# taz.de -- Nachwahl in West Yorkshire: Labour gewinnt hauchdünn
       
       > Mit nur 323 Stimmen Vorsprung gewinnt Labour-Kandidatin Kim Leadbeater
       > die Nachwahl in Batley and Spen.
       
 (IMG) Bild: Kim Leadbeater freut sich über ihren Sieg
       
       LONDON taz | „Ich danke der Polizei, deren Hilfe ich traurigerweise in den
       letzten Wochen immer mehr benötigte“, verkündete Kim Leadbeater, 44, um
       kurz vor halb sechs Uhr morgens, als sie mit dem Sieg in der hart
       umfochtenen [1][Nachwahl in Batley and Spen] im nordenglischen West
       Yorkshire nach Verkündung der Wahlergebnisse endlich und übers Mikrofon
       hörbar aufatmen konnte. Am Ende hatte die Kandidatin der Labour Party einen
       Vorsprung von nur 323 Stimmen vor dem konservativen Ryan Stephenson. Deren
       linker Herausforderer George Galloway von der Workers Party kam nur auf
       Platz 3.
       
       Mehr als die Hälfte der Wahlberechtigten ignorierten die Wahl. Mit 47,6
       Prozent hatten nur knapp die Hälfte der 79.373 Wahlberechtigten ihre Stimme
       abgegeben.
       
       Neben der Polizei hatte Kim Leadbeater auch ihrer Familie, darunter ihren
       „fantastischen Eltern“ und ihrer „wundervollen Lebenspartnerin“ gedankt,
       die für sie nicht nur in den letzten fünf „zermürbenden“ Wochen, sondern
       auch in den letzten fünf Jahren eine Stütze gewesen seien. Damit sprach sie
       die [2][Ermordung] ihrer Schwester [3][Jo Cox] an, die den Wahlkreis bis zu
       ihrem Tod 2016 vertreten hatte.
       
       „Nach etwas Schlaf werde ich mich dran machen und mein Bestes geben, die
       vielen Themen anzugehen, die sich im Wahlkampf herausgestellt haben“,
       versicherte sie. Ihre Wahl sei ein Hoffnungszeichen und zeige die Ablehnung
       von Spaltungsversuchen.
       
       ## Labour und Tories müssen ihre Strategien überprüfen
       
       Auch Labourparteiführer Keir Starmer kann zumindest kurz aufatmen, da ein
       Verlust des Wahlkreises seine Position in Frage gestellt hätte. Aber das
       Ergebnis ist zu knapp, als dass sich Labour darauf ausruhen kann – zumal
       der Aufwand, den die Partei im Wahlkampf betrieb, mit Hundertschaften an
       Freiwilligen und Wahlmaterial, bei einer Nationalwahl nicht landesweit
       wiederholt werden könnte.
       
       Außerdem dürfte der aufsehenerregende [4][Rücktritt des konservativen
       Gesundheitsministers Matt Hancock] letztes Wochenende, der trotz
       Distanzregeln, die er selber aufgestellt hatte, mit einer Mitarbeiterin in
       seinem Büro herumknutschte und dabei erwischt wurde, den Konservativen
       nicht gerade beim Wahlkampf geholfen haben. Auch auf solche Zufälle kann
       Labour nicht immer hoffen.
       
       Das Einzige, das Leadbeater den meisten anderen Kandidat*innen in
       Batley und Spen voraushatte, war die Tatsache, dass sie aus dem Wahlkreis
       stammte. Zumindest das mag ein Hinweis darauf sein, was Menschen wichtig
       ist. Zu lange hatte Labour versucht, mutmaßlich sichere Wahlkreise
       auszunutzen, um für die Partei wichtige Kandidat*innen ins Parlament zu
       bringen, auch wenn sie nichts mit dem Wahlkreis am Hut hatten.
       
       Auch die konservativen Tories müssen über ihre zukünftige Strategie
       nachdenken – denn die Wahl in Batley and Spen wurde nur aufgrund der
       Kandidatur des altlinken George Galloway knapp, der Labour einige Stimmen
       stahl.
       
       2 Jul 2021
       
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