# taz.de -- CDU im Wahlkampf: Der überforderte Kandidat
       
       > Armin Laschet wirkt unernst und unstet. Seine schlechte Performance
       > könnte die Union die Macht kosten. Aber einen Plan B gibt es nicht.
       
 (IMG) Bild: Kann Laschet das überhaupt, Kanzler?
       
       Bei der CDU, die davon ausgeht, ein Dauerabo aufs Kanzleramt zu haben, geht
       die nackte Angst um. Die Konservativen haben zwei Probleme, die unmittelbar
       ihre Macht gefährden. Das eine Problem ist ihr Programm. Das zweite heißt
       Armin Laschet. Die Aussicht, dass die Union mit einem
       Irgendwas-über-20-Prozent-Ergebnis in der Opposition landet, ist nicht mehr
       unrealistisch. Wie konnte das passieren?
       
       Laschets Idee für einen inhaltsleeren Schlafwagenwahlkampf, der vor allem
       ein „Weiter-So“ verspricht, ist gescheitert. Die Realität der Klimakrise
       ist so mächtig, dass die fortgesetzte Realitätsflucht, die der Grundsound
       des Wahlprogramms von CDU und CSU ist, nicht durchzuhalten ist.
       
       Zur Erinnerung: Getrieben von dem starken Friedrich-Merz-Flügel verspricht
       die Union massive Steuersenkungen besonders für Reiche, die ein Loch von 33
       Milliarden Euro in den Haushalt reißen würden, wie Berechnungen [1][des
       Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung ergeben haben]. Sie tut das,
       obwohl der Staat im Kampf gegen Corona Hunderte Milliarden neue Schulden
       aufgenommen hat. Dieser Plan ist so aberwitzig, dass Laschet in Interviews
       behauptet, es seien keine Steuersenkungen geplant.
       
       Auch beim alles überwölbenden Thema Klimaschutz ist die CDU programmatisch
       blank. Sie bekennt sich in der Theorie zu weitgehenden Klimaschutz-Zielen,
       aber sie hat keine Idee, wie sie sie umsetzen will. Tempolimit? Nein.
       Höhere Spritpreise? I wo. Ein Ausstiegsdatum für den Verbrennungsmotor?
       Bloß nicht. Laschets CDU wollte sich aus dem wichtigsten Thema dieser Zeit
       heraushalten und den Grünen die Diskurslast für unangenehme Maßnahmen
       überstülpen. Annalena Baerbock sollte die Rolle der Ökospaßbremse
       übernehmen.
       
       Auch diese CDU-Taktik ist implodiert. Die Klimakrise hat sich durch die
       Flutkatastrophe in Laschets Heimat Nordrhein-Westfalen so vehement
       bemerkbar gemacht, dass Wegducken auf Dauer nicht mehr möglich ist. 86
       Prozent der Deutschen glauben, dass der Klimawandel auch in Deutschland ein
       großes oder sehr großes Problem ist.
       
       ## Realität der Hitze
       
       Und dann ist da ja noch die unerbittliche Realität, in der die Städte an
       die Hitze angepasst werden müssen und die Landwirtschaft sich verändern
       muss. Eine Volkspartei, die stolz auf ihren Pragmatismus ist, wird das
       nicht ignorieren können. Auch ein Kanzler Laschet wird Klimaschutzmaßnahmen
       durchsetzen müssen, wenn er im Amt bestehen will.
       
       Die Frage ist allerdings: Kann Laschet das überhaupt, Kanzler? Zur
       fehlenden intellektuellen Vorbereitung der CDU kommen ja die erkennbaren
       Schwächen des Kandidaten selbst. [2][Laschet wirkt chronisch überfordert,
       sein Auftreten in der Flutkatastrophe hatte etwas Unernstes.] Ähnlich
       unstet ist sein Coronamanagement. Die Union ist mit einem Kandidaten
       unterwegs, der keine Krise kann.
       
       Viele im CDU-Vorstand werden sich heimlich ärgern, sich in der
       Kandidatenfrage nicht hinter Markus Söder gestellt zu haben. Eigentlich
       müsste die Union ihren Kanzlerkandidaten austauschen. Söder hätte eindeutig
       die besseren Chancen. Sie wird es aber wohl nicht tun, weil das komplette
       CDU-Establishment desavouiert wäre, das Söder verhinderte.
       
       Und nun? Alles ist offen. Laschet kann am Ende ins Kanzleramt einziehen –
       oder die Union landet in der Opposition. Das erste Szenario ist keine
       schöne Aussicht. Ein Mann im Kanzleramt, der keine Qualitäten als
       Krisenmanager hat, ist nicht gut fürs Land. Und für die zweite Variante
       gibt es ein Vorbild. In Baden-Württemberg hat die CDU 2011 erlebt, was
       passiert, wenn ein schwacher Kandidat den Kontakt zur modernen Mitte
       verliert. [3][Der Christdemokrat Stefan Mappus] versenkte seine Partei
       damals in der Opposition, der Grüne Winfried Kretschmann übernahm die
       Geschäfte.
       
       Laschet bedeutet ein ähnliches Risiko für die Bundes-CDU. Aber für den
       Wahlkampf scheint sie keinen Plan B zu haben. Laschet wird weiter
       versuchen, sich irgendwie durchzuonkeln.
       
       14 Aug 2021
       
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 (DIR) [2] /PolitikerInnen-im-Fluteinsatz/!5781625
 (DIR) [3] https://de.wikipedia.org/wiki/Stefan_Mappus
       
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