# taz.de -- Geburtstag der Sängerin Mireille Mathieu: Merci Chérie!
       
       > Die französische Musik-Ikone Mireille Mathieu wird 75 Jahre alt. Sie ist
       > noch immer die alte, also die junge: der lebenslustige „Spatz von
       > Avignon“.
       
 (IMG) Bild: Mireille Mathieu bei einem Auftritt 2015
       
       Vor wenigen Jahren gastierte sie sie in Breslaum, auf den Konzertplakaten
       war sie für die große Halle annonciert. Einen kleineren Club, womöglich ein
       Senior*innenheim? Hatte sie offenbar nicht nötig, ihre Popularität war in
       Polen, wie auch in Deutschland, eine jahrzehntelang gewachsene. Verblüffend
       zwar, dass sie auf dem Bild so aussah wie einst, ein makelloses Antlitz,
       ein deutlich korallenroter Lippenstift war aufgetragen – und das
       Signalzeichen ihres Looks saß auch noch wie eine fluffig gebackene
       Madeleine: der Pagenschnitt, nur leicht ins Bravere geschnitten, sonst
       hätte es wie ein Werk von Vidal Sassoon ausgesehen:
       
       Mireille Mathieu, seit Ewigkeiten auch jetzt noch – ganz die alte. Und also
       junge: In den sechziger Jahren begann der Spross einer so proletarischen
       wie tief katholischen Familie aus der Provence mit einer Karriere, die ganz
       unmöglich war.
       
       Sie sang, das konnte sie gut, und wenn dies nicht der Fall gewesen wäre,
       hätte sie weiterarbeiten müssen wie seit frühen Jugendtagen, nämlich als
       Hilfsarbeiterin in einer Konservenfabrik, um die Familie mit zu ernähren.
       Aber sie traute sich, nahm an Talentwettbewerben teil und wurde schließlich
       entdeckt als eine, die die Lücke schließen könnte, die der Tod Édith Piafs
       hinterließ. Unter diesem Imageschema hat sie immer ein bisschen gelitten,
       aber es gab, das wusste sie auch, schlechtere Vorbilder, die sie hätten
       beerben sollen.
       
       Die Französin nahm schließlich alle möglichen Karrierestufen, und zwar
       durchweg nach oben. Einige Jahre war sie das Idol der weiblichen Jugend
       Frankreich, nicht minder verehrt wurde sie in Deutschland, BRD wie DDR,
       gerade von Jugendlichen. Bei der Bravo, Zentralorgan der deutschen Jugend
       einst, gewann sie als liebste Sängerin den „Goldenen Otto“, faktisch der
       wichtigste Preis. Mehrere andere kamen hinzu, auch das Bundesverdienstkreuz
       wegen ihres Engagements für deutsch-französische Freundschaft.
       
       ## Eine Frau von 75 mit Zukunftsplänen
       
       Und wie sie populär war, natürlich nicht bei den Achtundsechzigern, denen
       war sie zu hausbacken, zu freundlich zu allen, zu wenig kämpferisch, im
       Grunde fehlte ihr für das Aufrührerische jede Nuance von auch nur
       irgendeiner Abgefucktheit, wenngleich sich Teenagergruppen aus
       linksradikaler Szene zu Mireille-Mathieu-Fangruppen zusammenfanden, sie
       karaokisierend, gern auch zuvor die Frisur nachfönend.
       
       Alles allem ist er lebenslustig, der sogenannte „Spatz von Avignon“ (die
       Titulierung dachte sich ihre Marketingabteilung aus) hatte grandiose Hits
       wie „Hinter den Kulissen von Paris“, „An einem Sonntag in Avignon“, „Der
       Pariser Tango“ oder „Akropolis adieu“ – für den [1][deutschen Platten- und
       TV-Markt] musste es stets fröhlich-klischeefranzösisch sein, abgemischt mit
       viel Melancholie. In Frankreich durfte sie auch die erwachsen-ernsthafte
       Frau verkörpern. Sie wird am Donnerstag 75 Jahre, es plagen sie einige
       Zipperlein, ist aber noch berufstätig mit Zukunftsplänen, ihr geht es, um
       es mit einem ihrer Schlager zu paraphrasieren, gut: Merci Chérie!
       
       22 Jul 2021
       
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