# taz.de -- Panikattacken in der Bahn: Die Angst als ständige Begleiterin
       
       > Etwa jede:r Fünfte bekommt mal eine Panikattacke. Auch unsere Autorin
       > hat sie manchmal. Und weiß: Ein offener Umgang damit hilft.
       
 (IMG) Bild: Manchmal ist die Angst schneller
       
       Was haben [1][Miley Cyrus], Prinz Harry und Rezo gemeinsam? Sie haben nach
       eigenen Aussagen schon mal eine Panikattacke erlebt. Hierzulande machen
       etwa 20 Prozent der Bevölkerung mindestens einmal in ihrem Leben diese
       Erfahrung – meist folgenlos. Schwierig wird es, wenn sich die Attacken
       häufen, die Angst zur steten Begleiterin wird.
       
       Mich überkommen Panikattacken in unregelmäßigen Abständen. Ein Muster
       erkenne ich nicht zwingend, aber die Wahrscheinlichkeit, dass sie mit einer
       meiner depressiven Phasen einhergehen, ist hoch. Auch gibt es Faktoren, die
       sie begünstigen. [2][Bahnfahren] gehört dazu.
       
       Gemeint ist nicht das romantische Fahren in einem Zug mit Bordbistro und
       vorbeiziehender Landschaft. Nein, wo sich meine Angst richtig wohl fühlt,
       ist der öffentliche Personennahverkehr. Zu eng, zu viele Menschen auf
       kleinem Raum, zu viel Unvorhersehbares. Hier wächst und gedeiht jedes
       kleine Fünkchen Angst ganz prächtig.
       
       Mit den Jahren habe ich die Zeichen zu deuten gelernt, kann frühzeitig
       einschreiten, – quasi die Angst im Keim ersticken. Dann hilft es mir,
       bewusst tief ein- und auszuatmen, die Hände abwechselnd zu einer Faust zu
       schließen und wieder zu öffnen oder mir leicht und regelmäßig aufs
       Brustbein zu klopfen. Auf und ab gehen kann helfen, ebenso wie sich selbst
       gut zureden. (Das fällt in Berliner Öffis nicht mal besonders auf.) Wenn es
       nicht anders geht, steige ich zwischendrin aus.
       
       ## Erst dachte ich, es sei ein Herzinfarkt
       
       Aber manchmal ist die Angst schneller. Dann treibt sie aus, rankt sich um
       mich wie die Teufelsschlinge im ersten Harry-Potter-Teil, die jeden
       zerdrückt, der sie berührt. Ihre Triebe quetschen Schweiß aus meinen Poren,
       meine Haut fühlt sich heiß und kalt zugleich an. Das Licht wirkt greller,
       die Geräusche um mich herum schwellen zu einem Getöse an. Ich vergesse zu
       atmen, dann wieder geht der Atem viel zu schnell. Meine Finger kribbeln,
       meine Nase auch. Manchmal fließen Tränen.
       
       Vor ein paar Jahren rief ich beinah den Krankenwagen, weil mir zudem
       plötzlich der linke Arm schmerzte und ich sicher war, einen Herzinfarkt zu
       haben. Mittlerweile weiß ich, dass sich [3][ein Herzinfarkt bei Frauen oft
       anders äußert]. Statt den Krankenwagen rief ich meine Mutter an, die mir
       gut zuredete und von einer Panikattacke sprach. Sie hatte recht und ich ein
       weiteres Symptom.
       
       Im Nachhinein bin ich froh, nicht den Krankenwagen gerufen zu haben, da ich
       befürchtete, als hysterisch abgestempelt zu werden. Auch das ist mir bei
       Ärzt*innen schon passiert. Zwar ist eine Panikattacke per se nicht
       gefährlich, dennoch handelt es sich um ein Warnzeichen und sollte bei
       mehrmaligem Auftreten ernst genommen werden.
       
       Miley Cyrus unterbrach unlängst ein Konzert, um das Gefühl einer
       aufkeimenden Panikattacke mit dem Publikum zu teilen: „Ich denke, wenn ich
       ehrlich bin, habe ich weniger Angst.“ Wie recht sie hat – denn nichts ist
       besserer Nährboden für die Angst als Schweigen.
       
       19 Oct 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Neues-Album-von-US-Saengerin-Miley-Cyrus/!5732156
 (DIR) [2] /Preiserhoehungen-bei-der-Bahn/!5801305
 (DIR) [3] https://www.herzstiftung.de/infos-zu-herzerkrankungen/herzinfarkt/anzeichen/herzinfarkt-frauen-symptome
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sophia Zessnik
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Kolumne Great Depression
 (DIR) Depression
 (DIR) Psychische Erkrankungen
 (DIR) Kolumne Provinzhauptstadt
 (DIR) Kolumne Great Depression
 (DIR) Kolumne Great Depression
 (DIR) psychische Gesundheit
 (DIR) Schwerpunkt Facebook
 (DIR) Kolumne Great Depression
 (DIR) Kolumne Great Depression
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Der Boys Day bringt auch nichts: Mama Ju, Rezo und der Zukunftstag
       
       Die Kolumnistin hat arge Zweifel am Sinn des „Zukunftstages“, leidet unter
       eskalierenden Berufsbedenken und quasi-adoptierten Youtubern.
       
 (DIR) Nutzen einer Therapie: Auf die nächsten sechs Jahre
       
       Viele Menschen denken, durch eine Therapie würde man „repariert“. Unsere
       Autorin brauchte selbst lange, bis sie verstand, dass das nicht möglich
       ist.
       
 (DIR) Psychische und körperliche Gesundheit: Wir reden psychische Symptome klein
       
       Unsere Autorin hat eine Depression, bei der körperliche Symptome stark
       sind. Mediziner*innen brauchen oft mehrere Anläufe, um das zu
       erkennen.
       
 (DIR) Mentale Gesundheit in Pandemie: Zu depressiv zum Anziehen
       
       Mit der anhaltenden Pandemie ist die Stimmung bei vielen gedrückt. Das
       sorgt auch für mehr Verständnis depressiven Menschen gegenüber.
       
 (DIR) Depressionen durch Instagram: Vom Trost bei Fremden
       
       Instagram ist ein toller Ort, um sich mit Gleichgesinnten zu vernetzen.
       Doch gerade bei jungen Frauen kann die Nutzung zu psychischen Problemen
       führen.
       
 (DIR) Psychische Erkrankungen in der Pandemie: Die große gesellschaftliche Lücke
       
       Psychische Gesundheit hängt stark mit den Lebens- und Arbeitsbedingungen
       zusammen. Dort anzusetzen, sollte Priorität der nächsten Regierung sein.
       
 (DIR) Psychische Erkrankungen: Entwicklungsland der Gefühle
       
       Obwohl Depressionen in Filmen oder Serien Thema sind, wird noch viel zu
       wenig ohne Scham über sie gesprochen. Zeit, das zu ändern.