Zentralbank landet auf Platz 5, die Bundesbank auf 7.
       
       Das vergleichsweise gute Rating von China und Brasilien, zwei Ländern mit
       massiven Umweltproblemen, begründet die Studie mit internen Reformen und
       grüner Ausrichtung der Geldpolitik. Grundsätzlich bleibt aber der Vorwurf:
       Alle Zentralbanken haben das Problem erkannt – aber die Finanzflüsse für
       fossile Energien und umweltschädliche Subventionen werden von ihnen nicht
       ausgetrocknet.
       
       Das geschieht offenbar aber zunehmend an den Aktienmärkten. Das legt
       zumindest eine aktuelle [4][Untersuchung des britischen Thinktanks
       CarbonTracker] nahe. Demnach ist im letzten Jahrzehnt der Wert von
       Aktienangeboten aus Unternehmen der Kohle-, Öl- und Gasbranche um 123
       Milliarden Dollar gesunken.
       
       Insgesamt lagen die Erträge aus Beteiligungen an der fossilen Industrie nur
       etwa bei der Hälfte der Gewinne, die die Aktienindizes verzeichneten.
       Erneuerbare Energien dagegen legten kräftig zu: Ihre Erträge lagen um mehr
       als 50 Prozent über dem Schnitt. Im letzten Jahrzehnt wuchs der Wert der
       Anlagen um 77 Milliarden Dollar.
       
       „Die Investoren wachen auf“, sagt dazu Berichtsautor Henrik Jeppesen,
       „Unternehmen aus dem Bereich fossile Brennstoffe sind nicht mehr die
       Wachstumsgeschichte, die sie einmal waren.“ Der Klimawandel werde zunehmend
       zu einem bestimmenden Thema, und saubere Energien nähmen den Platz der
       Fossilen als sichere Investments ein.
       
       Allerdings immer noch auf einem niedrigeren Niveau, zeigt der Bericht: Denn
       über das letzte Jahrzehnt flossen noch 640 Milliarden Dollar in die
       Fossilen und nur 56 Milliarden in Erneuerbare.
       
       31 Mar 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.cashawards.eu/
 (DIR) [2] https://www.cashawards.eu/
 (DIR) [3] http://positivemoney.org/wp-content/uploads/2021/03/Positive-Money-Green-Central-Banking-Scorecard-Report-March-2021-Single-Pages.pdf
 (DIR) [4] https://carbontracker.org/?lang=de
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernhard Pötter
       
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