# taz.de -- Streit über Benzinpreis-Erhöhung: Alle gegen Baerbock
       
       > Im Streit über höhere Spritpreise wird die Grünen-Chefin breit
       > kritisiert. Umweltverbände warnen vor einem „unredlichen“ Wahlkampf auf
       > Kosten des Klimas.
       
 (IMG) Bild: In der Kritik mit Plänen zum Klimaschutz: Annalena Baerbock
       
       BERLIN dpa/rtr | Im Streit über höhere Benzinpreise und den Klimaschutz
       sieht sich die designierte Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock
       anhaltender Kritik von mehreren Seiten ausgesetzt. Vor allem die SPD lässt
       mit ihren Attacken nicht locker. [1][Mehrere Umweltverbände warnten
       eindringlich vor einem „unredlichen“ Wahlkampf auf Kosten des Klimas.]
       
       Baerbock war für eine Benzinpreis-Erhöhung von insgesamt 16 Cent pro Liter
       eingetreten – gemäß dem Programmentwurf ihrer Partei. Aus Sicht der Grünen
       sind davon 6 Cent mit dem CO2-Preis auf Benzin zu Jahresbeginn schon
       erfolgt.
       
       Kritik an ihren Äußerungen hatte Baerbock im „Handelsblatt“ mit dem Hinweis
       gekontert, die Koalition habe selbst den CO2-Preis eingeführt und gerade
       die Klimaziele geschärft. Dann müsse man auch die eigenen Beschlüsse
       umsetzen. Unionsfraktionsvize Andreas Jung (CDU) hatte Mitte Mai dafür
       plädiert, den CO2-Preis schneller als geplant steigen zu lassen.
       
       Die Bundesregierung hatte als zentrale Maßnahme im Kampf gegen den
       Klimawandel eine CO2-Bepreisung auch im Verkehr und bei Gebäuden
       eingeführt. Seit Jahresbeginn gilt ein fixer CO2-Preis von 25 Euro pro
       Tonne. Nach bisherigen Planungen soll er bis 2025 auf 55 Euro steigen. Laut
       Berechnungen würde das einen Aufschlag von mindestens 15,5 Cent beim Liter
       Benzin bedeuten und beim Liter Diesel mindestens 17,4 Cent zusätzlich.
       
       ## Wichtigstes Instrument der Klimapolitik
       
       Der Chef des Ifo-Instituts, Clemens Fuest, mischte sich indes in die
       Diskussion ein und stützte die Argumentation von Baerbock. Er verwies in
       den ARD-“Tagesthemen“ darauf, dass die Koalition selbst beschlossen habe,
       den CO2-Preis zu erhöhen. Inzwischen seien die Klimaziele noch einmal
       ehrgeiziger gefasst worden. Daraus müsse man Konsequenzen ziehen. Der
       CO2-Preis sei das wichtigste Instrument der Klimapolitik. Es spreche viel
       dafür, ihn schneller zu erhöhen.
       
       SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz hatte bereits am Donnerstag davor gewarnt,
       an der Spritpreisschraube zu drehen. Wer dies tue, der zeige, wie egal ihm
       die Nöte der Bürgerinnen und Bürger seien, hatte der Finanzminister der
       Bild gesagt.
       
       ## „Schrecken“ für die, die auf Auto angewiesen sind
       
       SPD-Chefin Saskia Esken schlägt in dieselbe Kerbe. „Wer jetzt wie Annalena
       Baerbock oder auch Andreas Jung von der CDU an der Spritpreis-Schraube
       drehen will, jagt gerade denen einen Schrecken ein, die auf ihr Auto
       angewiesen sind und die mit einem schmalen Budget haushalten müssen“, sagte
       Esken dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Freitag). „Solche Manöver
       führen womöglich dazu, dass sich die Bürgerinnen und Bürger vom gemeinsamen
       Engagement für unser Klima abwenden“, fügte sie hinzu. „Das wäre ein
       Bärendienst für unsere Umwelt.“ Die Bewältigung des Klimawandels sei eine
       Menschheitsaufgabe. „Die kann man nicht im politischen Elfenbeinturm
       erreichen.“ Alle müssten dabei mitziehen.
       
       SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil warnte, ein moderater Anstieg des
       CO2-Preises sei vereinbart. Eine Erhöhung gemäß den Vorschlägen von Grünen
       und aus der Union hätte aber „massive Konsequenzen“, sagte er der
       Rheinischen Post (Freitag). Die Zeche würden Mieter und Pendler zahlen.
       „Jeder muss sich ein klimafreundliches Leben leisten können, nicht nur die
       Besserverdiener“, betonte Klingbeil.
       
       CSU-Generalsekretär Markus Blume warf den Grünen vor, in der Klimadebatte
       ideologisch vorzugehen. „Klimaschutz ist für Annalena Baerbock vor allem
       ein Kampf gegen die Autofahrer“, behauptete Blume in der Augsburger
       Allgemeinen (Freitag). Mobilität dürfe kein Luxus sein. Klimaschutz gehe
       nur mit den Menschen, nicht gegen sie. „Wir werden nicht zulassen, dass der
       ländliche Raum und die Pendler einseitig die Lasten tragen sollen“, sagte
       Blume.
       
       Mehrere Umweltverbände appellierten an die Parteichefs von CDU/CSU, SPD,
       FDP, Linke und Grünen, keinen Wahlkampf auf Kosten des Klimas zu betreiben.
       Notwendig sei ein Parteienstreit um die besten Maßnahmen für den
       Klimaschutz. Mit einem „unredlichen Wahlkampf auf Kosten des Klimas und der
       Biodiversität“ werde aber die für den Klimaschutz notwendige Akzeptanz in
       der Bevölkerung „gerade mutwillig oder fahrlässig zerstört“, heißt es der
       als „Brandbrief“ überschriebenen Erklärung vom Donnerstagabend.
       
       ## CO2-Preis bereits im Jahr 2023 auf 60 Euro
       
       Die Verbandsspitzen beklagten, Finanzminister Scholz und Verkehrsminister
       Andreas Scheuer polemisierten gegen eine schrittweise Anhebung der
       CO2-Bepreisung und die damit einhergehende Erhöhung der Spritpreise, dabei
       hätten sie das Instrument selbst eingeführt. Teile der Union appellierten
       gerade wieder an die Herzen der Autofahrer, blockierten aber im Bundestag
       eine faire Verteilung des CO2-Preises beim Heizen.
       
       Die Grünen schlagen im Entwurf ihres Wahlprogramms vor, dass der CO2-Preis
       bereits im Jahr 2023 auf 60 Euro steigen soll. Zugleich wollen sie
       staatliche Einnahmen aus dem CO2-Preis an die Bürger zurückgeben. Dazu
       streben die Grünen neben der Senkung der EEG-Umlage zur Förderung des
       Ökostroms ein „Energiegeld“ an, das jeder Bürger erhalten soll.
       
       Daran nimmt die Linke Anstoß. „Mir ist schleierhaft, was an dem Konzept des
       Energiegelds der Grünen nachhaltig sein soll“, sagte Linke-Fraktionschefin
       Amira Mohamed Ali der Welt (Freitag). Auch mache es insbesondere für
       Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen einen Unterschied, wenn sie in
       Vorleistung gehen und darauf warten müssten, dass sie irgendeinen Betrag
       vom Staat zurückbekommen.
       
       4 Jun 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.dnr.de/presse/pressemitteilungen/pm-2021/brandbrief-der-umweltverbandsspitzen-stoppen-sie-unredlichen-wahlkampf-auf-kosten-des-klimas/
       
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