# taz.de -- Republikanerin Lauren Boebert: In Trump-Manier
       
       > Immer mehr US-RepublikanerInnen eifern im Tonfall ihrem populistischen
       > Vorbild nach. Ganz vorn dabei: die 35-jährige Lauren Boebert aus
       > Colorado.
       
 (IMG) Bild: Lauren Boebert ist für drastische Aussagen vor allem gegenüber Muslime bekannt
       
       NEW YORK taz | Das Restaurant trägt den Namen „Shooters Grill“
       (Schützengrill). Es befindet sich in „Rifle“ (Gewehr). Die Kellnerinnen
       tragen Pistolen an der Hüfte. Die Eigentümerin, Lauren Boebert, posiert
       gelegentlich mit einer Schusswaffe in einem Oberschenkelholster. Seit dem
       3. Januar dieses Jahres hat sie allerdings noch einen weiteren Job: Boebert
       sitzt als Abgeordnete für den dritten Wahlkreis von Colorado im
       US-Repräsentantenhaus.
       
       Ihre knapp zwölf Monate als Abgeordnete hat Boebert mit öffentlichen
       Ermunterungen zum Sturm auf das Kapitol begonnen. „Erinnert euch an die
       kommenden 48 Stunden“, tweetete sie kurz vor der Besetzung des
       Parlamentsgebäudes, die das Ziel hatte, die Bestätigung der Wahl von Joe
       Biden zum Präsidenten zu verhindern. Dann, am 6. Januar, dem Tag des
       Sturms: „Heute ist 1776.“ Wenig später veröffentlichte Boebert das
       Versteck, in das die Abgeordneten eskortiert worden waren, um sie vor den
       Angreifern zu schützen. Zwei an dem Sturm Beteiligte, die inzwischen wegen
       Verschwörung angeklagt sind, haben gegenüber dem Magazin [1][Rolling Stone]
       erklärt, dass Boebert eine der Abgeordneten war, mit denen sie ihre Aktion
       koordiniert haben.
       
       In den zurückliegenden Tagen hat die 35-jährige Abgeordnete erneut
       Schlagzeilen gemacht. Bei einer Sitzung des Repräsentantenhauses Ende
       November bezeichnete sie die Gruppe der progressiven DemokratInnen als
       „Jihad Squad“ – Jihad-Truppe. Es war der Versuch, sie als terroristisch zu
       diffamieren und zugleich Ressentiments gegen ihre beiden muslimischen
       Mitglieder zu schüren.
       
       ## Witzchen auf Kosten von Muslim*innen
       
       Eine der beiden, die Abgeordnete Ilhan Omar aus Minnesota, nahm Boebert
       auch bei einer Veranstaltung in ihrem Wahlkreis in Colorado ins Visier.
       Dort beschrieb sie, wie sie einmal in einem [2][Aufzug] im US-Kapitol auf
       Omar getroffen sei und „Ah, da ist die Jihad-Truppe“ gesagt habe. Weiter
       erzählte Boebert, sie sei „nervös“ gewesen, aber es habe sie beruhigt, dass
       Omar „keinen Rucksack“ trug.
       
       Dieser „Witz“ über eine Selbstmordattentäterin im US-Kapitol war kein
       Ausrutscher. Boebert hatte ihn schon Monate zuvor bei einem
       Fundraisingabendessen mit republikanischen Geldgebern zum Besten gegeben.
       Bei der Gelegenheit garnierte sie ihre Aufzuganekdote zusätzlich mit den
       Worten, die Squad-Mitglieder seien „böse Frauen mit schwarzen Herzen“. Auf
       den Videomitschnitten ist zustimmendes Lachen zu hören. Und Applaus.
       
       „Antimuslimische Bigotterie ist nicht lustig“, antwortete Ilhan Omar. Die
       Demokratin bestreitet, dass die Begegnung in dem Aufzug im Kapitol
       stattgefunden hat. Aber die Folgen für sie sind real. In ihrem Büro gehen
       seit Boeberts Jihad-Bemerkungen noch mehr Morddrohungen ein, als
       gewöhnlich. Die 39-jährige Omar ist in Somalia zur Welt gekommen. Ihre
       Familie ist vor politischer Gewalt in die USA geflohen.
       
       Bei einer Pressekonferenz nach Boeberts „Witzeleien“ spielt Omar Ende
       November Kostproben von ihrem Anrufbeantworter vor. Es sind explizite
       Drohungen. „Das trifft jeden einzelnen der 37 Millionen muslimischen
       Amerikaner“, sagt Omar. Sie verlangt eine öffentliche Entschuldigung. Für
       Boebert ist das keine Option.
       
       Boebert ist nicht die einzige RepublikanerIn, die einen Politikstil im
       Stile des Expräsidenten Donald Trump verfolgt. Nur wenige Tage vor ihrer
       jüngsten Provokation hatte der Abgeordnete Paul Gosar aus Arizona einen
       aggressiven Zeichentrickfilm im japanischen Mangastil veröffentlicht.
       Darin tötet er erst die linke Demokratin Alexandria Ocasio-Cortez und
       greift dann Präsident Biden mit Schwertern an.
       
       Aber die Attacken sind nicht auf DemokratInnen beschränkt. Als sich Nancy
       Mace, eine republikanische Abgeordnete aus South Carolina über Boebert
       entrüstet – „Ich bin nicht in den Kongress gegangen, um Clown zu spielen“ –
       wird sie umgehend selbst zum Opfer. Die Abgeordnete Marjorie Taylor Greene
       aus Georgia, nennt Mace einen „Abschaum“ und wirft ihr vor, sie sei „keine
       Konservative und pro Abtreibung“. Mace ist als Teenagerin vergewaltigt
       worden. Wie fast alle RepublikanerInnen ist sie gegen Abtreibungen. Aber
       sie verlangt Ausnahmen für die Opfer von Vergewaltigung und Inzest.
       
       Die DemokratInnen mit ihrer hauchdünnen Mehrheit im Repräsentantenhaus,
       versuchen, die persönlichen Attacken mit politischem Druck und Sanktionen
       zu stoppen. Nach Gosars mörderischem Trickfilm sorgt Sprecherin Nancy
       Pelosi dafür, dass er getadelt wird und keinem Ausschuss mehr angehören
       darf. 223 Abgeordnete stimmten für die Resolution – darunter nur zwei aus
       der republikanischen Fraktion. Beide werden von ihrer Partei wie Aussätzige
       behandelt, seit sie es gewagt haben, Donald Trump zu kritisieren und für
       sein Impeachment zu stimmen.
       
       Einer der beiden ist Adam Kinzinger aus Illinois. Er hat angekündigt, dass
       er im nächsten Jahr bei den Halbzeitwahlen nicht erneut kandidieren wird.
       Die andere ist Liz Cheney aus Wyoming. Sie will ihre Karriere noch
       fortsetzen. Aber ihre Ämter in der Republikanischen Partei hat sie bereits
       verloren und vor ihrem Büro finden wütende republikanische Proteste statt.
       
       Während der Ton der Radikalen schärfer wird, schweigt der republikanische
       Fraktionschef im Repräsentantenhaus, Kevin McCarthy. Qua Amt könnte er
       seine KollegInen zu einem zivilen Umgangston mahnen. Doch er tut das
       allenfalls hinter verschlossenen Türen. Öffentlich hingegen stellt sich
       Trump demonstrativ hinter Gosar; posiert für ein Foto mit Boebert und
       preist Greene.
       
       Mit jeder neuen Provokation wird Lauren Boebert populärer, bei WählerInnen
       vom rechten Rand genau wie bei Geldgebern. Das gilt auch für Marjorie
       Taylor Greene aus Georgia. Die behauptet, das tödliche Schulmassaker vom
       Februar 2018 in Florida sei „inszeniert“ gewesen, vergleicht die
       Maskenpflicht mit dem Holocaust, ist gegen Corona-Impfungen – und hat
       gerade den Vorschlag im Repräsentantenhaus eingebracht, [3][Kyle
       Rittenhouse], der zwei Männer bei einer Antirassismusdemonstration in
       Kenosha erschossen hat, für seinen Verdienst um die Sicherheit bei
       „Black-Lives-Matter-Unruhen“ mit der Goldmedaille des Kongresses
       auszuzeichnen. Auch Greene spürt Aufwind. „Wir sind nicht der Rand der
       Republikanischen Partei“, sagt sie selbstbewusst. „Wir sind die Basis.“
       
       4 Dec 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.rollingstone.com/politics/politics-news/lauren-boebert-ilhan-omar-second-elevator-video-1264821/
 (DIR) [2] https://edition.cnn.com/2021/11/30/politics/lauren-boebert-ilhan-omar-video-comments/index.html
 (DIR) [3] /Freispruch-fuer-Schuetzen-in-Kenosha/!5816783
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dorothea Hahn
       
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