# taz.de -- Konflikt in der Ostukraine: Virtuell hat der Krieg begonnen
       
       > Russland und die Ukraine liefern sich medial einen Schlagabtausch. In
       > Moskau denken einige schon über den Einsatz von Atomwaffen nach.
       
 (IMG) Bild: Ein ukrainischen Soldat Anfang April während eines Einsatzes an der Demarkationslinie bei Donezk
       
       BERLIN taz | Russland verstärkt seine Truppen an der Grenze zur Ukraine,
       bei Gefechten im Donbass kommen immer wieder Menschen ums Leben. Doch
       formal ist der [1][Waffenstillstand] vom Juli 2020 immer noch in Kraft. Im
       virtuellen Raum herrscht jedoch mittlerweile ein Ton zwischen Russland und
       der Ukraine, der mehr einem Krieg gleicht.
       
       Ein erneuter [2][Ausbruch von Kampfhandlungen] im Donbass könnte das Ende
       der Ukraine als Staat bedeuten, hatte der stellvertretende Leiter der
       Administration des Russischen Präsidenten, Dmitrij Kosak kürzlich geäußert.
       Die Mannschaft des ukrainischen Präsidenten Wolodimir „hat sich
       entschlossen, ein Drama mit dem Namen ‚die militärische Bedrohung‘
       aufzuführen. Da die Kollegen keine große politische Erfahrung haben, könnte
       es sein, dass sie sich verspielen“, zitiert die Plattform medusa Kosak.
       
       „Das sind Kinder mit Zündhölzern in der Hand“, so Kosak weiter, der auch
       ein militärisches Eingreifen Russlands im Donbass nicht ausschloss. „Heute
       hängt alles davon ab, was für ein Ausmaß dieses Feuer haben wird. Wenn wir
       dort Srebrenica haben, werden wir gezwungen sein zu handeln.“
       
       Der Chef der Liberaldemokratischen Partei Russlands, Wladimir Schirinowski,
       beschuldigt die ukrainische Führung, ukrainische Städte wie Charkiw oder
       Kiew bombardieren zu wollen, um dann Russland Vorwürfe zu machen.
       
       ## Eine mögliche Lösung
       
       Und in einer Talkshow im russischen Fernsehen denkt der Militärexperte
       Michail Chodarenok über Voraussetzungen nach, unter denen Russland
       taktische Atomwaffen einsetzen könnte. „Jeder Konflikt kann mit der Drohung
       eines Einsatzes oder der Anwendung von taktischen Atomwaffen durch unsere
       Seite beendet werden“, meint der Experte.
       
       Noch offensiver für einen Einsatz von Atomwaffen gegen die Ukraine tritt
       das „Koordinierungszentrum der Hilfe für Noworossia“ ein. Auf dem Portal
       der Organisation, die die ostukrainischen „Volksrepubliken“ materiell
       unterstützt, erklärt ihr Chef, Alexander Ljubimow: „Ein moderner atomarer
       Krieg 2021 gegen die Ukraine mit Hilfe taktischer Geschosse ist akzeptabel
       und wäre eine mögliche Lösung der ukrainischen Frage. […] In dem zu
       erwartenden Krieg Russlands und der Ukraine ist die Anwendung von
       taktischen Atomwaffen durch Russland zulässig, ja sogar wünschenswert.“
       
       In der Ukraine mehreren sich unterdessen die Stimmen derer, die einen
       Journalismus fordern, der sich in Zeiten des Medienkrieges von staatlichen
       Interessen leiten lasse. „In einem Krieg muss, auch unter Berücksichtigung
       der Standards eines demokratischen Journalismus, die Bekämpfung des
       Einflusses des Aggressors an erster Stelle stehen. Und deshalb muss man
       seine Einstellung zum Begriff ‚Propaganda‘ ändern“, verlangt Miroslaw
       Liskovich, Korrespondent der Nachrichtenagentur Ukrinform.
       
       Und Dmitro Solotuchin, Ex-Vize-Informationsminister, beklagt sich darüber,
       dass viele Bürger noch gar nicht begriffen hätten, in was für einer
       angespannten Situation das Land aktuell sei. Schuld daran sei das
       Fernsehen. Man müsse dafür Sorge tragen, dass das Verteidigungsministerium,
       der Präsident und der Premier in den Medien mehr Sendezeit erhielten.
       
       ## Visite in Ankara
       
       Unterdessen ist der ukrainische Präsident Selenski am Wochenende in
       Istanbul mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan
       zusammengetroffen. Die Türkei und die Ukraine unterhalten gute Beziehungen.
       Mehrfach hat die Ukraine auf Wunsch von Ankara in der Ukraine lebende
       türkische Dissidenten ausgeliefert. 2018 kaufte die Ukraine sechs Bayraktar
       TB2-Drohnen und 200 Raketen. Auch die aserbaidschanische Diaspora in der
       Ukraine unterstützt die ukrainisch-türkischen Beziehungen.
       
       Dass Aserbaidschan im jüngsten Karabach-Krieg gewonnen habe, sei auch den
       guten Beziehungen zwischen Baku und Ankara zu verdanken, schreibt Hikmet
       Dschavadow, Sprecher der aserbaidschanischen Diaspora in der Ukraine, auf
       gordonua.com. „Ich bin davon überzeugt, dass auch der Ukraine ein derart
       glänzender Sieg und die Befreiung aller seiner Territorien bevorsteht“, so
       Dschawadow.
       
       Der Sieg der aserbaidschanischen Armee sei auch durch das hohe Niveau der
       politischen und militärischen Zusammenarbeit zwischen Baku und Ankara
       möglich geworden. Diesen Faktor müsse Kiew bei seiner Konfrontation mit
       Russland berücksichtigen.
       
       12 Apr 2021
       
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