# taz.de -- Petition der Woche: Eine Bilanz für das gute Leben
       
       > Der Verein Gemeinwohl-Ökonomie Deutschland setzt sich für eine ethische
       > Wirtschaft ein. Sein Ziel: Das gute Leben für alle Menschen.
       
 (IMG) Bild: Auf einer Wiese im Sommer zu liegen ist auf jeden Fall Teil eines guten Lebens
       
       Dass im Kapitalismus Unternehmen vor allem um ihr eigenes Wohlergehen
       bemüht sind, ist bekannt. Der Blick fürs große Ganze, ein Sinn fürs
       Gemeinwohl gar, spielt eine eher untergeordnete Rolle. Jutta Hieronymus
       will das ändern. „Mehr Markt, mehr Wachstum, mehr Wohlstand – das
       funktioniert nicht“, schreibt sie als Vorstandsmitglied des Vereins
       Gemeinwohl-Ökonomie Deutschland [1][in ihrer Petition auf openpetition.de].
       
       Die Bewegung setzt sich für ethisches Wirtschaften ein – die Gemeinwohl
       Ökonomie (GWÖ). Diese hat ein hehres Ziel – das gute Leben für alle. Die
       Wirtschaft soll stärker auf Werten wie Menschenwürde, Solidarität,
       ökologische Nachhaltigkeit, soziale Gerechtigkeit und demokratische
       Mitbestimmung aufbauen.
       
       ## Die Gemeinwohl-Bilanz
       
       Um das zu erfassen, zieht die GWÖ eine Bilanz. Nach der werden Betriebe
       nicht nur an ihrer Kapitalrendite, sondern auch an ihrem Beitrag zum
       Gemeinwohl gemessen. Unternehmen, Gemeinden oder Bildungseinrichtungen
       erstellen dazu einen Bericht, der im Anschluss extern geprüft wird. Nach
       Feedback- und Entwicklungsgesprächen kann die Bilanz veröffentlicht werden.
       
       Ob ein Unternehmen sich an den zwanzig Kriterien der GWÖ messen möchte,
       entscheidet es selbst. Einen politischen oder finanziellen Ansporn gibt es
       bisher nicht. Für Jutta Hieronymus ist das ein Missstand. In ihrer Petition
       fordert sie deshalb den Bundestag auf, Unternehmen zu mehr Gemeinwohl
       Ökonomie zu motivieren. Zum Beispiel soll die Bilanz als offizieller
       Nachhaltigkeitsbericht anerkannt und steuerliche Anreize und
       Wirtschaftsförderungungen an das Ergebnis geknüpft werden.
       
       ## Verbesserungspotenzial erkennen
       
       Der Ökostrom-Anbieter Polarstern hat sich auch ohne diese Anreize zu einer
       Gemeinwohlbilanz entschieden. Geschäftsführer Florian Henle sagt: „Unser
       Unternehmen ist nachhaltig eingestellt, doch wir sind nicht perfekt. Durch
       die Gemeinwohlbilanz können wir feststellen, in welchen Bereichen wir uns
       noch verbessern können.“
       
       So führte Henle 2014 nach einer Gemeinwohlbilanz Lieferantenbefragungen ein
       und setzte schon vor Jahren um, worauf der kürzlich beschlossene Entwurf
       des Lieferkettengesetzes abzielt: Menschenrechte über globale Lieferketten
       hinweg schützen. Polarstern möchte die Bilanz auch in Zukunft etwa alle
       zwei Jahre erstellen, die aktuelle Version ist derzeit in der
       Finalisierung.
       
       ## Umdenken in der Wirtschaft?
       
       Neben dem Ökostromunternehmen haben mehr als 500 Betriebe eine Bilanz
       erstellt, aus dem Gesundheitswesen, der Lebensmittel-, Dienstleistungs- und
       Finanzbranche und dem Bereich Bildung. Ist das der Beginn des großen
       Umbruchs, einem grundlegenden Umdenken in der Wirtschaft?
       
       Jutta Hieronymus jedenfalls ist sich sicher: „Ohne eine drastische Umpolung
       unseres Wirtschaftssystems hin zu Werten der Würde, können wir weder
       soziale Gerechtigkeit erreichen, noch die Klimakrise bewältigen“, so
       schreibt sie im Petitionstext. Doch auch die Allgemeinheit nimmt sie in die
       Pflicht:„Jetzt liegt es an jedem von uns die Gemeinwohl-Ökonomie zu
       etablieren.“ Und falls die Petition erfolgreich ist, würden in Zukunft
       vielleicht auch Unternehmen zu einer Bilanz gedrängt, die ihren – nicht
       vorhandenen – Beitrag zum Gemeinwohl lieber nicht veröffentlichen würden.
       
       28 Aug 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.openpetition.de/petition/online/gemeinwohl-bilanzierung-fuer-oeffentliche-unternehmen
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Maike Schulte
       
       ## TAGS
       
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