# taz.de -- Rede vor der UN-Generalversammlung: Johnson lässt Puppen tanzen
       
       > Wenn der britische Premier redet, wird es gern mal albern bis absurd.
       > Jüngst beschwörte er Windgott Boreas und die Muppet-Show herauf.
       
 (IMG) Bild: Ist es leicht, grün zu sein? Johnson bezog sich in der UN-Vollversammlung auf Kermit der Frosch
       
       LONDON taz | „Wir sind Sweet 16, süße 16 Jahre alt“ – und müssten dringend
       erwachsen werden. So beschrieb der britische Premierminister Boris Johnson
       die Menschheit in einer Ansprache zum Kampf gegen den Klimawandel vor der
       UN-Vollversammlung in New York am Mittwochabend. Johnson nutzte seinen
       Auftritt, um vor der Klimakonferenz COP 26 Ende Oktober in Glasgow die
       Weltgemeinschaft auf Verhaltensänderungen mit einer absurd-komischen Rede
       einzuschwören.
       
       Das Alter 16 errechne sich durch die nur 200.000 Jahre lange Existenz der
       Menschheit – im Vergleich mit anderen Säugetieren. Es bedeute, dass die
       Menschheit sich bisher pubertär verhalten habe, jedoch dringend erwachsen
       werden müsse, um den Klimawandel zu aufzuhalten.
       
       Viele hatten in der Vergangenheit mit bitterem Ernst versucht, vor der
       Erderwärmung zu warnen. Mit Johnson sprach nun jemand auf höchster Ebene,
       [1][der selbst nur zu gut für Teenager-artiges und tollpatschiges Verhalten
       bekannt ist – aber gleichzeitig auch für sprachgewandte, witzelnde
       Allegorien].
       
       Mit Sprachbildern von Sophokles bis zur Muppet Show blieb Johnson auch
       dieses Mal seinem Image treu. Auch wenn er manchmal aufs Pult schlug, um
       seinen Ausführungen bezüglich des Klimawandels etwas Gravitas zu verleihen
       – vor allem, als er von Kermit, dem Frosch aus der Muppet Show, sprach.
       
       ## Der Frosch Kermit habe falsch gelegen, so Johnson
       
       Als dieser gesungen habe, es sei „nicht leicht, grün zu sein“, habe er
       falsch gelegen, beteuerte Johnson. „Er lag falsch. Es ist nicht nur
       einfach, es ist lukrativ und es ist richtig, grün zu sein!“ Im Übrigen sei
       Kermit auch „unnötig unhöflich zu Miss Piggy“ gewesen.
       
       Tatsächlich ist es auch einer Frau zu verdanken, dass der britische Premier
       sich heutzutage für eine nachhaltigere Politik einsetzt. Es war schließlich
       der Einfluss Johnsons dritter Frau Carrie, die sich einen Namen als
       begeisterte Umweltschützerin gemacht und Johnson sozusagen in einen grünen
       Frosch verwandelt hat.
       
       In seiner Ansprache verkündete Johnson jedenfalls nun, dass „die Menschheit
       auf beeindruckende Weise in der Lage sei, sich selbst zu retten“. Als er
       mit dem Beispiel der Windkraftanlagen vor der ostenglischen Küste prahlte,
       gab er an, dass er wegen der vielen dort produzierten Energie nun darüber
       nachdenke, seinen Namen zu Ehren des Gottes des Nordwinds in „Boreas“
       Johnson zu ändern.
       
       Die Klimakonferenz in Glasgow beschrieb der selbsternannte Gott Boreas dann
       weiter als „Geburtstagsfeier der pubertären Menschheit, auf der die Kerzen
       einer brennenden Welt ausgeblasen“ werden müssten.
       
       ## Alles nur Greenwashing?
       
       Doch auch im Vereinigten Königreich gehen nicht alle mit dem Eigenlob des
       Premiers d'accord. So fragte sich Wissenschaftlerin [2][Adrienne Buller von
       der Denkfabrik Common Wealth im Guardian], ob Johnson, vor nicht allzu
       langer Zeit noch Fracking-Unterstützer und Klimawandelleugner, zu mehr als
       Greenwashing in der Lage sei. Die von Johnson hochgelobten
       batteriebetriebenen Fahrzeuge sah Buller außerdem keineswegs als
       ökologische Lösung.
       
       Kritik gibt es auch an anderen Maßnahmen, etwa dem gerade entstehenden
       HS2-Eisenbahnhöchstgeschwindigkeitsnetz, aber auch an der geplanten
       Herstellung von Wasserstoff durch die Verbrennung von Gas oder dem Bau
       neuer Atomkraftwerke. Nach einer am Donnerstag veröffentlichten Studie der
       Universität Westenglands tun sich zudem zahlreiche britische Sektoren wie
       die herstellende Industrie, das Bau- und das Transportwesen schwer, die
       britischen Klimaziele zu erreichen, bis 2050 CO2-neutral zu sein.
       
       Trotz der Umsetzungsprobleme der ambitionierten britischen Klimaziele sieht
       Times-Kolumnist David Aarnowich gerade in Johnson das Potenzial, als
       einstiger Klimawandelleugner Unüberzeugte überreden zu können. Wenn mit
       Kermits und Piggys Hilfe alle Puppen tanzen, vielleicht auch die von Chinas
       Staatspräsident Xi Jinping, könnte es geschafft sein.
       
       24 Sep 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Johnson-und-May/!5609134
 (DIR) [2] https://www.theguardian.com/commentisfree/2021/sep/21/johnson-climate-denial-delay
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Daniel Zylbersztajn-Lewandowski
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Boris Johnson
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) Klimakonferenz in Dubai
 (DIR) Glasgow
 (DIR) UN-Vollversammlung
 (DIR) Großbritannien
 (DIR) Großbritannien
 (DIR) Großbritannien
 (DIR) Großbritannien
 (DIR) Klimakonferenz in Dubai
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Boris Johnson beim Tory-Parteitag: Premier trotzt Versorgungskrise
       
       Der britische Premier Johnson will beim Tory-Parteitag trotz
       Versorgungskrise von Arbeitsmigration nichts wissen. Seinen Parteifreunden
       gefällt das.
       
 (DIR) Lkw-Krise in Großbritannien: Auslaufmodell Billigarbeit
       
       Nicht nur Großbritannien, sondern ganz Europa hat ein Problem mit schlecht
       bezahlten Knochenjobs. Was es jetzt braucht: ein neues Wirtschaftsmodell.
       
 (DIR) Neue Außenministerin in Großbritannien: Die Rebellin
       
       Liz Truss hat was gegen links. Großbritanniens Konservative handeln sie als
       künftige Premierministerin.
       
 (DIR) Rechtsruck in Großbritannien: Eine illiberale Demokratie
       
       Wer Boris Johnson für einen Politclown hielt, hat sich getäuscht. Er
       verändert Großbritannien in eine autoritäre Richtung.
       
 (DIR) Vorbereitungen zur Weltklimakonferenz: Viel Arbeit für Glasgow
       
       Die Vorverhandlungen zur Klimakonferenz verzeichnen nur kleine Erfolge. Bei
       gemeinsamen Handelsregeln ist keine Einigung in Sicht.