# taz.de -- Qualität von Flüchtlingsunterkünften: Gute Arbeit muss belohnt werden
       
       > Bei der Ausschreibung von Flüchtlingsheimen zähle allein der günstigste
       > Preis, klagen Heimbetreiber – und stellen Forderungen an den nächsten
       > Senat.
       
 (IMG) Bild: Die Unterbringung von und Arbeit mit Geflüchteten muss gut bezahlt werden, sagen Heimbetreiber
       
       BERLIN taz | Bei der Flüchtlingsunterbringung ist der Senat – wie in
       anderen Bereichen – mit vielen guten Vorsätzen gestartet: Die Qualität der
       Heime sollte besser werden, es sollte nicht mehr wie früher allein der
       Preis den Ausschlag geben für einen Betreiber. Stattdessen sollte gute
       Arbeit mit den Geflüchteten ebenso honoriert werden wie gute
       Arbeitsbedingungen für die Mitarbeitenden.
       
       Die Realität sieht anders aus, klagen nun zwölf Betreiber, die sich zu
       einer Initiative zusammengetan und einen Forderungskatalog für den nächsten
       Senat zusammengestellt haben. Es herrsche ein „undurchschaubarer
       Wettbewerb“, sagte [1][Peter Hermanns] vom Internationalen Bund (IB) am
       Donnerstag. Entgegen den Behauptungen der Integrationsverwaltung von
       Senatorin Elke Breitenbach (Linke) gewinne de facto bei Ausschreibungen
       stets das Angebot mit dem „wirtschaftlichsten“ Preis.
       
       Sowohl für die BewohnerInnen der Heime als auch für die Mitarbeitenden habe
       das fatale Folgen, erklärte Juliane Willuhn, Bereichsleiterin bei der
       Arbeiterwohlfahrt (Awo) Mitte. Im Schnitt alle drei Jahre werde eine
       Unterkunft neu ausgeschrieben – und „fast immer“ gebe es einen
       Betreiberwechel, weil jemand einen günstigeren Preis biete, also „meist
       auch geringere Löhne“.
       
       Während die Mitarbeiterinnen also entweder gekündigt oder zu schlechteren
       Kondition erneut angeheuert würden, verlören die BewohnerInnen, die oft
       viele Jahre in den Einrichtungen leben müssen, weil sie keine Wohnung
       finden, andauernd ihre Bezugspersonen.
       
       ## „Wichtige Integrationsarbeit“
       
       Zudem müssten die neuen Betreiber im Kiez erst wieder die Netzwerke
       aufbauen, etwa zu Kitas, Schulen, Beratungsstellen etc., was mindestens ein
       Jahr in Anspruch nehme, ergänzte Michael Elias von Tamaja. „Es gibt zu
       wenig Aufmerksamkeit für unsere wichtige Integrationsarbeit im Kiez.“
       
       Die Betreiber fordern daher eine längere Laufzeit für den Betrieb eines
       Heims von in der Regel acht Jahren, um die Kontinuität der Arbeit zu
       gewährleisten. Zudem sollte bei der Beurteilung der eingereichten
       Bewerberkonzepte eine „marktgerechte Bezahlung“ (anstatt lediglich der
       Mindestlohn) und eine gute Personalpolitik „deutlich höheres Gewicht“
       bekommen.
       
       Sozialsenatorin Breitenbach hat bislang stets erklärt, die Qualität eines
       Konzepts fließe mit 70 Prozent in die Beurteilung ein, der Preis nur mit 30
       Prozent. Bei gleicher Qualität müsse man aber das „wirtschaftlichste“
       Angebot nehmen – dies erfordere das EU-Vergaberecht.
       
       Den Betreibern gehe es jedoch nicht darum, das Vergaberecht zu ändern,
       erwiderte Elias. Doch müsse bei der Beurteilung der Qualität, die ein
       Betreiber verspricht, etwa zur Integrationsarbeit, die tatsächliche
       Leistung berücksichtigt werden – und nicht allein das, was auf dem Papier
       versprochen werde. „Die Auslegung des Vergaberechts im Land können wir
       verändern“, so Hermanns. Man müsse gute Betreiber von schlechten, die
       Preisdumping betreiben, unterscheiden können.
       
       16 Sep 2021
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Susanne Memarnia
       
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