# taz.de -- Linken-Absturz bei der Bundestagswahl: Große Ratlosigkeit
       
       > Die Linkspartei hat mehr als zwei Millionen Stimmen verloren und die
       > Fünf-Prozent-Hürde verfehlt. Jetzt sucht sie nach Erklärungen für das
       > Desaster.
       
 (IMG) Bild: Nicht lustig: Die Linken-Spitze um Wissler, Bartsch und Hennig-Wellsow am Montag in Berlin
       
       BERLIN taz | Am Tag danach ist die Stimmung trübe. Die Parteivorsitzenden
       Janine Wissler und Susanne Hennig-Wellsow sitzen gemeinsam mit
       Fraktionschef Dietmar Bartsch am Montag in der Bundespressekonferenz und
       alle drei wirken ratlos. „Wir wissen, dass wir eine schwere Niederlage
       eingefahren haben“, sagt Hennig-Wellsow. Aber die Erklärung für das
       Wahldebakel sei „nicht ganz einfach“ und „sehr komplex“.
       
       Wissler spricht von einem „tiefen Einschnitt“. Es müsse „jetzt wirklich
       darum gehen, die Fehler zu analysieren“. Und Bartsch meint: „Wir müssen
       einige Grundfragen stellen.“ Ihr Ringen nach passenden Worten ist wenig
       verwunderlich.
       
       Der [1][Schock des Wahlsonntags] steht den drei Spitzen-Linken ins Gesicht
       geschrieben. Mehr als 2 Millionen Wähler:innenstimmen hat die
       Linkspartei verloren. Von 9,2 ist sie auf 4,9 Prozent abgestürzt. Dass sie
       überhaupt wieder in den Bundestag einziehen kann, verdankt sie nur den drei
       gewonnenen Direktmandaten – und das hätte leicht auch noch schiefgehen
       können.
       
       Zwar haben Gregor Gysi und Gesine Lötzsch erwartungsgemäß ihre Wahlkreise
       in Berlin gewinnen können. Aber ausgerechnet Petra Pau patzte: Die
       Bundestagsvizepräsidentin unterlag dem CDU-Mann Mario Czaja. Dabei galt der
       Berliner Wahlkreis Marzahn-Hellersdorf seit der Wiedervereinigung als
       sichere linke Bank: Viermal in Folge hatte ihn Pau gewonnen, davor dreimal
       Gysi.
       
       ## Stark geschrumpfte Bundestagsfraktion
       
       Dass es dennoch für jenes dritte Direktmandat gereicht hat, welches die
       Linkspartei für den Wiedereinzug ins Parlament benötigte, verdankt sich
       Sören Pellmann, der eher überraschend seinen 2017 erstmalig gewonnenen
       Wahlkreis in Leipzig verteidigen konnte. So bleibt der Linkspartei das
       Schicksal der PDS von 2002 erspart, als nur noch Lötzsch und Pau alleine
       ins Parlament einziehen durften.
       
       Anders als die PDS 1994, als sie ebenfalls die 5-Prozent-Hürde verfehlte
       und nur dank der Grundmandatsklausel den Einzug in den Bundestag schaffte,
       wird die Linkspartei nicht als Gruppe, sondern wie bisher als Fraktion
       arbeiten können. Denn Kriterium für den Fraktionsstatus ist nach der
       Bundestagsgeschäftsordnung nicht das Wahlergebnis, sondern ob eine Partei
       mindestens 5 Prozent der Abgeordneten im Parlament stellt. Die Linkspartei
       kommt auf 5,3 Prozent.
       
       Dank Gysi, Lötzsch und Pellmann ziehen nun insgesamt 39 Abgeordnete der
       Linkspartei in den Reichstag ein, das sind 30 weniger als bisher. Mit dabei
       sind erstmalig die beiden Parteichefinnen Wissler und Hennig-Wellsow. Deren
       Vorgänger:innen [2][Katja Kipping] und Bernd Riexinger gehören der
       Linksfraktion ebenso weiter an wie Ex-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht.
       Die als Direktkandidatin gescheiterte Pau hat es über die Berliner
       Landesliste ebenso noch mal in den Bundestag geschafft.
       
       Einige bekanntere Namen werden künftig jedoch fehlen. So reichte es nicht
       mehr für die Außen- und Friedenspolitiker:innen Matthias Höhn, Heike
       Hänsel, Alexander Neu und Tobias Pflüger. Auf der Strecke geblieben ist
       auch der [3][Umweltpolitiker Lorenz Gösta Beutin], der bisherige
       Fraktionssprecher für Klimapolitik. Nicht mehr dabei ist zudem der
       schillernde [4][Musikproduzent Diether Dehm], der sich künftig mit voller
       Kraft auf seine musikalischen Talente wird konzentrieren können.
       
       Schon im Vorfeld auf eine erneute Kandidatur verzichtet hatten die
       Innenpolitikerin Ulla Jelpke, der Wirtschaftsexperte Fabio De Masi, der
       Außenpolitiker Stefan Liebich und die frühere Attac-Geschäftsführerin
       Sabine Leidig.
       
       Die Verbliebenen werden einiges zu diskutieren haben.
       
       28 Sep 2021
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Pascal Beucker
       
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