# taz.de -- Berliner Krankenhausbewegung: Druck führt nicht zu Entlastung
       
       > Die streikenden Pflegekräfte in Berlins landeseigenen Krankenhäusern
       > stoßen auf Repression. Die Politik sieht zu.
       
 (IMG) Bild: Streikende Pflegende in Berlin, 23.8.2021
       
       Lippenbekenntnisse sind toll, weil sie zunächst nichts kosten. Diese
       Überzeugung wird scheinbar von den Klinikleitungen der kommunalen
       Krankenhäuser Vivantes und Charité ebenso geteilt wie von
       Spitzenpolitiker:innen jeglicher Couleur. Beobachtet werden konnte
       dies vergangene Woche während des Streikauftakts der Krankenhausbewegung.
       
       So erklärte Vivantes, das Recht der Beschäftigten auf Streik zu
       unterstützen – um im nächsten Moment [1][mit allen möglichen juristischen
       Tricks] zu versuchen, die Streiks zu verbieten. Begründet wurde dies zum
       Teil auch noch damit, dass der Arbeitskampf für die Entlastung der
       Pflegenden die Versorgung von Patient:innen gefährden würde. Als würden
       die Pflegenden nicht gerade dafür kämpfen, dass diese eben nicht mehr
       behandelt werden wie am Fließband.
       
       [2][Die Charité] versuchte derweil, das massive „Union Busting“ von
       Vivantes für sich zu nutzen, indem sie stolz verkündete, den Streikenden
       keine Jurist:innen auf den Hals gehetzt zu haben. Einerseits stimmt das,
       andererseits wurden Berichten zufolge Stationen nicht geleert, obwohl sich
       viele der dort eingesetzten Pflegekräfte als Streikteilnehmer:innen
       angekündigt hatten. Sie mussten ihren Arbeitskampf absagen, um sich um
       Patient:innen zu kümmern, die die Charité nicht hätte aufnehmen dürfen.
       Im Klartext: Die Charité versucht scheinbar, ihre Beschäftigten zu
       erpressen – und ist damit auch noch erfolgreich.
       
       Vermutlich schießen sich die Klinikleitungen mit dieser
       Repressionsstrategie aber ins eigene Bein. Denn aufgeben werden die
       Krankenhausbeschäftigen wohl nicht, im Gegenteil: Sie werden immer
       wütender, weil sie sich – zu Recht – für dumm verkauft und moralisch
       erpresst halten.
       
       Spitzenreiterin im Wettkampf um die fadenscheinigsten Lippenbekenntnisse
       bleibt aber die Politik; und hier insbesondere die SPD, die mit der
       Gesundheits- und Finanzverwaltung die entscheidenden Ressorts innehat.
       Bereits im Mai hatte die Krankenhausbewegung ihr 100-Tage-Ultimatum
       gestartet. Eine ganze Menge Zeit für die Politiker:innen, Druck auf die
       Kliniken auszuüben, die dem Land schließlich gehören. Auch hätten Wege
       gefunden werden können, die möglicherweise entstehenden Finanzierungslücken
       zu stopfen. Hätte doch drin sein können, nach einem Jahr Klatschen für die
       Pflegenden.
       
       Stattdessen erzählt SPD-Fraktionschef Raed Saleh pathetisch, Arbeitskämpfe
       seien die [3][DNA der Sozialdemokratie]. Gleichzeitig weigert sich sein
       Parteigenosse Matthias Kollatz – Finanzsenator und Vorsitzender des
       Vivantes-Aufsichtsrats – die Klinikleitungen per Gesellschafterweisung zu
       verpflichten, Tarifverhandlungen aufzunehmen. Dabei würde sich die SPD so
       mitten im Wahlkampf schützend vor die Held:innen der Pandemie stellen.
       Doch wirklich handeln will scheinbar niemand in der SPD. Warum, wissen die
       Sozen nur selber. Mit nur einem Tropfen Sozialdemokratie in ihrer DNA
       würden sie’s wohl tun.
       
       27 Aug 2021
       
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 (DIR) Timm Kühn
       
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