# taz.de -- Aktionswochenende für Mobilitätswende: Juristisch ausgebremst
       
       > Für das Aktionswochenende für die Mobilitätswende sind unter anderem
       > Fahrraddemos auf Autobahnen geplant. Einige davon wurden jedoch bereits
       > verboten.
       
 (IMG) Bild: In Osnabrück ist die Fahrraddemo auf der Autobahn verboten. In Berlin war das am 10. April anders
       
       OSNABRÜCK taz | Marvin Wilke von „Fridays for Future“ (FFF) Osnabrück ist
       sauer. Die Fahrraddemo, die seine Gruppe für den 6. Juni geplant hat, wird
       juristisch ausgebremst. Zumindest die 20 Minuten, die über die A 33 führen
       sollen, mit 250 Personen, von der Anschlussstelle Fledder bis zum Ende der
       Autobahn in Belm. Die soll laut Bundesverkehrswegeplan nach Norden in
       Richtung A1 verlängert werden: vierstreifig, für mindestens 150 Millionen
       Euro. FFF ist dagegen.
       
       Aber eine Demo? Nein, die möchte die Stadt Osnabrück da nicht, und die 6.
       Kammer des Verwaltungsgerichts Osnabrück gibt ihr Rückendeckung. „Mit
       unseren 10 Stundenkilometern seien wir zu langsam“, schüttelt Wilke den
       Kopf. „Schließlich ist die Mindestgeschwindigkeit auf Autobahnen 61.“
       Pause. „Man protestiert gegen eine Autobahn, aber diese Autobahn ist für
       diesen Protest tabu? Das zeigt, wie hoch der Stellenwert des Autos bei uns
       ist!“ Vor allem die Begründung des Gerichts, es könne zu Auffahrunfällen am
       Ende des Staus kommen, der sich hinter der Demo bildet, leuchtet ihm nicht
       ein. Denn dann müssten ja auch Baustellen verboten werden. Oder Staus
       generell.
       
       Autobahnen seien nicht grundsätzlich „demonstrationsfrei“, räumt das
       Verwaltungsgericht Osnabrück ein. Komme es jedoch „zur Gefährdung oder
       Beeinträchtigung von Rechtsgütern Dritter“, sei abzuwägen. Dem „Interesse
       der übrigen Verkehrsteilnehmer an der Sicherheit und Leichtigkeit des
       Straßenverkehrs“ komme „eine erhebliche Bedeutung“ zu. Und: Wegen des
       „absoluten Seltenheitswertes“ der Demo bestehe die Gefahr von
       „Gaffer-Unfällen“ auf der Gegenfahrbahn. Das Anliegen der Demo könne auch
       auf der Alternativroute verfolgt werden.
       
       Die FFF-Aktivisten sind damit nicht zufrieden. Wie das
       Oberverwaltungsgericht über ihren Eilantrag entscheidet, ist noch offen.
       „Für mich ist das erneute Demonstrationsverbot auf der A 33 unverständlich,
       zumal die Organisatoren bewusst den eher verkehrsarmen Sonntag gewählt
       haben“, sagt Daniel Doerk.
       
       Mit seinem Blog „It started with a fight“ ist Doerk einer der bekanntesten
       Fahrradaktivisten aus Osnabrück. Das Recht auf Versammlungsfreiheit
       garantiere, am Ort des Anstoßes protestieren zu können. „Die Demo richtet
       sich gegen die autozentrierte Verkehrspolitik der Bundesregierung. Mit dem
       klimafreundlichen und ressourcenschonenden Fahrrad soll gegen den
       klimaschädigenden und platzraubenden Autoverkehr demonstriert werden.
       Symbolischer geht es nicht. Und dann gehört da eben auch eine Fahrt über
       die Autobahn dazu.“
       
       Das „Nein“ des Verwaltungsgerichts findet Doerk bedauerlich. „Autos haben
       selbst vor Grundrechten Vorfahrt. Dabei sind Demonstrationen über
       Autobahnabschnitte nichts Unmögliches und vielerorts erfolgreich
       durchgeführt worden.“
       
       Die Osnabrücker Demo ist eine der über 50 Veranstaltungen des
       [1][bundesweiten Aktionswochenendes] „Sozial- und klimagerechte
       Mobilitätswende Jetzt! Autobahnbau stoppen!“ Das Bündnis [2][„Wald statt
       Asphalt“] hat es organisiert. Die Proteste reichen von Aurich bis
       Stuttgart, von Akteuren wie „Ende Gelände“ bis „Sand im Getriebe“, von der
       Sternfahrt bis zur Blockade, von der Mahnwache bis zum Trassen- und
       Waldspaziergang.
       
       „Man spürt, da ist eine große Motivation“, freut sich Lilly Claudi von
       „Wald statt Asphalt“. Das Demoverbot auf der A 33 bei Osnabrück ärgert sie
       natürlich. Das Aktionswochenende funktioniere zwar trotzdem, sagt Lilly
       Claudi, „aber natürlich sind solche Aktionen immer gut fürs Gesamtbild“.
       
       Das Osnabrücker Verbot ist nicht das einzige. Auch die A 2 und A 49 bei
       Braunschweig sind tabu.
       
       Edmund Schultz, Bürgerinitiative Baumschutz Braunschweig,
       Versammlungsleiter: „Die Demo ist seit zwei Monaten angemeldet. Und jetzt,
       ein paar Tage vor Beginn des Ganzen, kommt plötzlich das Verbot?“ Er habe
       den Eindruck, dass Verwaltungsbehörden und Gerichte sich in ganz
       Deutschland untereinander abgesprochen haben, damit den
       Antragsteller:innen keine Zeit bleibe, „den gerichtlichen Weg ganz bis
       zu Ende zu gehen“.
       
       Aber Schultz gibt sich nicht geschlagen. Auch in Braunschweig läuft ein
       Eilantrag vor dem Oberverwaltungsgericht. „Und wenn wir es diesmal nicht
       schaffen, dann eben nächstes Mal. Wir haben genug kraftvolle Aktionen in
       Planung!“
       
       4 Jun 2021
       
       ## LINKS
       
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