# taz.de -- Priorität für den Kindergeburtstag: Wichtig für Mütter und Väter
       
       > Zu erwarten, dass eine Bürgermeisterin am Geburtstag ihres Kindes die
       > Sitzung vorzieht, ist ein No-Go. Mehr Frauen in diesem Amt sind nötig.
       
 (IMG) Bild: Gemeinsam die Geburtstagskerzen auspusten, das sollten auch Väter nicht verpassen
       
       Den Grünen, der CDU und der FDP ist in Bad Bramstedt ein Fehler
       unterlaufen. Mag sein, dass sie es im Eifer des Gefechts um Stellenplan und
       Kompetenzen nicht merkten, aber das Hinterfragen des Fernbleibens ihrer
       Bürgermeisterin von einem – kurzfristig angesetzten – Abendtermin am
       Geburtstags ihres Kindes ist gemein.
       
       Viele Frauen neigen eh dazu, mehr zu arbeiten als Männer und alles perfekt
       erledigen zu wollen. Hier wird einer Mutter die Harke gezeigt. Nach dem
       Motto: „Mädel, wenn du schon in die Führungsposition gehst, nimm hin, dass
       du keine,gute Mutter' bist und nicht mal Zeit hast, mit deinem Kind die
       Geburtstagskerze auszupusten.“
       
       Dabei sei dieses schöne Erlebnis auch allen Männern in diesem Amt gegönnt.
       Und es ist wichtig, dass es mehr Bürgermeisterinnen gibt, damit die
       Mischung stimmt. Denn obwohl Frauen die Hälfte der Bevölkerung stellen,
       besetzen Männer in Deutschland immer noch neun von zehn Bürgermeisterjobs.
       
       Eine [1][Studie der Europäischen Akademie für Frauen in Wirtschaft und
       Politik (EAF)] von 2014 ergab, dass es in Ostdeutschland doppelt so viele
       Bürgermeisterinnen gibt wie im Westen. Und Frauen in diesen Ämtern hatten
       eher schon fast erwachsene Kinder und sahen sich, was Lebensführung und
       Führungsstil betrifft, mit anderen Erwartungen konfrontiert als Männer.
       
       Um zu verstehen, dass sich mitunter sogar Frauen mit einer Bürgermeisterin
       schwer tun, müssen wir sehen, dass sich Westdeutschland in einem noch nicht
       so lange währenden Wandel befindet. Erst seit 2013 gibt es den
       Rechtsanspruch auf Krippenbetreuung. Vorher stand hinter der Vereinbarkeit
       von Job und Familie immer ein Fragezeichen, verzichteten in der Regel die
       Mütter auf Berufstätigkeit – und auch jetzt noch ist mancherorts ein
       Krippenplatz schwer zu finden.
       
       ## Viel mehr Kritik
       
       Dass Mütter zu Hause bleiben, war für die ältere Generationen üblich. Sie
       haben kein falsches Leben geführt, nur eben ein anderes. Sie sollten sich
       nicht durch eine junge Generation – für die die gemeinsame Kindererziehung
       selbstverständlich ist – infrage gestellt fühlen. Nur Gefühle lassen sich
       nicht immer leicht lenken und sind eben einfach da.
       
       Auf der Ebene von Parteien sollte man dieser Emotion aber keinen freien
       Lauf lassen. Zu sagen, Bürgermeister müssten Prioritäten setzen bei
       Geburtstag und Sitzung, ist ein No-Go.
       
       Natürlich müssen sich auch Frauen im Amt Kritik gefallen lassen. Das neu
       gegründete Netzwerk der Bürgermeisterinnen berichtet aber, dass sich „Darf
       die das?“-Fragen bei Amtsträgerinnen auffällig häufen. Der Fall Bad
       Bramstedt könnte Anlass sein, das zu untersuchen.
       
       30 Aug 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.eaf-berlin.de/publikation/frauen-fuehren-kommunen
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Kaija Kutter
       
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