# taz.de -- Doping im US-Pferdesport: Irre Verschwörungstheorien
       
       > Bob Baffert, der erfolgreichste Trainer von Galopprennpferden, wird trotz
       > neuerlichen Dopings milde bestraft. Das Ganze hat System.
       
 (IMG) Bild: Bob Baffert (r.) feiert mit Jockey Edwin Maldonado den Sieg von einem seiner Pferde
       
       Bob Baffert trainiert Rennpferde. Und das so erfolgreich wie kaum ein
       anderer. Baffert sammelt Siege und Preisgelder bei Galopprennen wie andere
       Briefmarken. Mehr als dreitausend Rennen haben die von ihm trainierten
       Pferde gewonnen. Schon zwei Mal haben Pferde aus seinem Stall die Triple
       Crown geholt, also in einem Jahr bei den drei wichtigsten Rennen für
       Dreijährige gesiegt. Kein anderer Trainer hat so oft den Sieg eingefahren
       beim prestigeträchtigen Kentucky Derby wie Baffert, der schon 2009 in die
       Hall of Fame des Galoppsports aufgenommen wurde. Nun hat der 69-Jährige
       einen weiteren, einzigartigen Meilenstein geschafft: Er ist der Trainer des
       ersten Kentucky-Derby-Siegers in der 146-jährigen Geschichte des Rennens,
       der wegen Dopings disqualifiziert wurde.
       
       Das verkündete die Rennkommission des Staates Kentucky am Montag. Im Blut
       [1][von Medina Spirit] war nach seinem Derby-Sieg im Mai 2021 das
       entzündungshemmende Steroid Betamethason festgestellt worden. Nun wurde dem
       Hengst posthum der Sieg aberkannt, denn Medina Spirit ist im Dezember an
       einem Herzinfarkt verstorben. Die Besitzer müssen das Preisgeld von 1,8
       Millionen Dollar zurückgeben, der Zweitplatzierte Mandaloun wird
       nachträglich zum Sieger erklärt.
       
       Baffert hatte das Doping zuerst bestritten und einen unabhängigen DNA-Test
       gefordert. Er hatte die Rennkommission verklagt und angekündigt, gegen die
       Vorwürfe „bis zum Letzten“ vorzugehen. Er hatte irre Verschwörungstheorien
       entwickelt, nach der Medina Spirit Heu gegessen habe, auf das vorher ein
       tatsächlich gedoptes Pferd uriniert haben musste. Als die Vorwürfe kaum
       noch von der Hand zu weisen waren, behauptete Baffert, sein Pferd sei Opfer
       der Cancel-Kultur geworden. Bevor es noch durchgeknallter werden konnte,
       hatte er das Doping doch zugegeben. Baffert wurde für 90 Tage gesperrt,
       allerdings nur für Rennen in Kentucky, und muss eine Geldstrafe von sage
       und schreibe 7.500 Dollar zahlen. Immerhin hat sich die Rennkommission von
       Kalifornien, wo Bafferts Zentrale stationiert ist, der Sperre
       angeschlossen.
       
       Schließlich wurde Baffert schon öfter auffällig. Mehr als 30 von ihm
       trainierte Vollblüter wurden positiv getestet. In den vergangenen beiden
       Jahrzehnten sind 74 Pferde unter seiner Verantwortung gestorben. In einer
       Untersuchung wurde festgestellt, dass Baffert seinen Pferden systematisch
       ein Schilddrüsenhormon verabreichte, das bei Belastung Herzprobleme
       verursacht. Belangt wurde er dafür nicht. Die Tierschutzorganisation Animal
       Wellness Action bezeichnete Baffert, der 2012 selbst einen Herzinfarkt
       überlebte, als „den berüchtigtsten Gesetzesbrecher im US-amerikanischen
       Pferderennsport“.
       
       ## Vollgestopft mit Medikamenten
       
       Meist bestreitet Baffert die Vorwürfe, die oft niedergeschlagen werden.
       Sperren werden in milde Geldstrafen umgewandelt. Baffert musste bis zum
       Urteil vom Montag zwar insgesamt schon mehr als 20.000 Dollar an Strafen
       zahlen, hat aber mehr als 320 Millionen an Preisgeldern für seine Besitzer
       gewonnen. Auch gegen das aktuelle Urteil will Baffert juristisch vorgehen.
       
       [2][Der Galopprennsport hat aber kein Baffert-Problem.] Baffert ist nur der
       prominenteste Vertreter einer Zunft, die die von ihr betreuten Pferde mit
       Medikamenten vollstopft und das Ableben der hochgezüchteten Vierbeiner
       billigend in Kauf nimmt. Selbst das Steroid, das Baffert seinen siebten
       Derby-Sieg kostete, ist in Kentucky eigentlich nicht verboten. Betamethason
       darf offiziell eingesetzt werden, nur muss die Behandlung der Pferde 14
       Tage vor dem Renntag eingestellt werden.
       
       Baffert kommt mit seinen Methoden durch, weil die Rennkommissionen nicht
       wirklich an einer vollständigen Aufklärung interessiert sind. Denn an deren
       Ende könnte bekannt werden, was auf den Pferderennbahnen ein offenes
       Geheimnis ist: dass Bob Baffert und seine Trainingsmethoden kein Einzelfall
       sind.
       
       22 Feb 2022
       
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