# taz.de -- Brände in Tierställen: Was tun?
       
       > Regelmäßig kommen bei Bränden in Tierställen hunderte oder gar tausende
       > Tiere ums Leben. Tierschützer:innen fordern einen besseren
       > Brandschutz.
       
 (IMG) Bild: 800 Tiere verendet: Brand in einem Schweinestall in Bramsche am 28. Juli 2021
       
       HAMBURG taz | Nicht bei jedem Brand in einem Stall sterben Tiere. Aber es
       gibt immer wieder tragische Fälle. Im März kommen bei einem Großbrand in
       einer Schweinezuchtanlage in Alt Tellin in Mecklenburg-Vorpommern fast
       50.000 Tiere ums Leben. Im Mai verbrennen in Gelting, Schleswig-Holstein
       mehr als 1.000 Schweine. Vergangene Woche war es wieder so weit. In
       Bramsche-Epe im Landkreis Osnabrück werden durch ein Feuer mehr als 800 von
       rund 1.500 Schweinen getötet. Etwa 100 weitere Tiere mussten nach
       Begutachtung des Veterinäramtes vor Ort notgetötet werden. Nach jetzigem
       Stand der Ermittlungen hat ein technischer Defekt das Feuer ausgelöst,
       teilt die zuständige Polizei mit.
       
       Warum brennen ausgerechnet Tierställe immer wieder? Tierschützer:innen
       weisen schon lange auf das Problem hin. Aktivist:innen des Deutschen
       Tierschutzbüros sind regelmäßig in Tierställen unterwegs, um die dortigen
       Bedingungen zu dokumentieren.
       
       Auch im Kreis Osnabrück sind sie in verschiedene Ställe eingestiegen:
       „Auffällig ist, dass sehr viele preiswerte Materialien beim Bau der Ställe
       verwendet werden. Das sind zum Teil Baustoffe, die man für den normalen
       Hausbau niemals zulassen würde. Das hat natürlich Auswirkungen: Wenn es
       brennt, dann brennt es wesentlich schneller und intensiver“, sagt Jan
       Peifer vom Deutschen Tierschutzbüro. Problematisch sei auch die Lagerung
       von Heu, Stroh oder Dünger in unmittelbarer Nähe. „Das ist im Brandfall
       eine Katastrophe“, so Peifer.
       
       Auch die existierenden Konzepte für den Brandschutz in Tierställen seien
       unzureichend. Schweine würden insbesondere in Zuchtbetrieben in
       Kastenständen oder Buchten gehalten, so der Tierschützer: „Um die Tiere im
       Brandfall zu evakuieren, müssten die Stände dann händisch geöffnet werden.
       Das ist in allen Haltungsformen ein Problem, auch bei Bio-Betrieben.“
       
       ## Neues Brandschutzkonzept
       
       Der Fachdienst Planen und Bauen des Landkreises Osnabrück kann insbesondere
       die Kritik an den verwendeten Baumaterialien nicht nachvollziehen. „Die
       Grundanforderungen zum Brandschutz unterscheiden sich bis auf die
       Rauchmelderpflicht zwischen Einfamilienhäusern und Ställen nicht“, heißt es
       auf Anfrage. Man lege bei der Planung einen Fokus darauf, „Brandausbrüche
       möglichst zu verhindern“. Ein „Nullrisiko“ könne nicht erreicht werden.
       
       Für Tierschützer:innen ist das unzureichend. Peifer fordert mehr
       Kontrollen des Brandschutzes in den Ställen: „Schon Tierschutzkontrollen
       werden nur sehr selten durchgeführt, bei Brandschutzkontrollen sieht es
       nicht anders aus.“ Vom Landkreis Osnabrück heißt es dazu nur: „Regelmäßige
       Brandschutzinspektionen sind in Ställen nicht vorgesehen.“
       
       Wie viele Ställe jährlich brennen und wie viele Tiere dabei getötet werden,
       kann niemand so genau sagen. Sowohl aus Kleinen Anfragen der Grünen im
       Bundestag als auch im Niedersächsischen Landtag geht hervor, dass es weder
       auf Bundes- noch auf Landesebene eine amtliche Statistik gibt, die die
       Anzahl getöteter oder verletzter Tiere aufgrund von Bränden erfasst.
       
       Das kritisiert auch Stefan Stein. Der Tierschützer wurde 2019 auf die
       Vielzahl von Bränden aufmerksam und führt seitdem eine eigene Erhebung über
       Stallbrände in Deutschland durch. Dazu wertet er gemeinsam mit zwei
       Mitstreiterinnen nahezu täglich Medienberichte sowie Polizei- und
       Feuerwehrmeldungen aus. Im vergangenen Jahr lag das Agrarland Niedersachsen
       demnach mit 413 Bränden und mehr als 9.000 getöteten Tieren auf Platz zwei
       hinter Spitzenreiter Bayern. Bundesweit sind nach Steins Erhebung fast
       56.000 Tiere bei mehr als 2.000 Bränden ums Leben gekommen.
       
       ## Keine Lösungsvorschläge aus dem Ministerium
       
       Vergleicht man diese Zahlen mit dem Jahr 2019, fallen sie fast niedrig aus.
       Nach Steins Erhebung sind damals deutschlandweit mehr als 115.000 Tiere ums
       Leben gekommen. „Die Dunkelziffer dürfte deutlich höher sein“, sagt er.
       Allein in Niedersachsen starben damals mehr als 86.000 Hühner bei einem
       einzigen Brand in einem Legehennenbetrieb im Kreis Vechta.
       
       Die Grünen im Niedersächsischen Landtag haben nun einen Antrag in den
       Agrarausschuss eingebracht, in dem sie eigene Punkte für ein
       Brandschutzkonzept unterbreiten. Lösungsvorschläge aus dem Ministerium gebe
       es trotz mehrfacher Anfragen und Forderungen keine.
       „Landwirtschaftsministerin Otte-Kinast ignoriert dieses gravierende
       Tierschutzproblem“, heißt es in einer Pressemitteilung.
       
       Das Landwirtschaftsministerium verweist auf Anfrage auf eine Arbeitsgruppe,
       die sich gemeinsam mit dem Bundeslandwirtschaftsministerium den
       Brandschutzmaßnahmen in Tierställen widme. Die Ergebnisse „sollen
       spätestens in der Frühjahrs-Agrarministerkonferenz 2022 und anschließend
       der Bauministerkonferenz vorgelegt werden“, heißt es.
       
       4 Aug 2021
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Simeon Laux
       
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