# taz.de -- Kalte Räumung an der Frankfurter Allee: Missinformation mit System
       
       > Das Camp am Containerbahnhof wurde nicht offiziell geräumt. Viele
       > Bewohner:innen haben das Camp dennoch verunsichert verlassen.
       
 (IMG) Bild: Soll geräumt werden: Das Obdachlosencamp am Containerbahnhof hinter dem Ringcenter
       
       BERLIN taz | Es ist erstaunlich ruhig am Montagmorgen auf der betonierten
       Fläche am Containerbahnhof unweit der Frankfurter Allee. [1][Keine Bagger,
       die die selbst gebauten Hütten abreißen], kein BSR-Container, indem das Hab
       und Gut der Campbewohner:innen entsorgt wird. Die Polizei ist zwar vor
       Ort, aber nur in geringer Zahl und sehr zurückhaltend. Räumen wollen sie
       heute nicht.
       
       Eigentlich hatte die Eigentümerin der Fläche, die Deutsche Bahn AG,
       angekündigt, das Camp am Montag räumen zu wollen. Zeitweise 30 Menschen
       leben auf dem zuvor ungenutzten Betriebsgelände in Zelten, selbst gebauten
       Hütten und Wohnwägen. Die Bahn begründet die Räumungsabsichten mit
       „anstehenden Baumaßnahmen“.
       
       Friedrichshain-Kreuzbergs Bezirksstadtrat, Knut Mildner-Spindler
       (Linke),sagt gegenüber der taz, die Bahn habe ihm versichert, am Montag
       nicht räumen zu wollen. Derzeit laufen wohl noch Gespräche zwischen der
       Bahn und der Stadtmission, die eine Ausweichfläche für die
       Bewohner:innen bereitstellen will. Spindler spricht daher nicht von
       einer „Räumung“, sondern etwas beschönigend von einem „Umzug“.
       
       Alles super also? Mitnichten, denn wann geräumt wird, ist weiter unklar.
       Die anwesenden Polizist:innen teilten den rund 30 Unterstützer:innen,
       die vorsorglich eine Kundgebung gegen die Räumung angemeldet hatten, mit,
       dass die Räumung auf nächsten Montag verschoben wurde.
       
       ## Widersprüchliche Ankündigungen
       
       Die Deutsche Bahn [2][sagte der taz noch am Sonntag], dass sie gedenke „ab
       Montag“ die Fläche zu räumen, das heißt vielleicht auch einfach ein paar
       Tage später.
       
       Diese Missinformation habe System, vermutet Frieder Krauß von der Berliner
       Obdachlosenhilfe: „Es ist eine kalte Räumung.“ Durch die ständigen und oft
       widersprüchlichen Ankündigungen würde eine Atmosphäre der Angst geschaffen,
       durch die die meisten freiwillig gingen. „Die meisten hier wollen nur ihre
       Ruhe.“
       
       Tatsächlich hat knapp die Hälfte der Bewohner:innen das Camp verlassen.
       Wie ein Sozialarbeiter der taz berichtete, wurde eine Gruppe von
       Südosteuropäer:innen bereits am Wochenende von der Polizei
       aufgefordert, das Camp bis zum nächsten Morgen zu verlassen. Erst im
       Februar wurde die Gruppe aus dem Camp an der Rummelsburger Bucht geräumt.
       
       Der „Umzug“ auf die nur wenige Meter weiter durch die Stadtmission
       gepachtete Fläche betrifft auch nur die sechs, schon seit Längerem auf der
       Fläche befindlichen Wohnwägen. Der Rest muss sich wohl oder übel nach einer
       neuen Fläche umgucken, bis dann wieder die nächste Räumung ansteht.
       
       Vielleicht schaffen es die Bahn und der Bezirk, so unschöne Bilder einer
       gewaltsamen Räumung zu verhindern. Auch konflikträchtiger Gegenprotest
       ließe sich so vermeiden. Nachhaltig beschädigt wird hingegen das Vertrauen
       der obdachlosen Menschen in Politik, Polizei und Sozialarbeit.
       
       14 Jun 2021
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jonas Wahmkow
       
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