# taz.de -- Eröffnung der Olympischen Winterspiele: Wer hat schon was gegen Frühling?
       
       > Überall Kunstschnee, schöne Bilder von Skipisten aus Xinjiang und viel
       > Winkewinke: Eindrücke von der Eröffnungsfeier in Peking.
       
 (IMG) Bild: Wenn nationaler Geist in eine Unterhaltungsshow gegossen wird, dann … ist wohl Olympia
       
       PEKING taz | China ist groß, die unterschiedlichsten Leute leben da. Sie
       erleben Sommer, Herbst, Winter und Frühling, tanzen recht gut und winken.
       Die 24. Olympischen Winterspiele sind mit einer dieser typischen Shows
       eröffnet worden, in denen [1][sich die Gastgeberländer so darstellen], wie
       sie gerne gesehen werden würden.
       
       Das war am Freitag in Peking genauso überladen, wie es das meistens ist,
       wenn ein vorgeblicher nationaler Geist in eine Unterhaltungsshow gegossen
       wird. Immerhin gab es etwas zu sehen, was Pekinger im Winter gar nicht so
       häufig zu Gesicht bekommen: Schnee.
       
       Das weiße Kristall war allgegenwärtig bei dieser Party, mit der der
       Siegeszug des Wintersports in China eingeläutet werden sollte. Er war
       ebenso künstlich wie der Schnee im [2][olympischen Alpinskigebiet von
       Yanqing].
       
       Eingerichtet hat diese eisige Show der Filmregisseur Zhang Yimou, der schon
       die Eröffnungsfeier der Sommerspiele von 2008 inszeniert hatte. Damals hat
       er die Welt schockiert, indem er Zehntausende athletischer Körper zu einer
       Massenchoreografie von gespenstischer Perfektion zusammengeschraubt hat.
       
       Statt Perfektion stand diesmal Normalität im Fokus. Und der Lauf der
       Jahreszeiten. Die Spiele mögen beginnen, es werde Frühling. Wer könnte da
       etwas dagegen haben? In der Warm-up-Show wurden auch Bilder aus der Provinz
       Xinjiang im Nationalstadion gezeigt. Eine mit Flutlicht beleuchtete
       Skipiste war da zu sehen. [3][Gewiss nicht das Erste, was einem in den Sinn
       kommt], wenn man an die Provinz denkt, in der die Volksgruppe der Uiguren
       beheimatet ist.
       
       Wäre Chinas Staatspräsident Xi Jinping da schon im Stadion gewesen, er
       hätte gewiss so gönnerhaft gewunken wie kurz nach Beginn des Einmarschs der
       teilnehmenden Nationen, als die Sportler aus Hongkong und Taiwan an ihm
       vorbeigezogen sind. War da was? Egal.
       
       Taiwan heißt in der Olympischen Welt übrigens Chinese Taipeh. Die
       Volksrepublik legt Wert darauf, dass niemand auf die Idee kommen könnte,
       Taiwan könnte ein eigenständiger Staat sein. Winke, winke! Und das Publikum
       jubelte den kleinen chinesischen Teams beinahe so laut zu wie später den
       Sportlern des großen China.
       
       ## Keine Superstars
       
       Später, als die USA eingelaufen sind, stellte sich die Frage, wer
       eigentlich nicht dabei ist. Die Washington Post h[4][atte eben berichtet,
       dass Menschenrechtsorganisationen ein paar Sportler dazu bewogen hätten],
       die Eröffnungsfeier zu boykottieren, worüber sie aus Angst vor Repressionen
       aber erst nach den Spielen sprechen wollten.
       
       Die können ja bekanntlich erst beginnen, wenn das olympische Feuer entfacht
       worden ist. Drei Tage lang wurde die Flamme durch die olympischen
       Wettkampforte getragen. Das war witzig, als das der frierende Actionstar
       Jackie Chan getan hat. Weniger witzig war der Auftritt eines früheren
       Militärkommandeurs mit der Fackel. Der war an einem Zusammenstoß
       chinesischer und indischer Soldaten beteiligt, bei dem vor eineinhalb
       Jahren an der Grenze der Staaten mehrere Soldaten getötet wurden. Der
       darauf erfolgte diplomatische Last-Minute-Boykott durch Indien konnte der
       Partystimmung im pandemiebedingt dünn besetzten Stadion keinen Abbruch tun.
       Der russische Staatspräsident Wladimir Putin war ja da.
       
       Nach den unvermeidlichen Worten („zusammen“, „Frieden“, „Frühling“) von
       IOC-Präsident Thomas Bach und der Eröffnungsformel von Xi Jinping war es
       dann so weit. Dinigeer Yilamujiang, eine Langläuferin, sowie der nordische
       Kombinierer Zhao Jiawen brachten das Feuer zum Leuchten. Keine Superstars,
       normale Sportler, die stolz sind, wenn sie sich überhaupt für Olympia
       qualifizieren. China geht es nicht nur ums Gewinnen. Das sollte wohl die
       Botschaft sein. Aber was ist schon normal im Pekinger Olympiawahnsinn?
       Dinigeer Yilamujiang ist Uigurin.
       
       Es war schön, es war schlimm. Olympia eben.
       
       4 Feb 2022
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Rüttenauer
       
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