# taz.de -- Vorschau Gallery Weekend Berlin: Kunst bleibt die richtige Pille
       
       > Ob Netz oder Click-and-Meet: Das GW steigt mit neuen Galerien und
       > originellen Ausstellungstiteln. Abends sogar mit Morse-Code am
       > Frankfurter Tor.
       
 (IMG) Bild: Christopher Williams, „MODEL“, 2019, dieses Jahr bei Capitain Petzel
       
       Für verrückt erklärt haben gewiss nicht wenige das Gallery Weekend Berlin,
       als dieses vor einigen Wochen schon verkündete, unabhängig vom
       Pandemiegeschehen an seinem Termin festzuhalten. Ob die Ausstellungen – mit
       Termin und negativem Schnelltestergebnis – nun tatsächlich am Wochenende
       besucht werden können oder man sich vorerst mit den digitalen Varianten
       begnügen muss, das steht noch immer auf Messers Schneide. Die Aussichten
       sind aktuell jedoch nicht einmal so schlecht. Der 7-Tage-Inzidenzwert lag
       für Berlin am Montag bei 137,9. Solange er unter 150 bleibt, lassen sich
       Galerien, die zum Einzelhandel zählen, per „Click-and-Meet“-Regel besuchen.
       
       Mit dem großen Gallery-Weekend-Schaulaufen und den vielen Begegnungen
       zwischen Eröffnungen, Performances, Künstler*innengesprächen,
       Galeriendinner, Champagner und Spätibier, den geplanten und all den noch
       viel schöneren spontanen, wird es freilich nichts in diesem Jahr. Die
       Partys fallen aus, aber was bleibt, ist die Kunst und die lohnt sich.
       
       Nicht verdenken kann man es den Galerien, die in der Krise auf große Namen
       und Malerei setzen. Spannender sind die Entdeckungen, die es dennoch zu
       machen gibt. Neu dabei im offiziellen Programm sind 2021 die Galerien
       [1][Efremidis], [2][Noah Klink] und [3][Schiefe Zähne]. Letztere gehen mit
       dem multimedial arbeitenden Künstler und Ars-Viva-Preisträger Richard Sides
       an den Start, der in seinen Videoarbeiten und raumgreifenden Collagen, die
       Mechanismen zeitgenössischer Medienrezeption für sich arbeiten lässt.
       Popkulturelle Referenzen, Filmzitate, Memes und eigene Beobachtungen jagt
       er einmal quer durch die Sampling-Maschinerie, heraus kommt dabei ein neues
       überdimensioniertes Wandbild mit dem Titel „The Matrix“. Bleibt die Frage:
       Welche Pille soll es sein?
       
       Sehr gespannt bin ich außerdem auf die Einzelausstellung des
       neapolitanischen Künstlers Giuseppe Desiato (*1935). Geistig eng verbunden
       mit dem Wiener Aktionismus, insbesondere mit Hermann Nitsch – faszinierte
       der Künstler in den 1970er Jahren das Publikum mit ebenso magisch-rituell
       anmutenden wie sozialkritischen Performances. 1975 etwa entkleidete er auf
       der Art Basel die Cellistin und Fluxus-Künstlerin Charlotte Moorman, um sie
       dann wieder mit Schleiern und Blumen zu verhüllen und in eine Madonnenfigur
       verwandeln. Desiatos Kunst umfasst außerdem Fotografie, Malerei, Objekte,
       Gedichte. „Like the quietness of flowers… (rituals, ephemeral monuments and
       brides)“, kuratiert von Elena Re, ist an beiden Orten der Galerie
       [4][Isabella Bortolozzi], am Schöneberger Ufer sowie im Zweitraum Eden
       Eden, zu sehen.
       
       ## Bester Ausstellungstitel: Sofia Hultén
       
       Bereits die dritte Einzelausstellung bei [5][Daniel Marzona] ist es für
       Sofia Hultén. Für diese hat sich die Künstlerin – bekannt für ihren
       experimentellen Umgang mit Alltagsobjekten, die sie irgendwo online
       aufstöbert oder auf der Straße findet – mit „Super Call Me Fragile Ego“ den
       vielleicht besten Ausstellungstitel des Gallery Weekends ausgedacht. Zwei
       Werkgruppen vereint sie dort. Die erste lässt sich als Auseinandersetzung
       mit ihrer Jugend in Birmingham, mit der Subkultur der Skinheads, mit
       Alltagssexismen und überkommenen Genderrollen lesen, während sie sich in
       der zweiten einem anderen Reizthema widmet: der Bauwirtschaft.
       
       Und abends? Da bleiben natürlich alle zu Hause, ein wenig Kunst, gibt es je
       nach Adresse aber doch: Bjørn Melhus (Galerie [6][Ebensperger]) sendet aus
       dem Nordturm am Frankfurter Tor die Botschaft „Save Our Souls“ im
       Morse-Code SOS als Lichtsignal aus dem verglasten obersten Stockwerk in den
       Stadtraum, um damit Mitgefühl auszudrücken und auf die derzeitigen mentalen
       Belastungen, an denen viele leiden, hinzuweisen. An allen drei Abenden des
       Gallery Weekends (30. April, 1. Mai, 2. Mai) schaltet er entsprechend das
       Kuppellicht zwischen 21 und 22 Uhr ein und aus, mitmachen ist erwünscht.
       
       28 Apr 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://efremidisgallery.com/de/start/
 (DIR) [2] https://noahklink.com/
 (DIR) [3] http://www.schiefe-zaehne.com/
 (DIR) [4] https://bortolozzi.com/
 (DIR) [5] https://www.danielmarzona.com/
 (DIR) [6] http://ebensperger.net/melhus-tower-to-the-people-sos
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Beate Scheder
       
       ## TAGS
       
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