# taz.de -- Mit Maskenmuffeln in der Straßenbahn: „Hallo! Hören Sie mich?“
       
       > Was tun, wenn die Mitfahrenden in der Straßenbahn lieber Pommes essen als
       > Maske zu tragen? Unsere Autorin zögert, dann greift sie ein.
       
 (IMG) Bild: Maske to go im U-Bahnhof Turmstraße in Moabit
       
       Die Türen schließen. Mit einem Ruck fährt die nahezu [1][vollbesetzte M10]
       los. Ich klammere mich wieder an die Stange, meine Finger schwitzen
       ununterbrochen in den Gummihandschuhen. Schrill quietschend schlängelt sich
       die Straßenbahn um die nächste Ecke. Etwas weiter nach hinten, inmitten des
       ersten Wagens, erweckt ein Fahrgast den Eindruck, die Kurve nicht zu
       kriegen. Seit dem Hauptbahnhof habe ich ihn im Visier.
       
       Um die vierzig, Halstätowierungen, Dreitagebart, Latzhose mit einer offenen
       Lonsdale-Jacke. Auf seinem kahlgeschorenen Haupt trägt er eine Pudelmütze,
       die mit einem kabellosen Kopfhörer fixiert wird. Er trägt keinen
       Mund-Nasen-Schutz. Ganz im Gegenteil. Mit vollen Backen mampft der Kerl
       seine Pommes, nippt an seinem Bierchen. Sein Verhalten stört offenbar auch
       andere Passagiere, aber sie wagen es nicht, ihm etwas zu sagen.
       
       Nach langem Zögern gedenke ich einzugreifen. Mit baumelnden Taschen mache
       ich mich auf den Weg. Ein junger Mann kommt auf die Füße und bietet mir
       seinen Sitzplatz. Ich verneine, augenzwinkernd, und erkläre ihm, dass ich
       [2][den Maskenverweigerer] ansprechen wolle. „Viel Glück“, sagt er, während
       er sich wieder hinsetzt. „Das bringt doch nichts“, meint seine
       Sitznachbarin. „Das gibt nur Ärger.“
       
       Aus dem Nichts ertönt die automatische Ansage, die an die Maskenpflicht
       erinnert. Ich warte geduldig, bis der zweisprachige Hinweis durch ist.
       „Entschuldigung, aber würden Sie bitte Ihre Maske aufsetzen?“ frage ich mit
       2-Meter-Abstand. „Die Maske. Bei der BVG ist es Pflicht.“
       
       Wir fahren am Mauerpark vorbei, der Kerl mauert dementsprechend. „Hallo!
       Hören Sie mich?“
       
       „Wat?“, erwidert er mit Stirnrunzeln, während er seine gepolsterte
       Ohrmuschel wegbiegt. Ein Rabauke mit Reibeisenstimme. „Lass mich in Ruhe,
       Mädchen. Ick will nüscht von dir.“
       
       „Das beruht auf Gegenseitigkeit“, versichere ich. „Ich möchte nichts von
       dir bekommen. Stichwort Omicron. Ich bin sechzig, ich bin in der
       Risikogruppe. Zeig ein bisschen Mask-Ulinität. Würdest du höflicherweise
       deinen Mund und deine Nase bedecken? Wenn du eine Maske brauchst, kann ich
       dir eine geben. Frisch, einzeln verpackt. Hör mal, die Prüfer kommen, und
       dann wird’s teuer.“
       
       „Ick hab’n Attest“, behauptet er. „Muss ich dir nicht zeigen, ja? Außerdem
       esse ick, verdamm’ noch mal.“
       
       ## Den Maulkorb aufsetzen
       
       Das ist natürlich keine Rechtfertigung seines Verhaltens, zumal die
       Beförderungsbedingungen der BVG das Mitführen von offenen Speisen und
       Getränken verbieten. Dies wird von den Hinweisklebern mit den
       durchgestrichen Pommes beziehungsweise Flaschen veranschaulicht. Sie
       befinden sich vertikal angeordnet an den Tramtüren, allerdings meist
       draußen. Gemeinsam mit den Schildchen, die das Rauchverbot aussprechen und
       daran erinnern, Hunde anzuleinen und mit Maulkorb zu versehen. Aber dieser
       fressende Hund denkt nicht daran, den Maulkorb aufzusetzen.
       
       Echauffiert gehe ich zum Führerstand. Der hermetisch abgeriegelte
       Tramfahrer lässt sich aber nicht mal an der Haltestelle stören. So steigt
       der Maskenverweigerer unbehelligt an der Eberswalder Straße aus.
       
       Einen Tag später am Alex weise ich einen pausierenden Straßenbahnfahrer der
       M2 darauf hin, dass eine niesende Passagierin keine Maske trägt.
       Achselzuckend quält er die Kippe. Er könne nichts unternehmen. „Die
       schimpfen, die spucken und die schlagen zu. Wer will det?“
       
       Das wäre ein Fall für die Sicherheit. Wenn ich mich mittels der
       Service-Hotline beschwere, heißt es, das Eingreifen sei in der Diskretion
       des Fahrers. Also Ruhe bewahren, auf die Kontrolleure warten. Und gesund
       bleiben.
       
       It’s impf-possible.
       
       7 Dec 2021
       
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 (DIR) Michaela Dudley
       
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