# taz.de -- Schwieriger Rückrundenstart: Bindungsängste in der Liga
       
       > Leere Ränge, mögliche Spielabsagen wegen Omikron: Funktionäre fürchten um
       > den Verlust der „Emotionalität“ in den Bundesligastadien.
       
 (IMG) Bild: Gesund und einsatzbereit: Bayern-Profi Leon Goretzka läuft sich warm für den Auftakt
       
       „Aus Liebe zum Fußball – Vorfreude auf die Rückrunde.“ So nennt sich
       [1][der einminütige Trailer], der über die Bundesliga-Homepage zur
       Einstimmung auf die zweite Halbserie läuft. Im Video sind packende
       Zweikämpfe und tolle Tore zu sehen – und jubelnde Zuschauer auf den Rängen.
       Mit der Realität hat dieser Werbefilm wenig zu tun, wenn mit dem Klassiker
       Bayern München gegen Borussia Mönchengladbach (20.30 Uhr/Sat1 und DAZN)
       eine Rückrunde fortgesetzt wird, die auf unbestimmte Zeit wieder im
       Geisterspielmodus läuft.
       
       Trotz dieser von der Ministerpräsidentenkonferenz kurz vorm Jahreswechsel
       beschlossenen Maßnahme besteht zudem die Gefahr, dass das Coronavirus nun
       ähnlich wie in England für Spielabsagen in Deutschlands höchster
       Spielklasse sorgt. Das wäre der zweite Stimmungskiller.
       
       Omikron scheint gerade am Volkssport Nummer eins demonstrieren zu wollen,
       wie schnell sich diese Variante auch unter Berufssportlern verbreitet,
       selbst wenn diese geimpft sind. Es entbehrt nicht einer gewissen
       Pikanterie, dass der sportlich weit enteilte Rekordmeister FC Bayern
       München besonders betroffen ist: Bis Dienstag waren acht positive Fälle im
       Mannschaftskreis bekannt, darunter mit Nationaltorhüter Manuel Neuer der
       Kapitän von Nationalmannschaft und Verein.
       
       ## Große Stolperfalle
       
       Der Branchenprimus hatte alle Spieler, Trainer und Staff-Mitglieder
       entweder geimpft oder geboostert. Die Coronawelle könnte nicht nur für die
       Münchner die wohl größte Stolperfalle darstellen: Es droht die
       komplizierteste Situation seit dem ersten Lockdown im Frühjahr 2020, als
       die Bundesliga als weltweit erste Profiliga den Ball wieder ins Rollen
       brachte.
       
       Doch bei der hochinfektiösen Variante helfen offenbar auch nachgeschärfte
       Hygienekonzepte nicht mehr viel. „Die Blase im Fußball spiegelt nur das
       wider, was in der Welt passiert“, sagt Gladbachs Sportdirektor Max Eberl.
       So lange 15 einsatzberechtigte Akteure (unter ihnen ein Torwart) zur
       Verfügung stehen, muss laut der Deutschen Fußball Liga gespielt werden.
       Kein Familienvater unter den Berufskickern wird sich die nächsten Wochen
       und Monate andauernd in der Isolation aufhalten können.
       
       Mit dieser offenen Flanke wird der deutsche Profifußball leben müssen.
       Immerhin: Der Terminplan ist nicht so voll wie in England, Italien oder
       Spanien. Selbst der FC Bayern hätte durch sein Ausscheiden im DFB-Pokal
       kleine Puffer für Spielverlegungen. Ein wenig Spielraum besteht auch im
       wirtschaftlichen Bereich, weil die jüngste DFL-Mitgliederversammlung die
       Bedingungen im Lizenzierungsverfahren erneut gelockert hat. Ob einzelne
       Klubs wieder an die Grenzen der Zahlungsunfähigkeit geraten wie in der
       Vorsaison der FC Schalke 04 und Werder Bremen, ist nicht absehbar.
       
       ## Finanzielle Einbußen
       
       Die Bundesligisten nehmen im Schnitt nur jeden siebten Euro über den
       Kartenverkauf ein. Das müsste bei entsprechenden Sparmaßnahmen eigentlich
       zu verkraften sein. Doch es sind nicht nur die finanziellen Einbußen, die
       Sorge bereiten. „Das Wirtschaftliche werden wir irgendwie in den Griff
       bekommen, auch wenn es uns natürlich weh tut“, sagt Christian Heidel,
       Vorstand beim Mittelklasseklub FSV Mainz 05. „Viel schwieriger ist das
       Emotionale; und das betrifft alle Klubs, die ihre Anhänger kaum noch sehen.
       Man verliert irgendwann die Bindung.“
       
       Selbst Traditionsvereine wie Eintracht Frankfurt hatten in der Hinrunde
       Probleme, die reduzierten Ticketkontingente an den Fan zu bringen.
       [2][Vorstandssprecher Axel Hellmann]: „Es wird eine Zeit brauchen, bis die
       breite Emotionalität wieder alle erfasst.“ Der Funktionär betrachtete die
       Wiedereinführung der Geisterspiele zunächst mit gemischten Gefühlen und
       hielt den kompletten Zuschauerausschluss für den falschen Weg, wie Hellmann
       vor dem Jahreswechsel bekannte: „Die Ansteckungsrisiken sind – vor allem
       unter freiem Himmel – erwiesenermaßen gering. Daher haben diese Maßnahmen
       eher symbolpolitischen Charakter.“
       
       Inzwischen hat die Eintracht für das Topspiel gegen Borussia Dortmund
       (Samstag 18.30 Uhr/ Sky) selbst die Maßnahmen nachjustiert und die
       sogenannten Touchpoints mit Mannschaft, Trainer- und Betreuerstab auf null
       heruntergefahren. Kein öffentliches Training mehr, Interviews und
       Pressekonferenzen nur per Video. An Spieltagen wird das Untergeschoss der
       Frankfurter Arena hermetisch abgeriegelt, nur noch eine stark reduzierte
       Zahl von Journalisten und Fotografen erhalten überhaupt Zutritt.
       
       6 Jan 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.bundesliga.com/de/bundesliga/news/liebe-zum-fussball-vorfreude-ruckrunde-titelkampf-europa-fans-rekorde-18341
 (DIR) [2] https://fans.eintracht.de/news/podcast-mit-axel-hellmann-138306
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Frank Hellmann
       
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